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Gericht Kein Humor bei Klingelstreich

Nach einem missverstanden Scherz fordert ein 26-jähriger Schönebecker Geld ein - und wird wegen versuchter Erpressung angezeigt.

Von Paul Schulz 22.12.2020, 00:01

Schönebeck l Ein eigentlich harmloser Klingelstreich im Juni 2020 sorgt letztlich dafür, dass sich der 26-jähriger Schönebecker Christian Wandler (Name geändert) auf der Anklagebank des Schönebecker Amtsgerichts wiederfindet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm nämlich vor, dass er den Schönebecker Andy Laumann (Name geändert) erpressen wollte, nachdem dieser versehentlich der Mutter von Wandler einen Klingelstreich gespielt hatte.

Der schon mehrfach wegen Diebstahl, Raub, Sachbeschädigung und anderer Delikte vorbestrafte Christian Wandler äußert sich vor Strafrichter Eike Bruns nicht zum Vorfall. Was sich genau zugetragen habe, berichtet hingegen der als Zeuge geladene Andy Laumann. „Ich wollte einen Freund besuchen, der sich gerade bei Herrn Wandler aufhielt. Ich habe geklingelt und gesagt, dass die Polizei Schönebeck vor der Tür steht. Das sollte nur ein Scherz sein. Aber ich hatte die Mutter von Herr Wandler an der Gegensprechanlage. Dann hat Christian Wandler mich schon vom Fenster aus angeschnauzt, was mir einfalle“, berichtet der 22-jährige Andy Laumann.

Zwar habe er sich mehrmals entschuldigt und gesagt, dass es nicht böse gemeint war, doch Wandler nahm ihm diesen Scherz gehörig krumm. In Sprachnachrichten über den Nachrichtendienst Whatsapp fordert Wandler ihn auf 50 Euro zu zahlen und das Auto der Mutter zu waschen, sonst würde er zu ihm nach Hause kommen.

„Er wolle zu Ihnen nach Hause kommen. Um Kaffee zu trinken oder wie haben Sie das aufgefasst“, fragt der Richter bei Laumann nach. „Ich habe das schon als Drohung aufgefasst. Ich habe mir dann auch Sorgen um meine Familie, um mein Kind, gemacht und die Polizei kontaktiert“, erklärt Laumann. „Wie oft hat er Sie dazu aufgefordert?“, hakt Bruns nach. „Das war einmal. In der Sprachnachricht“, sagt der 22-Jährige.

Als nächstes ruft Bruns Laumanns Frau, die 19-jährige Jasmin Laumann, in den Zeugenstand. „Wie haben Sie die Ereignisse aus dem Sommer in Erinnerung?“, will Bruns wissen. Jasmin Laumann gibt an, dass sie nicht genau wisse, wie es zu dem Zwist zwischen ihrem Mann und dem Angeklagten kam, sie habe aber die Sprachnachricht gehört. „Er sagte sowas wie, dass er weiß, wo wir wohnen und dass er vorbei kommt, wenn mein Mann nicht 50 Euro zahlt und ein Auto putzt.“ Auch Jasmin Laumann gibt an, dass diese Forderungen wohl nur einmal gestellt worden sind. Dann entlässt Bruns auch sie aus dem Zeugenstand.

„Tja, das sieht schlecht für Sie aus, Herr Wandler“, sagt Bruns zu dem Angeklagten, der schon mehrfach vor ihm saß. „Haben Sie noch irgendwas dazu zu sagen?“, fragt Bruns.

„Es ist jetzt, wie es ist. Ich hab mich ja auch schon zwischenzeitlich bei Herr Laumann entschuldigt“, sagt der Angeklagte. Mehr wolle er dazu nicht sagen.

Die Staatsanwaltschaft betont in ihrem Plädoyer, dass Wandler während der versuchten Erpressung sogar unter Bewährung stand. Zudem verwies sie auf das immense Vorstrafenregister des Schönebeckers. Für ihn spreche lediglich, dass er sich wohl entschuldigt habe und einräumt, übertrieben reagiert zu haben. Das vorgeschlagene Strafmaß: eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 40 Euro.

Bruns folgt mit seinem Urteil diesem Vorschlag und spricht Wandler der versuchten Erpressung schuldig. „Ein schlechter Scherz gibt Ihnen nicht das Recht, Geld zu fordern oder zu drohen. Und auch wenn das im Grunde hier Kinderkram war, so standen sie unter Bewährung – und wenn man dann Mist baut, dann kostet das“, fasst Richter Bruns zusammen.

Christian Wandler merkt noch an: „Das war wirklich das letzte Mal, dass Sie mich hier gesehen haben, Herr Bruns.“

„Wenn ich jedes Mal einen Euro bekommen würde, wenn das jemand sagt, dann müsste ich nicht mehr jeden Morgen hier her kommen“, entgegnet der Richter nur.