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Gericht Mit 1,8 Promille am Steuer erwischt

Ein Angeklagter aus Sachsen, weist unter anderem den Vorwurf, betrunken Auto gefahren zu sein, zurück.

Von Jan Iven 04.08.2020, 01:01

Schönebeck/Atzendorf l Eigentlich wollten die beiden jungen Männer nur eine kurze Pinkelpause in Atzendorf einlegen. Doch die Situation eskalierte und musste daher am Mittwoch, 29. Juli 2020, vor dem Amtsgericht Schönebeck verhandelt werden. Und wie es aussieht, geht der Fall jetzt wohl auch noch an die nächste Instanz ans Landgericht Magdeburg. Denn der Verteidiger des 30-jährigen Angeklagten aus Sachsen bestand auf einer Version der Vorgänge, die der Richter ihm absolut nicht abnehmen wollte. Der Angeklagte selbst schwieg bei dem Prozess und ließ seinen Anwalt für sich reden.

Was war passiert? Bei einer Autofahrt von Sachsen nach Wolmirstedt hatten der Angeklagte und sein 27-jähriger Bekannter an der Hauptstraße in Atzendorf angehalten, um sich an einem Zaun zu erleichtern. Ein 46-jähriger Passant beobachtete die Szene. Als der Angeklagte sich wieder ins Auto setze und eine Glasflasche aus dem Fenster warf, die lautstark zu Bruch ging, wurde es dem Mann allerdings zu viel, wie er als Zeuge vor Gericht aussagte.

Doch als er die beiden Männer zur Rede stellen wollte, musste er feststellen, dass sie offenbar sturzbetrunken waren. Er nahm ihnen die Autoschlüssel ab und rief die Polizei. Es kam zu einer Rangelei. Der Begleiter des Angeklagten sprang dem Zeugen in den Rücken und versuchte, ihn zu schlagen. Allerdings sei er so betrunken gewesen, dass er kaum stehen konnte und scheiterte. Der Passant gab ihm eine Ohrfeige, um seine Ruhe zu haben, wie er sagte.

Die alarmierten Polizeibeamten nahmen den Angeklagte schließlich zum Blutalkoholtest mit auf die Wache. Denn der Zeuge hatte ihn als Fahrer des Wagens benannt. Die beiden jungen Männer machten hingegen kaum Angaben bei der Polizei. Der Angeklagte willigte immerhin in die Blutentnahme ein, wie ein Polizist als Zeuge vor Gericht aussagte.

Der Blutalkoholtest ergab schließlich einen Wert von knapp 1,8 Promille, was bereits einem ziemlich starken Rausch entspricht. Als Konsequenz wurde dem Angeklagten ein Strafbefehl über 900 Euro zugesandt, verbunden mit einem Führerscheinentzug und einer siebenmonatigen Sperre für eine Neuerteilung.

Doch nachdem der Angeklagte bei der Polizei geschwiegen hatte, wollte er diesen Strafbefehl später nicht anerkennen und ging in Widerspruch. Sei es, weil er als Lkw-Fahrer auf seinen Führerschein angewiesen ist. Sei es, weil doch alles ganz anders gewesen ist. Zumindest ging davon sein Anwalt aus, der das Sprechen vor Gericht übernahm.

So soll der Freund des Angeklagten gefahren sein, so der Verteidiger, und nicht sein Mandant. Der Bekannte bestätigte das als Zeuge vor Gericht. Er sei den Wagen gefahren, der einem weiteren Bekannten gehörte. Zudem sei er nüchtern gefahren.

Warum er das den Polizisten nicht gleich gesagt habe?, wollte der Richter wissen. Der Zeuge sei volljährig, habe einen Führerschein und sei demnach nüchtern gefahren, so der Richter. Der Jurist sah keinen Grund, warum der Zeuge das den Beamten verheimlichen sollte und stattdessen zusieht, wie sein Freund mit zur Wache genommen wird.

Die Situation habe ihn überfordert, so der Zeuge. Wegen der Prügelei wollte er nicht mit der Polizei reden. Gegen ihn läuft deswegen bereits ein eigenes Verfahren wegen Körperverletzung.

Den Richter konnten diese Ausführungen nicht überzeugen. Der Zeuge wolle mit seiner Aussage nur seinen Freund vor dem Verlust des Führerscheins bewahren. Der Richter legte dem Angeklagten nahe, den Widerspruch zurückzunehmen und die 900 Euro Strafe zu bezahlen. Denn das damit einhergehende Geständnis würde sich strafmildernd auswirken.

Da sich der Angeklagte über seinen Anwalt weigerte, fällte der Richter ein Urteil und erhöhte die Strafe auf 1200 Euro. Der Staatsanwalt hatte sich für eine Strafe von 1800 Euro ausgesprochen. Der Verteidiger hatte hingegen einen Freispruch gefordert und kündigte bereits an, am Magdeburger Landgericht in Berufung gehen zu wollen.