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Gericht Schwarzfahren kostet 1500 Euro

Ein 22-jähriger Magdeburger hat sich in Schönebeck mit der falschen Schaffnerin angelegt.

Von Jan Iven 24.07.2020, 10:59

Schönebeck l Der Fahrkartenautomat funktioniert nicht oder nimmt nur passendes Kleingeld – das kann schon mal vorkommen. Trotzdem ist das noch lange kein Freifahrtsschein. Das musste jetzt auch ein 22-Jähriger feststellen, der ohne Ticket mit der S-Bahn von Schönebeck nach Magdeburg. Doch anstatt in der Bahn einen Zugbegleiterin zu suchen, wie es eigentlich seine Pflicht gewesen wäre, um ein Ticket zu lösen, setzte sich der junge Mann auf einen Platz. Doch er wurde erwischt, die Situation eskalierte und endete am Mittwoch, 22. Juli 2020, vor dem Amtsgerichts Schönebeck.

Dort musste sich der Angeklagte nicht nur wegen des Erschleichens von Beförderungsleistungen verantworten, sondern auch noch wegen Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung. So war der junge Mann im August 2018 gegen Mittag auf dem Rückweg von einem Arztbesuch am Bahnhof Schönebeck-Frohse in den Zug gestiegen, um nach Hause nach Magdeburg zu fahren. Als er von einer Zugbegleiterin kontrolliert wurde, konnte er kein Ticket vorweisen, da der Automat am Bahnhof kaputt sei, wie er behauptet. Und so wollte er bei der Schaffnerin ein Ticket kaufen.

Doch darauf ließ sich die Frau nicht mehr ein. Zwar konnte sie wegen Krankheit nicht vor Gericht erscheinen. Allerdings hatte sie direkt nach dem Vorfall bei der Polizei ausgesagt, dass viele Schwarzfahrer darauf setzen, dass sie einfach bei den Zugbegleitern nachlösen können, wenn sie erwischt werden. Diese Masche wollte sie nicht mehr unterstützen.

Doch daraufhin lief die Situation aus dem Ruder der Angeklagte drohte der Frau nach übereinstimmenden Zeugenaussagen mit Gewalt, falls sie ihm kein Ticket verkaufen würde. Zudem beleidigte der Mann sie als „fette Kuh“. Als der Angeklagte schließlich am Bahnhof Magdeburg-Buckau den Zug verlassen wollte, stellte sich die Schaffnerin in die Tür. Daraufhin schlug er ihr auf die Hand. Am Hauptbahnhof Magdeburg wartete bereits die Polizei auf den Mann, um ihn festzunehmen.

Der Mann wies die Vorwürfe hingegen zurück. Über seinen Anwalt ließ er mitteilen, dass er ein Ticket habe lösen wollen. Die Schaffnerin habe er nur auf die Hand geschlagen, weil er sie berührt habe, um ihm am Verlassen des Zuges zu hindern. Die Zugbegleiterin hatte später bei der Polizei angegeben, dass sie nach dem Schlag auf die Hand starke Schmerzen verspürt hatte. Demnach war die Hand angeschwollen und die Frau war zwei Wochen lang krankgeschrieben.

Was den Richter am Amtsgericht Schönebeck allerdings besonders erzürnte: Die junge Mann, der zwei Jahre vor dem Vorfall aus Afghanistan nach Deutschland gekommen war, äußerte gegenüber der Schaffnerin, dass sie ihm als Frau nichts zu sagen hätte. „Die Gepflogenheit ihrer Heimat sollten Sie ablegen oder zurück nach Hause gehen. In Deutschland sind Frauen mindestens genauso viel Wert wie Männer“, sagte der Richter dem Angeklagten, der sich vor Gericht nur mit Hilfe eines Dolmetschers äußern konnte.

Dass der Afghane, der nach Angaben seines Anwaltes Analphabet ist, möglicherweise auch einfach nur die Deutschen Umgangsformen nicht beherrschte, mochte der Richter auch nicht mehr annehmen. Denn der Mann ist kein unbeschriebenes Blatt und stand in vier Jahren in Deutschland bereits elf Mal vor Gericht. So wurde ihm bereits in der Vergangenheit Schwarzfahren, zahlreiche Diebstähle und Körperverletzung vorgeworfen. Und: Zum Zeitpunkt des Schwarzfahrens stand der Angeklagte sogar immer noch wegen Diebstahls unter Bewährung.

In Anbetracht all dieser Taten hatte der Angeklagte wegen des neuerlichen Vorfalls in der S-Bahn bereits einen Strafbefehl über 1500 Euro. Bei dem Verfahren am Amtsgericht Schönebeck hatte er nur noch einmal Einspruch dagegen eingelegt, um mit einer milderen Strafe davon zu kommen. Doch auf Anraten des Richters zog er diesen Widerspruch wieder zurück. Denn sonst, so der Jurist, würde es für den Angeklagten nur noch teurer.