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Geschichte Haus um sechs Meter gekürzt

Vor 80 Jahren wurde das Barbyer Rathaus wieder eingeweiht. Aus dem mittelalterlichen Haus war ein modernes Verwaltungsgebäude geworden.

Von Thomas Linßner 21.12.2016, 19:04

Barby l Denkmalschützer würden bei so einem Projekt heute in kollektive Schnappatmung verfallen. Von dem mittelalterlichen Rathaus wurde 1935 regelrecht eine Scheibe abgeschnitten. Wie Dieter Engelmann in der Barbyer Chronik von 2008 schreibt, sei der Gedanke des Umbaus nicht neu gewesen. „Schon lange störte vor allem der Engpass am Rathaus mit einer Straßenbreite von 3,40 Meter den ständig zunehmenden Verkehr.“ Von der Südseite her wurde das Bauwerk um etwa sechs Meter verkürzt, dafür eine Etage aufgesetzt. Es entstanden ein Erker und weitere Büros in der Mansarde.

Mit Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs veränderte auch das Barbyer Stadtbild sein Aussehen. Schmale, beidseitig bebaute Straßen ließen sich kaum umgestalten. Wohl aber Durchfahrten, die sich störend auf den Verkehrsfluss auswirkten. Das Rathaus war nicht das einzige Objekt, das „gekürzt“ wurde. So beispielsweise auch die Ecke Schloß-/Schulstraße, von der einige Meter abgebrochen wurden.

Als spektakulärster Umbau galt aber immer noch das Rathaus. Weil die Zufahrt zum Marktplatz gerade mal ein Fuhrwerk durchließ, diskutierte man schon in den Jahren zuvor den Abriss von einem Teil der unteren Etage, um wenigstens Raum für einen Fußweg zu schaffen. Hätte der Rat diesem Projekt zugestimmt, wäre das Rathaus zu einem drolligen Unikum geworden.

Zudem entstanden Kanal- und Trinkwassernetz. Metzig besaß Autorität und wurde von den Bürgern geachtet. In seiner Dienstzeit trug Barby den Status „Schönster Ort des Kreises Calbe“. Mittwochs und samstags inspizierte der Bürgermeister persönlich die Ordnung und Sauberkeit auf den Straßen. Ein Umstand der Wirkung zeigte.

Die Verdienste des Altmärkers Friedrich Metzigs konnten nach dem Zweiten Weltkrieg nur hinter vorgehaltener Hand gewürdigt werden, weil er Mitglied der NSDAP und zugleich Propagandaleiter der Elbestadt war. Seiner damaligen Sekretärin Elisabeth Grille vertraute er mal an, dass er auf der Reise von Osterburg nach Barby zum Nationalsozialisten geworden war …

Der Altmärkische Sparkassenleiter war vor 1933 SPD-Mitglied. Die neue Aufgabe als Bürgermeister verlangte Mitgliedschaft in der Staatspartei. Wie es ein System später wieder gehandhabt wurde.

Friedrich Metzig wurde kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ins oberschlesische Oderberg versetzt. Nachdem das Gebiet deutsch geworden war, brauchte man Verwaltungsfachleute. 1940 folgte ihm auch Sekretärin Elisabeth Grille, die Metzig nachgeholt hatte. Sie arbeitete im Oderberger Rathaus bis zu ihrer Eheschließung 1944. Danach zog sie mit ihrem Mann ins benachbarte Mährisch Ostrau, später wieder nach Barby.

Das Schicksal Metzigs war lange Zeit unbekannt. Erst der Kontakt zu seiner älteren Schwester brachte nach dem Krieg Licht ins Dunkel. Sein Lebensweg endete in einem oberschlesischen Gefangenenlager, wo Metzig umkam. Seine Schwester damals emotionslos-realistisch: „Er ist auf tragische Weise ums Leben gekommen. Wir haben es ja mit den Polen genauso gemacht.“

Doch zurück zum Rathaus: Im Oktober 1935 fand das Richtfest für den Umbau statt, ein Jahr später war das Objekt abgeschlossen. In Regie des damaligen Magdeburger Architekten und Künstlers Kurt Sabatzky wurde aus dem mittelalterlichen Haus ein modernes Verwaltungsgebäude.