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Geschichte Saaledurchstich macht Wirt fast brotlos

Ein vergessene Orte ist das Saalhorn zwischen Breitenhagen und Barby, das durch ein Verkehrsprojekt zu dem wurde, was es heute ist.

Von Thomas Linßner 03.08.2017, 18:00

Barby l Als zwei 15-Jährige Jungen Ende der 1960er Jahre durch die Saale schwammen, hatten sie danach einen salzigen Geschmack im Mund. Auch auf der Haut bildete sich ein eigenartig fettiger Film. Ihr Ziel waren ein paar alte Schrottkähne, die am Saalhorn seit Kriegsende vor sich hin dümpelten. Von ihnen ging jene morbide Faszination aus, wie sie nur gefährliche Ruinen haben. Nach dem Saalhorn-Abenteuer fuhren sie mit den Rädern ins Barbyer Schwimmbad, um sich die „Fluss-Chemie“ vom Körper zu waschen. Anderenfalls bestand die Gefahr, dass man krank wurde.

Dererlei Umstände waren nicht gerade förderlich, das Saalhorn als Lieblingsspielplatz zu verinnerlichen. Dabei ist die Natur dort faszinierend, die Geschichte der Halbinsel auch.

1922 wurde auf Initiative des damaligen Reichspräsidenten Friedrich Ebert die durchgehende Schiffbarmachung der Saale für 1.000-Tonnen-Frachtschiffe bis Halle begonnen. Das hatte einige Flussbegradigungen zur Folge. Dazu gehörten die Durchstiche bei Calbe (Hohendorfer Busch) und an der Mündung

Die alten Barbyer erinnern sich noch heute mit Wehmut an das Saalhorn, dessen gleichnamige Gaststätte Ausflugsziel war. Besonders beliebt war die Gastwirtschaft von Fritz Ollenhauer, die später an Fritz Grimpe überging.

Man begann damit, die untere Saale für 1.000-Tonnenschiffe auszubauen, um die sächsischen Industriezentren mit der Elbe schifffahrtstechnisch zu verbinden. In diesem Zusammenhang wurde die 1695/96 erbaute Saaleschleuse in Calbe stillgelegt und einige hundert Meter weiter östlich neu errichtet. Der Ausbau der Saale ging bis 1940 zügig weiter, dann wurde er durch den Krieg beendet. So ist es bis heute geblieben.

Die Gaststätte am Saalhorn erreichte trotz Kahnverkehrs nie wieder solche Publikumsresonanz wie vor dem Durchstich.

Fritz Ollenhauer pachtete in Barbys Schloßstraße eine Kneipe, die er bis kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs betrieb. Im Fenster stand der Spruch: „Handwerker, Bürger und Bauer kehren ein bei Fritze Ollenhauer“.

Das Saalhorn war schon vor 300 Jahren wirtschaftlich bedeutend.

Wie im Buch „Spurensuche“ nachzulesen ist, das von der Kreissparkasse herausgegeben wurde und sich mit der Geschichte des Landkreises Schönebeck beschäftigt, förderte der preußische Staat den Salzhandel erheblich. Bereits in den Jahren 1695/96 waren an der Saale mehrere Schleusen zur Förderung der Schifffahrt ab Halle gebaut worden. Sie ermöglichten den Abtransport des Salzes von der staatlichen Saline Halle auf dem billigen Wasserweg.

Mit Kähnen wurde das „weiße Gold“, das dank der Salzsteuer dem Staat hohe Einnahmen brachte, bis zum Saalhorn transportiert. Die Schiffe fuhren nicht leer nach Halle zurück. Sie transportierten Holz, das zum Sieden gebraucht wurde. Treidelknechte, die so genannten Bomätscher, zogen die schweren Schiffe stromaufwärts.

Am Saalhorn sollen in jener Zeit rund 40 Menschen gelebt haben: außer dem Salzfaktor auch etliche Treidler, Schiffer, Böttcher und Salzknechte. Letztere lebten in „Baraquen“.

Der Salzfaktor und seine Familie wohnten in einem zweistöckigen Haus, von dem, wie auch von allen anderen Gebäuden, heute nichts mehr zu sehen ist.

Nur ein paar Ruinen der „Schwedenschanzen“ findet man in der Nähe, wenn man danach sucht. Sie stammen aus dem Dreißigjährigen Krieg.