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Gestank Am Ende sind es die Kleingärtner?

Seit eineinhalb Jahren beschweren sich Schönebecker Bürger immer wieder über üble Gerüche in Höhe der Schollstraße.

Von Ulrich Meinhard 15.12.2017, 03:04

Schönebeck l Es stinkt. Es stinkt. Es stinkt. Immer wieder beklagen Anwohner entlang der Geschwister-Scholl-Straße, im Streckenweg, in Frohse und sogar in Grünewalde und Elbenau, dass von der chemischen Fabrik Schirm GmbH (ehemals Hermania) üble Gerüche ausgehen würden. Kürzlich ist von Anwohnern in der Schollstraße die Feuerwehr gerufen worden. Als Verursacher einer erneut als „stechend chemisch“ wahrgenommenen Belästigung galt wiederum die Schirm GmbH.

Doch behördliche Untersuchungen, ausgeführt durch das Landesverwaltungsamt, stellen das in Zweifel. Zwei Anwohner aus dem Streckenweg hatten im Juli eine Petition an den Landtag von Sachsen-Anhalt geschrieben. Eine Zwischeninformation liegt nun vor. Demnach sind beim Landesverwaltungsamt erste Beschwerden über einen Gestank im Mai 2016 eingegangen, vorher gab es demnach keine Kritik dieser Art. Die „Beschwerdeführer“ und „Petenten“, so heißt es im Amtsdeutsch, haben die Gerüche als „chemisch, nach verbrannter beziehungsweise schwelender Plastik“ beschrieben, aber auch nach Ammoniak beziehungsweise „fischartig“. Klagen dieser Art kamen aus der Schollstraße, aus dem Streckenweg, der Deich- und der Grabenstraße in Schönebeck und zwar in diesem und im vergangenen Jahr.

Fest steht, dass von den Betriebsanlagen der Schirm GmbH Luftschadstoffe ausgehen als da wären: Staub, Kohlenstoff, Amine, Aldehyde, Carbonsäuren und Alkohole, zudem Stickstoffoxide und Kohlenmonoxid. Diese Stoffe würden aber gereinigt mittels Staubfilter, Gaswäsche und thermischer Behandlung. Die Wirkung dieser Reinigungsanlagen wird amtlich bestätigt.

Bei einer Begehung des Betriebsgeländes sei auf außenliegenden Lagerflächen „ein schwacher Geruch“ wahrgenommen worden, der nach zehn Metern nicht mehr zu riechen war.

Die chemische Fabrik wird quasi freigesprochen. In dem Papier heißt es: „In Anbetracht der Geruchsbeschreibungen (schwelende Kunststoffe), des bestimmungsgemäßen Betriebes aller Anlagen und der Funktionsfähigkeit der Abgasreinigungseinrichtungen geht man davon aus, dass die Schirm GmbH nicht als Verursacher in Betracht kommt.“

Unter Punkt Schlussfolgerung wird ausgeführt: „Die Anlagen der Schirm GmbH werden genehmigungskonform betrieben, Störungen des Betriebes der Anlage wurden nicht festgestellt.“ Nicht auszuschließen sei, dass die Reinigung des Kühlturms sowie diffuse Emissionen im Zusammenwirken mit der herrschenden Wetterlage die Geruchsbelästigungen im Streckenweg verursacht haben. Nicht ausgeschlossen werden könne auch, dass die Geruchsemissionen durch andere am Standort befindliche Anlagen oder durch illegale Abfallverbrennungen ausgelöst wurden. Sogar eine in einem Kilometer Entfernung befindliche Kleingartenanlage wird als mögliche Verursacherin ins Feld geführt: Illegale Abfallverbrennungen seien hier nicht auszuschließen, „vor allem, weil die Beschwerdeführer Gerüche nach ‚verbrannter oder schwelender Plastik‘ wahrgenommen haben“, heißt es.

Die zum Zeitpunkt der Untersuchung vorherrschenden Windverhältnisse würden den Schluss zulassen: „Dass sich die relevante Geruchsemissonsquelle östlich beziehungsweise südöstlich der Schirm GmbH befindet“. (Anmerkung der Redaktion: Dann wären die Elbe beziehungsweise die Anwohner des Streckenweges selbst die Ursache)

Festgehalten wird, dass sich im Umkreis der Firma weitere immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen befinden. Dazu gehört eine Anlage zur Reinigung metallischer Gegenstände, zwei Anlagen aus dem Bereich Steine und Erden, eine Anlage zur Herstellung von Gasgeneratoren und Airbag-Zündern, Anlagen der Firma Nammo Schönebeck GmbH (Sprengstoffe), ein Explosivstofflager sowie Biogasanlagen. Auch die Kläranlage und der Hafen in Frohse würden als „Emittenten“ infrage kommen. Hingewiesen wird auch auf den Betrieb „Folienklinik“ in der Schollstraße.

Festgestellt und dokumentiert wurden durch Mitarbeiter einer beauftragten Firma am 23. März und 11. Mai 2017 Überschreitungen der „festgelegten Lärmimmissionsgrenzwerte“. Mit anderen Worten, es war zu laut – die Überschreitung war aber nur geringfügig.

Die Beschwerdeführer, also die Bürger, werden aufgefordert, weitere Geruchswahrnehmungen zu protokollieren und das Landesverwaltungsamt darüber zu informieren. Soweit der Bericht.

Die Volksstimme hat in den vergangenen Monaten mit mehreren Schönebeckern gesprochen, die befürchten, dass von den Emissionen eine Gefahr für die Gesundheit ausgeht. Auch bei einer Bürgerversammlung in Frohse war das Problem ein Thema.