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Gleisbau Ohne Handarbeit geht es noch nicht

Moderne Technik kommt bei Gleisbauarbeiten bei Gnadau zum Einsatz.

Von Thomas Höfs 15.06.2017, 05:00

Gnadau l Ganz langsam bewegt sich der Büffel über den Bahnübergang. Der moderne Zug der Bahn baut dabei die alten Gleise aus und neue ein. Während der vordere Teil des Zuges noch auf der alten Schiene rollt, bewegt sich der hintere Teil bereits auf den frisch verlegten Schienen.

Auf einer Strecke von gut 5,6 Kilometer, sagt Projektleiter Hartmut Röthig, werden die Gleise zwischen Gnadau und Calbe erneuert. In den 1990er Jahren, weiß er, seien die Schienen zuletzt an der Stelle erneuert worden. Mit einer Lebenserwartung zwischen 25 und 26 Jahren rechnet er bei einem Gleis.

Wie ein Straßenbelag unterliegt auch eine Schiene einer Abnutzung, wenn sich die Züge darauf bewegen. Den Zustand des Streckennetzes schauen sich die Bahner regelmäßig mit Messzügen an, schildert der Projektleiter weiter. Während der Überfahrt misst der Spezialzug genau den Untergrund und erkennt abgefahrene Schienen sofort. Die abgenutzten Stellen werden dann für den baldigen Neubau erfasst.

Dann kommt der Büffel, ein Zug der Bahn, zum Einsatz. In einem Ruck verlegt das riesige Gerät einen 180 Meter langen Schienenstrang. Später werden die Enden miteinander verschweißt, sagt Hartmut Röthig. Ob geschweißt werde, hänge aber von der Außentemperatur ab. Nur in einem bestimmten Temperaturfenster dürfe dies passieren, erklärt er weiter. Auch die Bahnschwellen, auf denen das Gleis liegt, werden gleich mit ausgewechselt.

Ein großer Vorrat der neuen Bahnschwellen bewegt sich am Kopf des Zuges. Alle 60 Zentimeter setzt der Büffel eine neue Schwelle. Dann wird das Gleis darauf gesetzt, fast fertig.

Ganz ohne Handarbeit geht es nämlich noch nicht. Die Gleise liegen zwar in Reih und Glied. Die Mitarbeiter der Bahn schauen sich nach der Arbeit an, ob die Schwellen auch im rechten Winkel zum Gleis ausgelegt wurden, schildert der Projektleiter. Doch dann kommt die Handarbeit. Das neue Gleis ist mit den Schwellen noch nicht fest verbunden. Die Klemmen liegen noch nicht über dem Gleisfuß. Das erledigt ein anderes Unternehmen für die Bahn. Steffen Hunkel und seine Kollegen arbeiten sich im Schneckentempo über das neue Gleis. Ein Kollege schraubt mit einem großen Gerät die Schrauben an den Schwellen locker. Anschließend werden die Klemmen auf das Gleis geschoben. Der zweite Mann schraubt anschließend die Schrauben mit dem vorgeschriebenen Drehmoment wieder fest.

Später folgt ein weiterer Zug, der den Schotter im Gleisbett entsprechend verdichtet und auffüllt. Dann kann die Strecke in einigen Tagen wieder befahren werden. Das Verfahren sei für die Bahn attraktiv, weil es im laufenden Betrieb durchgeführt werden könne, sagt er.

Alle paar Minuten ertönen grelle Warntöne an der Strecke. Immer wenn sich ein Zug nähert, wird die Warneinrichtung aktiv und informiert die Bauarbeiter über einen herannahenden Zug. Mit nur noch 90 Stundenkilometern dürfen die Züge an der Baustelle fahren. Sonst sind auf der Strecke 160 Stundenkilometer erlaubt.

Ruhig arbeiten die Männer an den Schrauben weiter, wenn wieder einmal ein lauter Güterzug an ihnen vorbeifährt. Auf der Bahnübergang ist natürlich gesperrt. Mit einer elektronischen Schalttafel haben die Schranken auf beiden Seiten die Anweisung erhalten, geschlossen zu bleiben. Auch wenn die Anlage dauerhaft verschlossen ist, bewacht ein Mitarbeiter den Bahnübergang. Über jede Zugdurchfahrt wird er rechtzeitig informiert und gibt vor Ort grünes Licht für die Durchfahrt der Züge.

In Tages und Nachtschichten wollen die Bauarbeiter der Bahn die marode Bahnstrecke erneuern, sagt Hartmut Röthig. Gut zwei Kilometer schaffe der Büffel in einer Schicht. Die knapp sechs Kilometer sind so in drei Schichten zu bewältigen.

Der Bahnübergang bleibt allerdings noch etwas länger dauerhaft geschlossen. Bis zum 2. Juli sollen die Schranken unten bleiben. Erst danach sind die Arbeiten soweit abgeschlossen, dass der Übergang wieder wie gewohnt genutzt werden kann.

Für die kommenden 25 Jahre dürften die Gleise dann mindestens der Belastung standhalten. In der Zwischenzeit wird dann sicherlich auch noch das gegenüberliegende Gleis in Richtung Magdeburg einer Erneuerung unterzogen. Vielleicht ist es dann wieder der Büffel, der in einem Arbeitsgang die Bahnstrecke rundrum erneuert und den Gleisbauern jede Menge Muskelkraft beim Ausbau der Strecke erspart. Aber das liegt noch in der Zukunft.