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Glockenguss Ziel zum Greifen nahe

Nun ist auch die kleine Glocke für die Johanniskirche in Pömmelte bei Schönebeck gegossen.

Von Heike Liensdorf 27.10.2016, 01:01

Lauchhammer/Pömmelte l Die eine wiegt etwa 270 Kilogramm, hat einen Durchmesser von 780 Millimeter und erklingt in c‘‘+2. Die andere bringt rund 450 Kilogramm auf die Waage, hat einen Durchmesser von 940 Millimeter und ertönt in a‘+/-0.

Das sind sie, die baldigen Glocken, die vom Turm der Johanniskirche in Pömmelte aus durch das Dorf hallen sollen. Doch noch stehen sie in der Glockengießerei in Lauchhammer (Brandenburg), warten auf die Prüfung mit der Stimmgabel. Erst durch den Glockengießer, dann durch den Glockensachverständigen. Nach der Abnahme treten sie die Reise in ihre neue Heimat an.

Doch jetzt war es erst einmal anders herum. Eine Gruppe von Interessenten aus dem Pfarrbereich Barby, vorwiegend Pömmelter, statteten Lauchhammer einen Besuch ab. An einem besonderen Tag: Die kleine Glocke für St. Johannis wurde gegossen. Ein bewegender Moment, der nur wenige Minuten dauerte, und doch lange nachhallt. Es schien, als hielten beim Einfüllen der Schmelze (rund 1120 Grad Celsius heiß) alle Anwesenden den Atem an. Sie sahen, wie etwas entsteht, das viele Generationen nach ihnen noch da sein wird.

„Es ist ein langgehegter Wunsch der Kirchengemeinde Pömmelte, besonders der älteren Kirchenmitglieder, den Kirchturm wieder mit zwei Bronzeglocken auszustatten und so die Spuren zweier Weltkriege auszulöschen“, sagt Dieter Kohle, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates Pömmelte. „Von der Idee zur Wirklichkeit brauchte es Mut, Fleiß und Durchhaltevermögen - das hatte der Gemeindekirchenrat.“ Denn St. Johannis hatte nach den Kriegen nur noch eine Glocke statt ursprünglich drei. Eine Eisenhartgussglocke statt vorher Bronzeglocken. Ersatz für die Eingeschmolzenen.

Der Glockensachverständige Christoph Schulz hat vor zwei Jahren darauf hingewiesen, so Kohle, dass der jetzige Klangkörper jederzeit zerrosten, aber auch noch eine Generation halten könnte. Im Gegensatz zu Stahl- und Bronzeglocken sei das bei diesem „Notbehelf“ ein normaler Prozess. Den Umstand sah der Gemeindekirchenrat als Chance und fasste den Beschluss, dass wieder zwei Bronzeglocken in den Kirchturm kommen sollen. Ein Glockenausschuss mit Dieter Kohle, Karen Kappler, Jürgen Rudolph, Helga Eggert und Pfarrer Björn Teichert wurde gegründet. Und das „Klinkenputzen“ begann: Spendenaufrufe, Einholen von Angeboten, Vorstellen des Vorhabens in der Öffentlichkeit. Die Sanierung der Glockenanlage sollte mit rund 48 000 Euro für Glockenstuhl, Glockenguss und Montage zu Buche schlagen. Die Kosten sind gedeckelt: 20 000 Euro Kirchengemeinde, 20 000 Euro Kirchenkreis – und mehr als 10 000 Euro an Spendengeldern. „Danke an alle“, sagt Dieter Kohle, noch immer beeindruckt von der Summe, die zusammengekommen ist.

Nun ist er sichtbar - der Erfolg. Als Gemeindemitglieder und Interessenten in Lauchhammer waren, stand die große Glocke - die 833. seit Wiederaufnahme des Glockengusses im Jahr 1994 - schon parat. Zum Anschauen, Fotografieren, für ein zaghaftes oder herzhaftes Handauflegen. Besonders die Zier ist Blickfang. Jede Glocke hat Haupt- und Nebenmotive, gestaltet von Künstlerin Annett Schulz. „Es ist eine Freude, die eine Glocke zu sehen und den Guss der anderen zu verfolgen. Es ist ja erst so etwas wie ein Phantom. Aber nun ist sie da“, erklärt Dieter Kohle die Zeit in Lauchhammer. Ist der Guss auch bei der kleinen Glocke gelungen und stimmt bei beiden der Ton, wird die Gießerei die Glocken nach Pömmelte bringen. Im November, schätzt und hofft Kohle. Zwei Wochen sollen sie dann in der Kirche aufgestellt werden, um von jedermann aus nächster Nähe betrachtet werden zu können. Die Glockenweihe soll zu Johannis 2017 sein.

Und die alte Glocke? Sie ist - um den Glockenstuhl erneuern zu können, eine Etage höher gezogen worden. Für den Uhrenschlag soll sie später genutzt werden, für das Läuten zu kirchlichen Anlässen die beiden neuen Glocken.

Übrigens sind Dieter und Waltraud Kohle schon einmal in Lauchhammer gewesen. Als die Künstlerin die Zier aufgebracht hat. „Wir durften auch jeweils einen Stern aufkleben“, erzählt er stolz. Und findet ihn auf der großen Glocke wieder. Sie symbolisieren den Sternenhimmel in der Apsis von St. Johannis.