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Haushalt Und plötzlich ist das Loch wieder da

Eben stand der Salzlandkreis haushaltstechnisch für 2017 noch im Plus - jetzt klafft auf einmal eine Lücke in Millionenhöhe.

Von Ulrich Meinhard 07.12.2016, 00:01

Schönebeck/Staßfurt l Alles hat so gut ausgesehen. Statt der sonst Jahr für Jahr üblichen deutlich negativen Bilanz wies der Ergebnisplan als Teil des Haushaltes des Salzlandkreises für 2017 einen Überschuss von knapp einer Million Euro aus (Volksstimme berichtete). Der ist jetzt Essig. Warum? Weil der Bund weniger Gelder für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellen will. Im Verwaltungsdeutsch heißt das wie folgt: „Die SGB II-SOBEZ zum Ausgleich der Mehrbelastungen der neuen Bundesländer werden derzeit evaluiert und im Gesetzentwurf der Bundesregierung ist eine Absenkung vorgesehen.“

So ist es vermerkt in einer Beschlussvorlage der Kreisverwaltung, mit der die Mitglieder des Finanzausschusses am Montag in Bernburg konfrontiert wurden. SOBEZ steht übrigens für das Wortungetüm „Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen“.

In Zahlen ausgedrückt heißt das, dass dem Salzlandkreis rund 3,5 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen werden als noch vor wenigen Tagen geplant. Das informelle Schreiben vom Landesministerium für Arbeit, Soziales und Integration Sachsen-Anhalt mit der Ankündigung der finanziellen Abschmelzung durch den Bund ist mit dem 16. November datiert, heißt es in der Vorlage des Kreises. Seltsam, dass in der Sitzung des Finanzausschusses vom 21. November davon gar keine Rede war. Zu diesem Zeitpunkt hieß es vonseiten des Landkreises noch, dass ein Überschuss von knapp einer Million Euro bestehe.

„Eine Veränderung zu unseren Ungunsten“, bilanzierte die für die Finanzen zuständige Verwaltungsmitarbeiterin Andrea Schellenberger in der Ausschuss-Sitzung am Montag. Dennoch geht sie davon aus, dass der Salzlandkreis der Kommunalaufsicht in Halle einen genehmigungsfähigen Haushalts-Entwurf vorlegen kann. Wie? Durch das Stopfen des plötzlich aufklaffenden Loches. Die Kreisverwaltung unterbreitete am Montag gleich einen Vorschlag, der summentechnisch wie die Faust aufs Auge passt: Die geplante Sanierung eines Verwaltungsgebäudes in Roschwitz (ein Ortsteil von Bernburg) soll erst einmal ad acta gelegt werden.

Vorgesehen war bislang, das Gebäude einer ehemaligen Berufsschule bis 2019 baulich aufzuwerten. Hier soll der Fachdienst 30 einziehen, der zuständig ist für Ausländer und Asylrecht. „Das Gebäude muss entkernt, die Räume müssen neu aufgeteilt werden“, sagte die verantwortliche Fachbereichsleiterin Karin Pfeiffer in der Sitzung des Finanzausschusses. Die Investitionsumme für dieses Projekt liegt bei rund 3,65 Millionen Euro.

Gestern waren - so die Ankündigung vom Montag - Mitarbeiter des Landesverwaltungsamtes in Roschwitz, um sich vor Ort ein Bild zu machen über das Bauvorhaben. Darüber soll wiederum im heutigen Kreistag in Bernburg berichtet werden.

Doch zurück zur Ausschusssitzung. „Mein Traum, die Kreisumlage um 0,5 Prozentpunkte zu senken, hat sich angesichts dieser Zahlen leider erledigt“, sagte Kreistagsmitglied Manfred Püchel (SPD). Fachdienstleiter Thomas Michling (Bereich zentrale Steuerung) sprach von einem Mehraufwand an Personalkosten aufgrund des Flüchtlingszustromes. Um ihn bewältigen zu können, sei 2015 zusätzliches Personal eingestellt worden, in der Regel mit befristeten Verträgen. „Wir wussten ja nicht, wo die Reise hingeht“, umschrieb Michling die Situation vor einem Jahr. Dieses zusätzlich eingestellte Personal soll nun allmählich wieder abgebaut werden, sprich: die befristeten Verträge werden nicht verlängert.

Kreistagsmitglied Hans-Rüdiger Kosche (CDU) hob leise warnend den Finger: „Die Situation kann morgen schon ganz anders aussehen. Das sollte uns bewusst sein“, machte er auf die unverändert anhaltende Kriegs- und Krisensituation im Nahen Osten aufmerksam.

Der Finanzausschuss stimmte schließlich mehrheitlich - bei sechs Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen - der Beschlussvorlage zu und empfiehlt damit dem Kreistag, das Vorhaben Roschwitz zurückzustellen.

Kreistagsmitglied Johann Hauser (FDP) kritisierte nach der Sitzung die Bestrebungen der Bundesregierung, bei den Kosten für die Flüchtlinge zu sparen: „Erst werden große Versprechungen gemacht - und dann lässt man die Kommunen und Kreise im Stich. Den Letzten beißen die Hunde.“ Ebenfalls kein Verständnis hat der Liberale in einer ganz anderen Hinsicht: Weil der Salzlandkreis es aus eigener Kraft nicht hinbekommt, eine Eröffnungsbilanz für einen doppischen Haushalt zu erstellen (Volksstimme berichtete auch hier bereits), soll eine externe Firma helfen. „Dass Sachverstand eingekauft werden muss, ist doch ein Armutszeugnis“, befindet Hauser. Wie hoch die Kosten für die externen Berater sein werden, ist öffentlich nicht gesagt worden.