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Haushalt Verwirrung um Schönebecker Finanzbericht

Ein Schönebecker Stadtrat hält den Finanzbericht 2019 der Stadt Schönebeck für Augenwischerei.

Von Jan Iven 26.06.2020, 01:01

Schönebeck l Zugegeben: Es gibt vermutlich spannendere Lektüre als den vorläufigen Finanzbericht zur Haushaltsdurchführung für das Haushaltsjahr 2019 der Stadt Schönebeck. Auf der anderen Seite kriegt die Stadt ihr Defizit schon seit Jahren nicht in den Griff. Theoretische wäre es also durchaus möglich, dass sich in dem 77 Seiten starken Zahlenwerk der ein oder andere Abgrund versteckt.

Und tatsächlich ist der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Schönebecker Stadtrat, Olaf Ziem, in Sachen Skandal nun fündig geworden. Glaubt er zumindest. „Der vorläufige Gewinn von 1,33 Millionen Euro ist eine Falschmeldung der Stadt für die Bürger“, teilte der Fraktionsvorsitzende in einem Schreiben an die Volksstimme mit und bezieht sich damit auf einen Bericht eben dieser Zeitung vom 23. Juni 2020 unter dem Titel „2,5 Millionen Miese durch Corona-Krise“.

Wobei der Kommunalpolitiker die Volksstimme für die Zahlen der Stadt in dem Bericht quasi gleich in Mithaftung nimmt. „Der Bürger der Stadt Schönebeck wird von der Volksstimme falsch informiert“, behauptet der Faktionsvorsitzende. Einen heftigeren Vorwurf kann man einer Zeitung kaum machen. Wobei der Fraktionsvorsitzende hinterher eingeräumt hat, dass vor allem die Zahlen der Stadt falsch seien, über die die Volksstimme berichtet hat. Hängen bleibt aber erst einmal etwas anderes.

Doch warum kritisiert der Fraktionsvorsitzende den vorläufigen Finanzbericht denn überhaupt? Der Teufel liegt dieses Mal offenbar ausnahmsweise nicht im Detail. Vielmehr wird die Existenz des vorläufigen Berichtes an sich kritisiert, da die endgültigen Berichte für die Vorjahre noch nicht fertig sind. „Wie kann man denn von einem vorläufigen Gewinn für 2019 von 1,33 Millionen Euro ausgehen, wenn man noch nicht einmal einen Jahresabschluss (Bilanz) für 2015 vorweisen kann“, fragt der Fraktionsvorsitzende rhetorisch und will damit wohl sagen: „Das geht doch gar nicht.“

Der Gewinn für 2019 sei daher noch gar nicht darstellbar, auch nicht vorläufig. „Denn der Gewinn 2018 ist der geldliche Anfangsbestand für 2019“, schreibt er. Sprich: Ohne Ergebnis für 2018 könne es auch kein Ergebnis für 2019 geben. Der Fraktionsvorsitzende ist sich sicher: „Die Stadt Schönebeck kann erst vorläufige Gewinne, Verluste, Zahlen dem Bürger präsentieren, wenn fünf Jahre aufgearbeitet sind und die Bilanzen verlässliche Zahlen darstellen.“ Die Zahlen sollen demnach also nicht unbedingt falsch sein. Es dürfte sie nur einfach noch gar nicht geben.

Und was sagt die Stadt Schönebeck zu diesen Vorwürfen? „Die Stadtverwaltung vermutet, dass Herr Ziem von einem vollumfänglichen Jahresabschluss ausgeht“, teilte Stadtsprecher Frank Nahrstedt auf Nachfrage der Volksstimme mit. Von vollumfänglich ist aber keine Rede. „Es handelt sich hier um einen vorläufiges Jahresergebnis für das Haushaltsjahr 2019“ und damit um einen vorläufigen Vergleich zwischen Planung und Ist-Zustand. Darauf werde auch in den Vorbemerkungen des Berichtes und den Sitzungen der Ausschüsse hingewiesen. Die Stadt sei nach dem Kommunalgesetz verpflichtet, mehrmals jährlich über den Stand des Haushaltsvollzugs zu informieren, so der Sprecher.

Wichtig: „Dieser vorläufige Jahresabschluss wurde nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen in den Bestandteilen Ergebnisrechnung, Finanzrechnung, Vermögensrechnung (Bilanz) und einem Anhang gefertigt. Kann er auch nicht, weil hierzu die Jahresabschlüsse ab 2015 ausstehen.“ Zumindest in diesem Punkt sind sich Ziem und Verwaltung also einig. Die Stadt sieht darin allerdings kein Problem.

Den vorläufigen Finanzbericht für 2019 konnte die Stadtverwaltung nach Angaben des Sprechers aber auch ohne endgültigen Jahresabschluss für 2018 anfertigen. Als Grundlage dafür wurde eine Vorschauberechnung durchgeführt, die die bilanziellen Abschreibungen und Erträge aus der Auflösung der Sonderposten feststellt.

Die Verwaltung arbeitet derzeit am endgültigen Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2015. Dafür werden Ergebnis- und Finanzrechnung sowie der Anhang und die Bilanz erstellt. Denn: „Die Bilanzen müssen natürlich aufeinander aufbauen“, bestätigt die Stadt.

Der Fraktionsvorsitzende will am Thema dranbleiben.