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Heimatgeschichte Auf Spurensuche in Pretzien

Maren Ballerstedt auf Spurensuche: Die frühere Leiterin des Stadtarchivs in Magdeburg sammelt Dokumente aus Pretzien.

Von Kathleen Radunsky-Neumann 08.12.2016, 20:40

Pretzien l Spürsinn, den hat Maren Ballerstedt. Und den braucht sie auch. Denn die Pretzienerin hat sich ein ganz besonderes Bonbon für ihre Ruhephase der Altersteilzeit vorbehalten. Seit dem Frühjahr widmet sie sich der Historie von Pretzien. Wie sah das Alltagsleben früher aus? Welche Auswirkungen hatten Kriege und was gibt es zur Geschichte der ortseigenen Gastwirtschaften und Handwerksbetriebe zu sagen? Fragen über Fragen. Leicht zu beantworten sind sie nicht. Da ist jede Menge Forschungsarbeit nötig. Mit Maren Ballerstedt hat sich für diese Mammutaufgabe eine Fachfrau gefunden. Denn sie war 30 Jahre lang im Stadtarchiv Magdeburg beschäftigt, davon 14 Jahre als Leiterin.

„Bereits in den 1990er Jahren hatte ich einmal im Urlaub angefangen, zur Pretziener Geschichte zu recherchieren“, sagt die 60-Jährige. Doch die Historie ihres Heimatortes lässt sich nicht in einem Urlaub erforschen. Doch sie hat dieses Projekt nicht aus den Augen verloren. Vielmehr hat sie an ihrem Traum festgehalten. „Jetzt mache ich das ganz ohne Druck“, sagt sie zufrieden.

Zwei bis drei Tage in der Woche verbringt die Pretzienerin in verschiedenen Archiven - im Schönebecker Stadtarchiv, im Grundbucharchiv Barby, im Landesarchiv und, und, und. Mehrere Stunden - einem Arbeitstag ähnlich - blättert sie die alten Akten, Zeitungen, Handbücher, topographischen Führer und Verordnungsblätter durch. Geduld sollte man hier auf jeden Fall als eine Eigenschaft vorweisen.

Für den einen ist das die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Für Maren Ballerstedt ist „die Recherche an sich ein Glücksmoment“. Doch ihre Forschung findet nicht nur in den eher trockenen Archiven statt. Sie geht außerdem auf Zeitzeugen zu. Mit rund 25 Pretzienern hat sie bereits Gespräche geführt. Für die Zeit und Aufmerksamkeit, die diese Menschen der Forscherin gespendet haben, ist sie sehr dankbar.

„Anfangs sagen sie immer, dass Sie zu meiner Suche nichts beisteuern können“, sagt die Historikerin und schmunzelt. Dann finden sich aber noch Fotos an und die eine oder andere Anekdote wird erzählt. Das alles notiert sie. Fotos und andere Dokumente fotografiert sie ab. Sie zeigen das Heumachen, Schlachten - eben das Alltagsleben. „Ich habe als Kind noch erlebt, wie Landwirtschaft in unserem Ort betrieben wird, aber heute ist sie aus dem Leben im Ort komplett raus“, schätzt sie ein.

Deshalb sucht sie Kontakt zu den Leuten, die andere Zeiten in Pretzien erlebt haben. Interessantes komme dabei immer wieder zu Tage, sagt sie überzeugt. So habe ein Pretziener noch die Briefe vom Großvater, die während des ersten Weltkrieges verfasst wurden. Ein anderer hat wohl ein Tagebuch vom Großonkel - ebenfalls aus der Zeit des ersten Weltkrieges. Spannend ist auch der Blick in frühere Eheverträge. Die waren heute wie damals freiwillig. Darin wurde einst penibel genau festgehalten, was die Frau in die Ehe mitbringt. „Wichtig war beispielsweise das Federbett“, sagt sie. „Heute ist so etwas für uns lächerlich, aber es gibt eben einen guten Einblick in vergangene Zeiten“, urteilt sie.

Noch befindet sich Maren Ballerstedt am Anfang ihrer umfangreichen Suche. Die Ergebnisse will sie systematisch auswerten und dann zu gegebener Zeit veröffentlichen.