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Hobby Kaninchenzüchten ist eine Wissenschaft

Die Kaninchenzuchtvereine Schönebecks und Atzendorf stellten ihre besten Tiere aus. Zwei Preisrichter bewerteten diese öffentlich.

Von Olaf Koch 26.09.2017, 06:39

Schönebeck l Es ist schon ein besonderes Hobby. Wenn die Züchterinnen und Züchter, die bei der Kreisausstellung am Sonnabend dabei waren, über ihr Hobby berichten, kommen sie ins Schwärmen, als hätten sie zu DDR-Zeiten eine Urlaubsreise nach Kuba gewonnen. Der Spaß mit den Tieren, die Liebe in den Augen sowie ihre gemütlichen Bewegungen lassen nicht nur das Herz der Frauen und Männer höher schlagen, sondern auch die viele Arbeit schnell in den Hintergrund rücken.

Dass Tiere Arbeit machen und nicht nur in den Ställen niedlich anzusehen sind, bestätigt jeder Züchter auf Nachfrage. Das regelmäßige Füttern ist da schon eine Selbstverständlichkeit. Viel mehr interessiert die Züchter, dass sie ihre Tiere in eine noch bessere Qualität und ein schöneres Rassebild heranzüchten.

„Züchten ist schon eine Wissenschaft für sich“, sagt Joseph Herbrich. Der Name Herbrich steht in der Region für eine erfolgreiche Kaninchenzüchterfamilie, über die die Volksstimme schon mehrmals berichtete. Opa, Vater und Sohn haben sich der Kaninchenzucht verschrieben. Mit Erfolg: „Die Erfahrungen werden von Generation zu Generation weitergegeben. Das ist in der Zucht ein Wissen, das man nicht kaufen kann“, berichtet Daniel Herbrich.

Sein Sohnemann tritt seit Jahren in die großen Fußstapfen seiner Familienoberhäupter – mit Erfolg. Der Jüngste im Bunde ist der 17-jährige Simon, der auch den Altersdurchschnitt des Kaninchenzuchtvereines stark nach unten zieht. Im Moment will sich keiner der anderen Mitglieder ausmalen, was passieren wird, wenn Simon wegen Studium und Arbeit die Region verlässt und anderswo heimisch wird.

Doch so weit ist es noch nicht. Am Sonnabend wurden zunächst 105 kleine und große Kaninchen unterschiedlicher Rassen erst den Preisrichtern vorgeführt, die sie bewertet haben. Anschließend hatte das interessierte Publikum die Möglichkeit, sich die felligen Freunde in Ruhe anzusehen. Dafür waren die Käfige fein säuberlich in einer Halle der Pferdesportabteilung von Union 1861 aufgebaut.

Preisrichter waren Thomas Schmidke und Holger Kaiser. Sie bewerteten die Tiere zur Freude der Züchter öffentlich. So konnten sie nicht nur im Nachhinein auf den Bewertungskarten die Hinweise ablesen, sondern auch live dabei sein, wenn sich die beiden Preisrichter über den züchterischen Zustandes der Tiere eine Meinung bilden. „Das hilft schon sehr“, berichtet Daniel Herbrich.

Diese Hinweise empfinden die Züchter nicht als Nörgelei, sondern als wegweisend. Auch innerhalb des Vereines ist das Ansporn, wie Altzüchter Joseph Herbrich erzählt. Und wie ist die Qualität der Kaninchen im Altkreis Schönebeckin den beiden Vereinen? „Ganz ehrlich: Das hier ist eine recht gute Qualität“, so Preisrichter Thomas Schmidke.

Im Altkreis Schönebeck einschließlich der Ortschaft Atzendorf gibt es noch zwei Kaninchenzuchtvereine (G12 und G18) mit insgesamt 25 Mitgliedern.

Die Ursprünge der organisierten Zucht reichen in Deutschland fast 130 Jahre zurück. Der erste deutsche Rassekaninchenverein wurde am 12. April 1880 von Karl-Julius Lohr und sieben weiteren Züchtern in Chemnitz unter dem Leitgedanken „Kaninchenfleisch muss Volksnahrung werden“ gegründet, ist beim Internetlexikon Wikipedia zu erfahren. Hier wurde 1881 auch die erste Ausstellung als Werbeschau für Kaninchen in der Gaststätte Zur Linde durchgeführt, an der die Bevölkerung im Raum Chemnitz großen Anteil nahm. Im Rahmen der Vorbereitungen zur 1. Deutschen Bewertungsschau für Kaninchen wurden von Karl-Julius Lohr als ersten Preisrichter in Deutschland auch die ersten Bewertungsrichtlinien verfasst, die – wie auch heute noch – auf einem 100-Punkte-Bewertungssystem beruhen.