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Kammerphilharmonie Konzert mit Witz und Überraschung

Ludwig van Beethoven stand bei dem Auftaktkonzert der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie in Schönebeck im Mittelpunkt.

Von Emily Engels 05.10.2017, 01:01

Schönebeck l Wer behauptet, das Trio „Carlo van Neste“ habe das Beethoven Tripelkonzert schön gespielt, untertreibt maßlos. Die drei Musiker aus Belgien, Maya Levy auf der Violine, Alexandre Debrus am Cello und Karin Lechner auf dem Klavier, bilden bei ihrem Spiel eine Einheit. Sie erleben das Werk gemeinsam, geben jeder einzelnen Note ihren Sinn, indem sie sie intelligent in das musikalische Gesamtwerk einordnen.

Die Musiker schaffen damit den feinen Balanceakt aus vollkommener Einheit und musikalischer Individualität. Da ist die 20 Jahre junge Maya Levy, die mit ihrem glasklaren Klang und einer makellosen Technik auf ihrer Violine überzeugt. Oder Trio-Gründer Alexandre Debrus, der die Gruppe mit seiner warmen Klangfarbe bereichert und durch eine Dynamik, die vom kräftigen Fortissimo bis hin zu einem leisesten Pianissimo reicht, für einige atemlose Überraschungsmomente bei den Zuhörern sorgt. Und dann ist da Karin Lechner, die bereits vor zwei Jahren gemeinsam mit ihrer Tochter in Schönebeck aufgetreten ist und mit großem Feingefühl und technischer Virtuosität den Klavierpart übernimmt.

Es sind die charmanten Momente, die kleinen zwischenmenschlichen Interaktionen der Musiker, die das Trio so sympathisch machen. Etwa, wenn Karin Lechner sich umdreht, um mit Cello und Violine Blickkontakt aufzunehmen, um jeden Einsatz genau abzustimmen, und dabei herzlich lächelt.

In dem Tripelkonzert wird der revolutionäre Geist Beethovens deutlich hörbar. Immer wieder gibt es überraschende Momente in dem Konzert, das übrigens oft auch als verstecktes Cellokonzert bezeichnet wird. So ist der erste Satz erstaunlich lang – 17 Minuten dauert er an – und der zweite mit seinen fünf Minuten wiederum erstaunlich kurz. Und der dritte Satz, das Rondo im polnischen Stile, überrascht durch seinen fast volksliedhaften Charakter.

Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie unter Gerard Oskamp hält sich in ihrer Begleitung zurück – genauso, wie es vom Komponisten auch angedacht ist. So gibt es nach einem kräftigen Einsatz die Bühne für die drei Solisten frei. Für den Rest des Konzertes im Hintergrund gehalten, sorgt es jedoch für farbige Klangtupfer, die das Tripelkonzert als Gesamterscheinung zu einem unvergesslichen Erlebnis machen.

Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie steigt vor dem Tripelkonzert mit Präludium und Fuge ein, die 8. Sinfonie in F-Dur bildet dann den Mittelpunkt des Konzertes.

Bereits vom Beginn der Sinfonie an rechtfertigen die Musiker unter Oskamp den Titel des Abends „Lust mit Ludwig“. Denn das Werk, das Berlioz einst als einen „Witz, der vom Himmel gefallen ist“ bezeichnet hat, sorgt für Spielfreude im Orchester und interessierte Blicke unter den Zuhörern.

Nach einem klanglich recht bombastischen ersten Satz – man wundert sich kurz, ob der kleine Tolberg-Saal diese Klangwucht aushalten wird – erklingt statt eines langsamen Satzes, nicht etwa ein langsamer Satz, wie es sich „gehören“ würde, sondern – was für ein Scherz – ein Allegretto scherzando. Oskamp probiert dabei jeden musikalischen Witz, jeden Überraschungsmoment herauszukitzeln.

Im dritten Satz ist ein Menuett vorgesehen, ein recht langsamer Tanz. In Oskamps Interpretation mit der Kammerphilharmonie ist er in einer ungewöhnlichen Schnelligkeit zu hören.

Das ambitiöse Tempo behält der Chefdirigent im finalen Satz, dem Allegro Vivace bei. Dieser letzte Satz ist für den Hörer definitiv der anspruchsvollste. Schließlich gilt es, sich in dem scheinbar chaotischen Notengewusel zurechtzufinden. Oskamp und seinen Musikern gelingt es bravourös, die Übersicht zu behalten, wenn auch das insgesamt sehr kräftige Finale Geschmackssache ist. Insgesamt ein sehr gelungener Konzertabend, der Lust auf mehr macht – und zwar nicht nur auf Beethoven, sondern auf das Orchester.