Kifög Stadt lädt Kosten ab

Die Kosten für Kita, Krippe und Hort sollen steigen. Die Volksstimme Schönebeck im Gespräch mit Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD).

Von Ulrich Meinhard 27.04.2018, 04:40

Volksstimme: Was wird sich, außer einer respektablen Kostensteigerung, konkret mit der Reform des Kinderförderungsgesetzes (Kifög) ändern?
Petra Grimm-Benne: Geld für Kinderbetreuung ist gut angelegtes Geld. Sachsen-Anhalts Landesregierung hat das Versprechen eingelöst, die Kommunen bei der Kinderbetreuung zu entlasten. Die Kosten der hohen Tarifsteigerungen für die Fachkräfte in den vergangenen Jahren hat das Land übernommen, zusätzliche Kosten für die längeren Betreuungszeiten ebenso. Die inhaltliche Novellierung des Kifög folgt jetzt als zweiter Schritt. Die Abstimmung zu den Eckpunkten des Gesetzentwurfs laufen derzeit. Geplant ist, sie im Mai vorzustellen. Ende des Jahres wollen wir ein neues Gesetz haben, das Erzieherinnen und Eltern entlastet. Meine Vorschläge liegen dabei seit langem auf dem Tisch, darunter: Elternbeiträge sollen nur noch für das jüngste Kind gezahlt werden müssen, Fachpersonal soll durch die Einrechnung von zehn zusätzlichen Tagen pro Kraft in den Personalschlüssel entlastet werden, und wir brauchen ein transparentes Finanzierungssystem.

Noch 2013 hieß es, dass die Kosten nur unwesentlich steigen und Eltern ganz ruhig bleiben können. Jetzt steigen die Kosten deutlich. Auch für Eltern. Woran liegt das?
Die Elternbeiträge sind in Schönebeck seit 2013 stabil geblieben. Wenn jetzt über Erhöhungen diskutiert wird, muss man in der Tat genau gucken, wie das begründet wird. Was die Stadt in diesem Zuge versucht, ist, einen höheren Teil der Gesamtkosten für einen Kita-Platz bei den Eltern abzuladen. Das ist Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Eltern.

Generell gilt: Hauptursache von Kostensteigerungen im System Kinderbetreuung sind höhere Personalkosten und verlängerte Betreuungszeiten. Aber diese Zusatzkosten hat das Land abgefangen. 6,3 Millionen Euro von Land und Landkreis fließen in diesem Jahr an die Stadt Schönebeck – über 1,3 Millionen Euro mehr als noch 2015. Wir haben also ein Plus von mehr als einem Viertel in drei Jahren. Was darüber hinaus zur Finanzierung der Kosten notwendig ist, teilen sich Kommune und Eltern zu bestimmten Prozentsätzen. Und hier will Schönebeck jetzt den Prozentsatz erhöhen, den die Eltern schultern sollen.

Was empfehlen Sie Eltern mit geringem Einkommen, die aufgrund der Kosten-Steigerungen in Krippe, Kita und Hort tiefer in die Haushaltskasse greifen müssen?
Das Sozialministerium hat das aktuelle Kinderförderungsgesetz evaluieren lassen. Da sieht man, dass Eltern sehr passgenaue Verträge schließen. Sie gucken, wie viele Stunden sie brauchen. Mit der letzten Gesetzesänderung ist garantiert, dass sie stundengenaue Verträge abschließen können. Die Kommunen können seit diesem Jahr die Kostenbeiträge nach Einkommen der Eltern staffeln. Das hat zum Beispiel die Stadt Schönebeck nicht vor, obwohl die Möglichkeit besteht. Ganz generell empfehle ich allen Eltern: nehmen Sie Ihre Rechte wahr. Über die Kuratorien, über die Stadtratsmitglieder… Umfassende Information ist wichtig, um beurteilen zu können, was da warum geplant ist. Ich möchte an dieser Stelle aber auch darauf hinweisen, dass bei uns nicht der Geldbeutel darüber entscheidet, wer sein Kind zur Kita schickt. Die Sozialgesetzgebung legt fest, dass dann der Staat einspringt. Für Kinder, der Familien auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II angewiesen sind, übernehmen die Landkreise die Kosten im Rahmen der Kostenübernahme auf Antrag.

Würde Kinderfreundlichkeit nicht auch in niedrigen Kita-Gebühren ihren Ausdruck finden, statt in einer ehrgeizigen und damit teuren Kita-Betreuung?
Eine qualitativ gute Betreuung, bei überschaubaren Elternbeiträgen – darum geht es. Bei dem Ziel kann man nicht gegeneinander ausspielen. Die Eltern, das hat die Evaluation des Kinderförderungsgesetzes durch das Ministerium deutlich gezeigt, brauchen die Betreuungszeiten, da einerseits in vielen Familien beide Elternteile berufstätig sind und weite Anfahrtswege haben. Andererseits müssen Alleinerziehende noch mehr als andere Familie und Beruf aufeinander abstimmen. Darauf sind die Öffnungszeiten der Kindertagesbetreuung in Sachsen-Anhalt ausgerichtet.

Kommen Sie am 14. Juni in den Stadtrat Schönebeck und sprechen mit den Eltern?
Ich bin Stadträtin und am 14. Juni im Stadtrat dabei. Als Stadträtin bin ich mit den Eltern im Gespräch, zum Beispiel hatten wir bei der Fraktionssitzung am 16. April Eltern zu Gast. Und es wird weitere Gespräche geben. Für den 9. Mai ist ein weiteres Treffen geplant. Wir suchen das Gespräch sehr intensiv. Bei der Stadtratssitzung selbst können Bürgerinnen und Bürger, das legen die Regularien fest, bei den Beratungen mit zuhören, mitdiskutieren können sie dort in der Regel nicht.