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Prävention Polizisten spielen mit Handpuppen

Die Kita Bördespatzen in Biere bekam Besuch von zwei Regionalbereichsbeamten. Sie wollen auf Alltagsgefahren aufmerksam machen.

Von Carolin Soyke 02.11.2016, 00:01

Biere l Der Grund des außergewöhnlichen Besuchs: Die Polizisten möchten ein freundschaftliches Verhältnis zu den Kindern aufbauen. „Wir wissen, dass Eltern ihren Kindern sagen, dass sie die Polizei rufen, wenn sie nicht lieb sind. Dies verstärkt bei den Kindern das negative Gefühl, vor uns Angst zu haben. Dabei sollen uns die Kinder gerade in Notsituationen ansprechen, damit wir ihnen helfen können“, so Polizeioberkommissar Uwe Jopp.

Zugegeben, es ist ein komisches Bild, wenn ein Polizeiauto vor einem Kindergarten steht. Vielleicht ist es auch die Uniform, die nicht jeden Tag im Spieleparadies der Kleinen anzutreffen ist. „Vor einem Polizisten haben Kinder großen Respekt. Wenn ihnen die Männer in Uniform Verhaltensregeln gegenüber Fremden erklären, verinnerlichen sie diese viel besser, als wenn das ihre Eltern versuchen“, sagt Erzieherin Cornelia Kirchhoff. Die Frage „Was passiert, wenn ein Fremder mein Kind auf der Straße anspricht?“ beschäftigte eine Mutter, erklärt die Erzieherin. Deshalb wurde es bei einem Elternabend thematisiert und beschlossen, ein kinderfreundliches Seminar zu veranstalten. Schnell fand die Kindergärtnerin mit den beiden Regionalbereichsbeamten des Bereiches Bördeland, Uwe Jopp und Sylvio Gebser, geeignete Termine.

Spielerisch zeigen die Polizisten auf, was Fünf- bis Sechsjährige beachten sollen. Mit Hilfe der Handpuppe Lilly Schlau und dem Bären Bäri erklären die beiden Polizeioberkommissare, wie sich die Kleinen verhalten sollen, um alltäglichen Gefahren aus dem Weg zu gehen. Um den Kindern die Situationen auch visuell zu verdeutlichen, entwickelten sie eine Präsentation. Musikalische Einlagen wie „Hänschen klein, ging allein“ lockerten die starre Sitzhaltung der Kinder auf und sie konnten sich besser auf die Inhalte konzentrieren. Auf Nachfrage der Polizisten wissen die Kinder, dass Hänschen einen Fehler begangen hat, weil er sich nicht bei seiner Mutter abmeldete. Darf Hänschen allein spazieren gehen? „Neiiin“, antworten die Kinder. Und warum nicht? „Weil das gefährlich ist, dann kommen Fremde und schnappen ihn“, sagt die kleine Vivienne Lutter.

Die Polizisten geben den Kindern den Ratschlag, dass man doch immer zu zweit gehen sollte. „Also geht am besten mit eurer Oma oder eurer Freundin.“ Auf das Seminar wurden die Kinder vorab von ihrer Erzieherin vorbereitet. „Jedes Kind lernte seinen Vor- und Nachnamen sowie seine Adresse aufzusagen.“

Im zweiten Abschnitt wird es ernst. Die Gäste Lilly Schlau, Bäri der Bär und die Oberkommissare fragen die Kinder genau nach diesen eingeübten Schwerpunkten ab. Fast alle können Auskunft geben, auch wenn sie noch etwas ängstlich in die Augen der Polizisten schauen. „Wir haben das Phänomen öfters, dass beim ersten Besuch die Kinder noch nicht so locker sind. Wir kommen aber noch dreimal, dann kennen sie uns schon besser und sagen statt Sie nur noch Du zu uns“, sagt Sylvio Gebser.

Die Kinder hören aufmerksam zu, als die Polizeioberkommissare erklären: „Wichtig ist aber auch, dass ihr euren Namen nicht jedem Menschen erzählt, der es wissen möchte. Auch das kann gefährlich enden. Ihr dürft nicht mit jedem mitgehen, und haltet die Türen vor Fremden immer verschlossen.“

Am Ende des 20-minütigen Seminars kündigen sie den Kindern das Programm für die kommende Woche an. „Wir möchten mit euch verschiedene Märchen besprechen.“ Die Kinder schreien schon „Juhuuuuu“, als ihnen die Polizisten das Märchen von Rotkäppchen versprechen. Sie erklären im gleichen Atemzug, dass sie nicht das Märchen hören werden, das sie schon kennen. Eher betrachten sie die Handlungen der Großmutter, denn auch Erwachsene können Fehler machen, nicht nur das Rotkäppchen. „Und in der nächsten Woche fragen wir nochmal eure Namen und Adressen ab.“

Auf die Frage, ob es für gestandene Polizeioberkommissare nicht komisch sei mit Handpuppen zu spielen, lacht Uwe Jopp und gibt zu: „Zu Beginn war es schon komisch, wir haben versucht, unsere Stimmen der Handpuppe anzupassen, aber schnell war uns bewusst, dass wir unsere Stimmen nicht verstellen können. Aber jetzt macht es mir einfach nur noch Spaß. Ich hätte nie gedacht, dass ich solch eine Unterrichtsstunde mal geben werde.“ Sylvio Gebser fügt hinzu: „Unsere Kollegen sagen immer, jetzt kommen die, die mit Puppen spielen.“ Die Fünf, die in der gesamten Seminarzeit am besten teilnehmen, erhalten kleine Preise wie Bonbons, Plüschtiere und Mal-Hefte. Ein besonderer Höhepunkt für die Kommissare ist, wenn die Kinder am Ende des vierten Seminartages ihren Kinder-Kommissar-Ausweis mit ihrem persönlichen Fingerabdruck bekommen.

Nach dem Seminar ziehen sich die Kinder die Gummistiefel an, damit sie nach draußen zum Spielen gehen können. Und die Polizeioberkommissare? Sie schlüpfen mit einem Strahlen auf dem Gesicht wieder zurück in ihre Alltagsrollen. „Jetzt, wenn, wir hier raus gehen, sind wir wieder die ,bösen‘ Polizisten“, sagt Uwe Jopp.

Aber: Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude, schließlich dürfen sie in der Kita Bördespatzen wieder in andere Rollen schlüpfen.