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Kreisel in Calbe Wenn der Papp-Polizist aufpasst

Anwohner eines Kreisverkehrs in Calbe schlagen Alarm und wünschen sich mehr Polizeipräsenz.

Von Susann Salzmann 23.01.2018, 23:01

Calbe l Kornelia Rinker steht am Fenster, das zur Straßenseite der Nienburger Straße zeigt. Wieder einmal schüttelt die Calbenserin den Kopf. Ihr Blick fokussiert den Kreisverkehr am Ende der Straße in nicht einmal 50 Metern Entfernung. „Muss denn wirklich erst etwas passieren?“, kommentiert sie verständnislos das rasende Verhalten der vieler Autofahrer, die nach ihrer Ansicht in rekordverdächtiger Geschwindigkeit an den Kreisverkehr mit der angebundenen Ortsumfahrung heranfahren und den Kreisel mit unangepasster Geschwindigkeit auch wieder verlassen.

Als „nicht hinnehmbar“ ordnet Anwohnerin Anette Käselitz die Situation ein. In jüngster Vergangenheit wäre es beinahe zu einem tragischen Unfall gekommen, erzählt die Frau. „Ein Kind, das gerade auf dem Fußgängerüberweg stand, wurde fast von einem Raser erfasst. Das Auto konnte gerade noch so bremsen“, hat sie die Situation beobachtet.

Damit sei nun ein Gipfelpunkt erreicht. Nun müsse doch endlich die Polizei agieren - mit verstärkten Kontrollen, Messstrecken, insgesamt mehr Polizeipräsenz. Kornelia Rinker pflichtet ihrer Nachbarin behende bei.

Letztere berichtet darüber hinaus über Beobachtungen von gefährlichen Abkürzen, indem der Kreisel entgegen der Fahrtrichtung durchquert wird oder von illegalen Autorennen, die vom Frühjahr bis Herbst vom Kreisel aus starten. „Teststrecke“ sei dabei die Nienburger Straße in Richtung Schönebeck. Die Regionalbereichsbeamten (RBB) kennen diese Hinweise, entgegnet Marco Kopitz vom Polizeirevier des Salzlandkreises nach Rücksprache mit den beiden RBBs in Calbe. Derzeit lasse sich dies allerdings nicht nachvollziehen, so Kopitz weiter.

Was die Anwohner besonders ärgert: „Warum wurde seit der Fertigstellung der Ortsumfahrung noch nie hier vor Ort kontrolliert?“, behauptet Anette Käselitz und kritisiert dieses Vorgehen gleichzeitig. „Ja“, räumt der Polizeisprecher ein, es habe dort seit August 2017 (dem Zeitpunkt der fertiggestellten Ortsumfahrung, die zu einer höheren Verkehrsfrequenz in der Nienburger Straße geführt hat) keine Polizeikontrolle in Form von Messstrecken oder mobilen Blitzern gegeben. Er verstehe Anwohner, die sich durch regelmäßige Kontrollen einen Erziehungseffekt bei den Verkehrssündern wünschen.

Fest stehe aber, dass auch künftig nachts nicht kontrolliert werde. Die personellen Kapazitäten seien knapp bemessen, heißt es weiter. Mit den vorhandenen Humanressourcen widme sich die Polizei in Calbe verstärkt den Jugendlichen, die in der Stadt vermehrt durch Lärmbelästungen etc. auffallen würden. Dazu sei die Strecke messtechnisch schwierig zu händeln, da der Kreisverkehr derart übersichtlich und die abgehenden Straßen sehr einsehbar wären, sodass Blitzer sofort auffallen würden.

Darüber hinaus sei der Bereich der Nienburger Straße bisher nicht als Gefahren- oder Unfallschwerpunkt erkannt. Bei dieser Argumentation beruft sich Kopitz auf objektive Statistiken erfasster Vorfälle. Die RBBs mussten 2017 insgesamt viermal in die Nienburger Straße ausrücken - zweimal handelte es sich um Verkehrskontrollen, zweimal um Unfälle.

Dass erst etwas passieren muss, bevor gehandelt wird, will der Sprecher nicht so stehen lassen. Aber: Ereignet sich derselbe Vorfall fünfmal an einer Stelle innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, werde von einem Unfallschwerpunkt gesprochen. Um tätig zu werden, käme es auf das objektive und nicht das subjektive Sicherheitsgefühl an. Ersteres werde durch erfasste Vorfälle durch den Vekehrsunfallkon-trolldienst belegt. „Wir werden das Ganze aber noch einmal wohlwollend prüfen“, versichert er. Dazu liefert er eine Idee, die sich nach seinen Aussagen in Österreich etabliert habe: Ein Papp- oder Blechpolizist. Die Aktion der österreichischen Polizei sei ein Erfolg, denn der Blick des Fahrers sorge zunächst für eine angepasste Fahrweise. Im Salzlandkreis böte sich das sicher ebenfalls an, so Kopitz, der diese Idee befürwortet. Im deutschen Nachbarland ist der seelenlose Uniformierte allerdings ebenfalls ein populäres Entführungsziel.