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Kultur Warum hat Schönebeck kein Kino?

Schönebecker Cineasten müssen nach Magdeburg, Bernburg oder Aschersleben fahren.

Von Emily Engels 21.10.2018, 13:44

Schönebeck. „Schön wär‘s, wenn es hier ein Kino geben würde“, sagt Doreen Dänzer und blickt auf ihre Kinder (5 und 13 Jahre alt). „Dann müssten wir nicht immer nach Magdeburg fahren.“ Eine Meinung, die auch Ilke Neubert aus Schönebeck teilt. „Das wäre nicht schlecht. Denn ein Kino sowie ein richtig gemütliches Café – das fehlt einfach in Schönebeck.“ Befragt man Schönebecker auf der Straße zum Thema Kino, sind sich die meisten einig: Das wäre eine schöne Freizeitbeschäftigung. Eine, die derzeit in der Stadt einfach fehlt.

Doch wie realistisch ist es, dass tatsächlich wieder ein Kino nach Schönebeck kommt? Vor allem mit großen Kinos wie dem Cinestar und Cinemaxx in der benachbarten Landeshauptstadt Magdeburg? „Bislang haben wir die Daten, aus welchem Landkreis oder aus welcher Stadt unsere Besucher kommen, noch nicht erhoben. Generell können wir aber sagen, dass das Kino in Magdeburg gut angenommen wird. Weitere Standorte in der Nähe von Magdeburg oder im Kreis sind nicht geplant“, sagt Cinestar-Chef Oliver Fock.

Auch das Cinemaxx kann der Volksstimme auf Anfrage leider keine konkreten Zahlen darüber liefern, aus welchen Postleitzahlgebieten beziehungsweise Landkreisen die Gäste in die Magdeburger Filiale des Kinos kommen. Einige Schönebecker, die die Volksstimme auf der Straße befragt hat, räumen jedoch ein, dass ein Kino zwar schön wäre, es sich aber vermutlich kaum lohnen würde. Nicht zuletzt, sondern vielmehr vor allem wegen der Nähe zur Landeshauptstadt. So sagt Stefanie Weiss beispielsweise: „Ich fahre öfters nach Magdeburg. Dann gehe ich vorher einkaufen und danach ins Kino.“

Und auch Pressesprecherin Lina Dammer vom Cinemaxx sagt: „Schönebeck beziehungsweise der Salzlandkreis liegt so nah an Magdeburg, dass die Stadt beziehungsweise der Kreis zum Einzugsgebiet vom Magdeburger Cinemaxx gehört.“ Daher sei auch aktuell von der Kette kein Kino in Schönebeck beziehungsweise im Salzlandkreis geplant.

Maik Erdmann, Filialleiter vom Capitol in Bernburg hat anhand von Gesprächen und Telefonnummern beobachtet: „Aus Schönebeck selber kommen eher ganz wenige Leute, die gehen vermutlich nach Magdeburg.“ Das Kino mit zwei Sälen, das sich in einem denkmalgeschützten Gebäude befindet und seit den 1920er Jahren existiert, werden eher von Besuchern aus dem Calbenser Raum aufgesucht.

Dass es in der Stadt kein Kino mehr gibt, ist schon seit Anfang der 1990er Jahre so. „In den 1920er Jahren gab es mehrere kleine Kinos in der Stadt, um 1940 herum gab es gleichzeitig sogar drei Kinos“, sagt Mathias Hille vom Schönebecker Stadtarchiv. Standorte waren damals die Pfännerstraße 38, die Friedrichstraße 117 und das Metropol-Kino im heutigen Treff-Gebäude in der Wilhelm-Hellge-Straße.

Die Schönebeckerin Sybille Thews erinnert sich: „Ich bin damals öfters gegangen. Doch das ist lange her. Zuletzt habe ich mir ‚Dirty Dancing‘ angeschaut.“

In der Bahnhofsstraße gab es zudem zwischen 1942 und 1994 die Astoria Lichtspiele.

Auch in Barby und Calbe gab es damals Kinos. Das Gebäude in Barby in der Goethestraße wurde vor einigen Monaten versteigert. Der neue Besitzer aus Berlin war dort schon handwerklich tätig, was genau er mit dem Kino-Gebäude vor hat, ist jedoch noch nicht bekannt.

Ein Angebot, das es in Schönebeck seit 2011 gibt, ist das Kult-Kino der Erdgas Mittelsachsen GmbH im Schönebecker Kurpark. Das wird laut Pressesprecher Frank Sieweck auch gut angenommen. Er sagt: „Mit der Resonanz in diesem Jahr waren wir wieder sehr zufrieden. Wir haben über 200 Besucher in Schönebeck gezählt. Davon sind etliche Stammgäste, die sich Klappstühle und Decken mitbringen und es sich so gemütlich machen.“

Insgesamt gebe es in Schönebeck beim Kult-Kino immer zwischen 200 und 300 Besucher. „Das ist auch die Größenordnung, mit der wir für dieses Veranstaltungsformat planen – zumal ja auch Faktoren wie Sicherheit, Sanitäranlagen und Catering eine wichtige Rolle spielen“, so Sieweck.

Doch da es sich um eine Open-Air-Veranstaltung handelt, seien die Veranstalter natürlich immer stark vom Wetter abhängig. Im Jahr 2014 seien trotz Dauerregens und kühler Temperaturen rund 50 tapfere Kinogänger in den Kurpark gezogen, um „Tanz der Vampire“ zu sehen. Am besten besucht war bisher jedoch „Dirty Dancing“ im Jahr 2012. Da waren es bei wolkenlosem Himmel und sommerlichen Temperaturen weit über 400 Besucher.

Zumindest für Kinder gibt es auch neben dem Kult-Kino ein Angebot. Und zwar bietet der Rückenwind e.V. im Kinder- und Jugendbüro „Piranha“ in Schönebeck gelegentlich Kino-Nachmittage an, bei denen es neben einem kindgerechten Film auch selbstgemachtes Popcorn gibt.

Ein dauerhaftes Kino wäre in Schönebeck womöglich nur aus Eigeninitiative und mit vielen ehrenamtlichen Helfern möglich. Etwa so, wie es in Burg der Fall ist. Hier hatte der damalige Betreiber vor etwa acht Jahren aus Altersgründen das Kino nicht mehr weiterführen können. Kommerzielle Betreiber kamen zu dem Entschluss, dass ein Kino nicht mehr lukrativ sei.

Damals haben sich sieben junge Leute mit dem Entschluss zusammengefunden, etwas zu tun, um das Kino noch regional zu erhalten. „Hier war das nur noch durch ehrenamtliches Arbeiten möglich“, sagt Bernd Goldbach, Vorsitzender des Fördervereins „Weitblick“. Der Verein hat sich damals im Rahmen der Kinorettung gegründet und hat derzeit etwa 100 Mitglieder, die das Kino finanziell unterstützen. Hinzu sind einige Firmen gekommen, die das Kino fördern.

Durch Zeitungs- und Internetaufrufe schaffte die Gruppe in Burg es, eine große Anzahl an ehrenamtlichen Mitarbeitern zu finden. „Dabei handelt es sich um Schüler, Studenten, aber auch ältere Leute“, so Goldbach. Neben einem Kino gibt es auch eine gemütliche Bar. Dass das Konzept in Burg aufgeht, zeigt die Entwicklung der Besucherzahlen. Von 3000 sind diese auf auf etwa 18 000 Besucher jährlich gestiegen.

Ein Konzept, das laut Goldbach auch in Schönebeck funktionieren könnte. Goldbach: „Man bräuchte nur ein paar Leute, die den Mut haben, die Sache anzupacken.“

 

Haben Sie Erinnerungen an die Kinos in Schönebeck? Und wünschen Sie sich eins zurück? Schreiben Sie uns eine E-Mail mit ihren Erinnerungen an: emily.engels@volksstimme.de oder rufen Sie an unter Telefon: (03928) 48 68 11. Die Serie „Zukunft Schönebeck“ wird um eine weitere Woche verlängert. Ab morgen widmen wir uns dem Thema „Verkehr“.