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LandtagswahlRoger Stöcker will SPD-Spitzenkandidat werden

Der 35-jährige Sozialdemokrat Roger Stöcker möchte seine Partei 2021 in die Landtagswahl führen.

03.05.2020, 23:01

Volksstimme: Herr Stöcker, Sie wollen als Spitzenkandidat der SPD bei der nächsten Landtagswahl antreten. Was stört Sie denn an der Fraktionsvorsitzenden?

Roger Stöcker: Als SPD-Mitglied mache ich mir Sorgen über den Niedergang der Partei in Sachsen-Anhalt. Bei der letzten Wahl sind die Sozialdemokraten auf 10 Prozent abgestürzt. Daher will ich den Karren jetzt aus dem Dreck ziehen und an gute alte Ergebnisse anknüpften.

Was hat Katja Pähle denn falsch gemacht?

Ich trete nicht gegen jemanden an, sondern für eine Sache. Wir haben einfach unterschiedliche Perspektiven auf die Landespolitik. Ich bin kein Berufspolitiker, sondern Fraktionsvorsitzender im Stadtrat von Hecklingen und Mitglied im Kreistag des Salzlandkreises. Da bringe ich eine stark kommunal geprägte Sichtweise mit. Ich sehe die Kommunen nicht als Keller, sondern als Fundament unserer Politik. Und wir kriegen die Auswirkungen der Landespolitik deutlich zu spüren. Das Problem ist: Die Kommunen in Sachsen-Anhalt sind extrem unterfinanziert. Die Zuweisungen des Landes sind viel zu gering. Kommunalpolitiker sind nicht selten nur noch Insolvenzverwalter. Das werde ich ändern.

Da würde wahrscheinlich niemand widersprechen, auch nicht die Fraktionsvorsitzende.

Aber es reicht nicht, nur darüber zu reden. Wir müssen auch mehr tun, wenn wir die kommunale Selbstverwaltung erhalten wollen. Natürlich müssen wird die Probleme erst einmal klar ansprechen. Das mache ich und damit mache ich mich manchmal auch unbeliebt. Aber dann müssen wir den Finanzausgleich so umgestalten, dass die Kommunen mehr Geld bekommen. Der besondere Aufwand für den ländlichen Raum muss viel stärker berücksichtigt werden, damit er nicht hinten runterfällt. Ein Beispiel ist der öffentliche Nahverkehr. Daher müssen wir bei der Verteilung der Landeszuweisungen die Fläche einer Region stärker berücksichtigen.

Wo soll das ganze Geld denn herkommen?

Wir sehen doch in der Corona-Krise, dass plötzlich Unmengen von Geld da sind, wenn es sein muss. Jetzt ist die richtige Zeit mal an der „schwarzen Null“ zu wackeln und in die Zukunft zu investieren. Wir sollten den Bürgern auch mehr Mitbestimmung einräumen. Wenn jede Kommune 20 Euro pro Einwohner bekommen würde, über dessen Verwendung die Bürger selbst entscheiden könnten, wäre schon viel erreicht. Die Schließung vom Jugendclub wäre dann vermutlich vom Tisch und der Sportverein bekäme einen neuen Rasen.

Welche Themen sind Ihnen wichtig?

Wir haben große Probleme in der Bildungspolitik, die wir angehen müssen. Sachsen-Anhalt hat viel zu wenige Lehrer und die höchste Quote an Schulabbrechern in ganz Deutschland. Ich bin dafür, auch mal über kreative Lösungen beim massiven Unterrichtsausfall nachzudenken, wie das Lernen im Internet, das die Schüler ja jetzt ausprobieren mussten. Ich denke auch, dass wir in Talentfächern wie Sport, Musik und Kunst keine Noten brauchen, sondern mehr Motivation, auch wenn ich mich damit bei manchen Lehrern unbeliebt mache. Wir haben Probleme im Gesundheitsbereich, die vor allem mit der Unterfinanzierung und teilweise mit der erzwungenen Privatisierung der Krankenhäuser zusammenhängen. Ich fordere seit Längerem, über Re-Kommunalisierungen nachzudenken. Und es gibt in Sachsen-Anhalt immer noch ein Lohnproblem. Ein Drittel der Arbeitnehmer arbeitet im Niedriglohnsektor. Das müssen wir klar ansprechen und nicht Tod schweigen. Erste Abhilfe könnten gut bezahlte Arbeitsplätze in Bundesbehörden schaffen, die wir im Land ansiedeln müssten.

Die Probleme sind doch bekannt.

Das ist ja das Schlimme. Die Landesregierung wusste bereits vor zehn Jahren, dass ein Lehrermangel kommen würde. Und was ist passiert? Natürlich kann man das nicht alles von heute auf morgen erledigen. Aber ich will es angehen und dranbleiben. Das wird natürlich auch zu Verteilungskämpfen führen. Aber wir können diese Probleme nicht mehr vor uns herschieben, sondern müssen sie lösen.

Als Spitzenkandidat der SPD könnten Sie theoretisch auch Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt werde. Würden Sie sich das zutrauen?

Natürlich, sonst würde ich nicht antreten

Sie haben allerdings kaum landespolitische Erfahrungen. Wollen Sie sich mit ihrer Kandidatur vielleicht nur für einen anderen Posten wie ein Ministeramt in Stellung bringen?

Nein, ich spiele auf Sieg und nicht auf Satz. Mein Ziel ist es Spitzenkandidat zu werden und mit der SPD ein starkes Ergebnis einzufahren. Als Wissenschaftler, der seit mehr als zehn Jahren zur Landespolitik forscht, publiziert und lehrt und als gestandener Kommunalpolitiker bringe ich die notwendige Erfahrung mit.

Wie läuft die Kür des Spitzenkandidaten bei der SPD ab?

Nein, ich spiele auf Sieg und nicht auf Satz. Mein Ziel ist es Spitzenkandidat zu werden und mit der SPD ein starkes Ergebnis einzufahren. Als Wissenschaftler, der seit mehr als zehn Jahren zur Landespolitik forscht, publiziert und lehrt und als gestandener Kommunalpolitiker bringe ich die notwendige Erfahrung mit. Bisher gibt es meines Wissens nach zwei Nominierungen für die Kandidatur. Neu ist, dass die Wahl erstmals durch einem Mitgliederentscheid stattfinden wird. Und Mitgliederentscheide sind wie Pokalspiele im Fußball – die haben eigene Gesetze. Die SPD-Bundesvorsitzenden waren ein Jahr vor ihrer Wahl einem Großteil der Mitglieder noch unbekannt. Am Ende setzten sie sich gegen Größen wie Vizekanzler Olaf Scholz durch. In dieser Woche wird die ordnungsgemäße Nominierung festgestellt. Geplant waren eigentlich noch Regionalkonferenzen, damit sich die beiden Kandidaten vorstellen und mit den Mitgliedern diskutieren können. Aber das werden wir jetzt wohl bedauerlicherweise per Internetvideo erledigen müssen. Am Ende wird der Spitzenkandidat im Sommer über einen Mitgliederentscheid per Brief bestimmt. Das Votum der Mitglieder ist dabei verbindlich, da es sich nicht nur um eine Befragung handelt.

Wollen Sie beim Wahlkampf gegen die Fraktionsvorsitzende auch so diplomatisch bleiben wie jetzt oder werden Sie dann angriffslustiger?

Ich denke, die Leute werden unsere Unterschiede auch so wahrnehmen. Regionalkonferenzen und Mitgliederentscheide haben ja ihre ganz eigenen Dynamiken, wie die SPD im Bund gezeigt hat.

Können Sie denn etwas Positives über Katja Pähle sagen?

Im Bereich der Hochschulpolitik teile ich viele ihrer Ansichten. Das macht Sie sehr gut.