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Millionenloch Weiter sparen ja, aber nicht um jeden Preis

Der Stadt Schönebeck fehlen 1,9 Millionen Euro. Hintergrund sind geringere Zuweisungen. Was sagen die Fraktionen des Stadtrates dazu?

Von Olaf Koch 31.07.2017, 17:49

Schönebeck l Richtig gewundert hat sich Reinhard Banse. Der Fraktionsvorsitzende von FDP/Rettet die Altstadt hatte erst vor Wochen eine Meldung in der Volksstimme gelesen, wonach es dem Land finanziell recht gut gehe. „Gelesen habe ich, dass die Steuereinnahmen kräftig sprudeln würden. Dadurch stehen dem Land wesentlich mehr Finanzen zur Verfügung, als in den Vorjahren. Jetzt bekommt Schönebeck weniger Geld. Diesen Fakt verstehe wer will“, moniert Banse.

Dass der Schuldige an dieser Misere nicht im Schönebecker Rathaus, sondern irgendwo in der Landesverwaltung in Magdeburg sitzt, davon geht Sabine Dirlich (Die Linke) aus. „Es ist jedes Jahr das Gleiche: Da werden laufend Grundlagen verändert. Warum ist es nicht möglich, dass das Land im September verbindliche Zahlen an die Kommunen gibt, damit diese so schnell wie möglich einen Haushalt aufstellen können? Das macht mich krank“, schimpft die ehemalige Landtagsabgeordnete.

Ähnlich sieht dies Thoralf Winkler von Bündnis 90/Die Grünen. „Es passt alles ins Bild. Die Kommunen sind grundsätzlich finanziell zu schwach ausgestattet. Jahr für Jahr wird den Städten und Gemeinden tiefer in die Tasche gegriffen“, erklärt der Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Bezug genommen wird auf einen Brief, in dem Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) vor zehn Tagen die Stadträte informierte, dass die Kommunalaufsicht den Haushalt der Stadt beanstandet hat. Demnach ist die Kämmerei von Zahlen von September 2016 ausgegangen und hat jene nicht verwendet, auf die drei Monate später verwiesen wurde. So bekommt die Stadt in diesem Jahr nicht 12,9 Millionen Euro Schlüsselzuweisungen, sondern lediglich 11 Millionen Euro. Die Differenz von 1,9 Millionen reißt ein immenses Loch in die Stadtkasse.

Für die Stadt verschlimmert sich nun die wirtschaftliche Lage. „Jede Ausgabe muss der Oberbürgermeister prüfen und abzeichnen, ob sie unabdingbar ist“, so Steffen Behm von der SPD-Fraktion.

Die Kommunalaufsicht fordert die Stadt auf, weiter zu sparen. „Das Maß ist voll“, schäumt Torsten Pillat, Fraktionsvorsitzender der CDU. Er und seine Fraktion sehen langsam keine Möglichkeit mehr, noch irgendwo etwas im Haushalt einzusparen, ohne an die Lebensqualität der Elbestadt zu gehen. „Und das wird mit uns auch nicht passieren.“

Pillat fordert Land und Bund auf, die Kommunen finanziell ordentlich auszustatten. Seiner Meinung nach ginge es nicht, dass die Zuweisungen geringer ausfallen, als die vom Landkreis geforderte Kreisumlage. Die Stadt muss in diesem Jahr insgesamt 13,4 Millionen Euro nach Bernburg überweisen.

Weiter konsolidieren? Mit der Partei Die Linke dürfte das kaum durchzusetzen sein. „Mich ärgert es immer wieder, wenn der Landkreis uns unter die Nase reibt, wie viele freiwillige Aufgaben wir noch haben. Wir als Stadt können das 2-Prozent-Ziel nie erreichen“, so Dirlich.

Damit bezieht sich die Fraktionsvorsitzende auf eine Richtlinie, wonach zwei Prozent der Aufwendungen im Ergebnishaushalt lediglich für freiwillige Aufgaben verwendet werden dürfen. Nach Auskunft des Oberbürgermeisters beläuft sich diese Zahl in Schönebeck auf 9,6 Prozent.

Wo also sparen? Sollte der Solepark privatisiert werden? Sollten Freibad und Schwimmhalle geschlossen werden? Sollten Operettensommer und Mitteldeutsche Kammerphilharmonie nicht mehr unterstützt werden? Vor allem letztere Idee ist pikant: Beim Orchester handelt es sich um eine kreisliche Einrichtung. Locker könnte die Stadt der Forderung des Kreises nachkommen und die jährlichen Zuschüsse auf null Euro reduzieren. Würde der Kreis dann die Differenz zum Weiterbetrieb aus der eigenen Kasse bezahlen? Oder womöglich die Kreisumlage erhöhen?

„Es gibt etliche Stimmen, die laufend behaupten, dass die Stadt genügend Einsparmöglichkeiten habe, aber diese nicht ausschöpfe. Dazu zähle auch die Verringerung der Personalzahlen. Aus meiner Sicht ist diese Meinung falsch“, teilt Reinhard Banse mit. Frei werdende Stellen würden nicht wieder besetzt, und die noch vorhandenen Mitarbeiter bis an die Grenze der Belastbarkeit gebracht. „Unsere Fraktion wird dem Streichen von freiwilligen Aufgaben nicht zustimmen“, so der FDP-Mann. Auch die Christdemokraten haben Bauchschmerzen. Mit ihnen wird es wohl keine weiteren Rotstift-Aktionen geben.

Steffen Behm gibt zu bedenken, dass Stadträte und Verwaltung durchaus offen über Einsparpotenziale diskutieren sollten. Was aber nicht geht, so Behm, sei eine Verschlechterung der Lebensqualität der Schönebecker Bürger. „Das wird von außen gefordert. Diejenigen sollten aber das auch den Bürgern vor Ort erklären“, sagt Steffen Behm mit Blick nach Bernburg.

Ziemlich ehrlich antwortet Thoralf Winkler auf die Frage nach weiterem Einsparpotenzial, um die 1,9 Millionen Euro auszugleichen: „Ich weiß es nicht. Ich bin ratlos.“