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Musikcamp "Blue Lake" ist ein Statussymbol

Zwei Gymnasiastinnen aus Calbe erweitern in einem amerikanischen Musikcamp durch Profis ihr Wissen.

Von Susann Salzmann 03.09.2018, 23:01

Calbe l Noch ist kein Meister vom Himmel gefallen. Zwei Gymnasiastinnen des Friedrich-Schiller-Gymnasiums wissen das. Das Rezept für ihre Leistungen auf musischer Ebene: Üben - und das mit professioneller Anleitung. Das haben die beiden 17-Jährigen erst jüngst wieder absolviert. In einem Musikcamp in den USA. Genauer gesagt in Michigan. Dort probt „Blue Lake“ - Musiker, die Perfektion erlernen, mit jedwedem Instrument (dazu zählt im Übrigen auch die eigene Stimme) umzugehen. Bestmöglich. „Wir sind sehr dankbar, dass wir diese Möglichkeit nutzen konnten“, findet Lisa Fräßdorf als erste der beiden Mädchen Worte für den dreiwöchigen amerikanischen Auslandsaufenthalt.

Die sogenannten Stipendien stammen von den Blue Lakern selbst. Vor genau einem Jahr besuchte eine Delegation die Saalestadt. Höhepunkt war ein Konzert. „Für unsere Gastfreundschaft haben sich die Blue Laker mit zwei Stipendien bedankt“, erzählt Alexander Sieche, Vorsitzender des Schulfördervereins. Kosten für Flug etc. sind natürlich trotzdem angefallen. Sponsoren halfen, diese zu stemmen. Und der Unterricht hat sich gelohnt. Die neuen Erkenntnisse sollen unter anderem dem Schulchor zugute kommen, meint die zweite Campteilnehmerin Cora Büttner.

In den USA wurde mit Professoren angesehener Universitäten und sogar Operettensängern geübt. Ein Fokus lag dabei auf der Atmung. „Zum Beispiel Techniken, wie wir beim Singen weniger Luft verbrauchen“, ergänzt die Zwölftklässlerin. Mit etwas Verzögerung bricht sie ein Tabu am Gymnasium: Sie holt während der Unterrichtszeit ihr Handy hervor, das während der gesamten Schulzeit grundsätzlich ausgeschaltet werden muss. Schulleiter Rolf-Uwe Friederichs lächelt zur Bestätigung. Das Tabu ist zu Hörzwecken im Schulleiterbüro außer Kraft gesetzt.

Die amerikanischen Gasteltern haben das Abschlusskonzert der Blue Laker aufgenommen. Mitten in der Masse des 89-köpfigen Chores stehen Cora Büttner und Lisa Fräßdorf. Zu hören ist eine Einheit. Ein Klang - erzeugt als harmonische Symbiose von 89 Schülern. Damit am Ende alles gelingt, haben die Mädchen - sie waren zwei von insgesamt acht Deutschen aus dem Bundesgebiet - gemeinsam geübt.

Der Chorleiter war streng, erzählen sie. Erste Maxime: Gemeinsam singen. Zweite Lektion: Wenn einer aufsteht, um zu singen, sind die anderen still. Gerade letzteres bedurfte einige Wiederholungen. „Manchmal haben wir das sieben Mal hintereinander wiederholen müssen, weil immer einer gequatscht hat“, lächelt Elftklässlerin Lisa.

Verwunderlich ist das wohl nicht, denn die Tage waren vollgepackt - begannen um sechs Uhr und endeten weit nach 18 Uhr, nachdem die Mädchen Konzerte oder Opern ihrer Wahl besuchen konnten. Dazwischen zwei mal zweistündige Proben. Dazu Unterricht im musikalischen Nebenfach.

Lisa belegte Jazz, Cora Radiobroadcasting, bei der sie in einer vierköpfigen Gruppe eine einstündige Radiosendung auf die Beine gestellt hat.

Wer sein Hobby mit und von Profis lernen darf, verliert nicht so schnell die Motivation. Das galt auch bei den Witterungsbedingungen zu den Trainingszeiten. „Es war sehr heiß; manche Tage bis zu 45 Grad Celsius“, meint Fräßdorf.

In dem Camp, das größer als der Campus der Magdeburger Universität ist, übten Tausende musikalische Harmonie in Perfektion. Das „Sprechen mit dem Notenständer“ wird sich Lisa Fräßdorf beispielsweise bewahren. Der Effekt von dem, was Musikfachleute als emotionale Steigerungen bezeichnen, hat die Bernburgerin selbst überrascht. „Als ich das Lied „Riptide“ mit der Vorstellung gesungen habe, ich singe es für einen Menschen statt vor einem Notenständer, hat es gleich viel besser geklungen“.

Seit sieben Jahren spielt die 17-jährige Lisa Fräßdorf Gitarre, seit drei Jahren nimmt sie Gesangsunterricht und seit Februar dieses Jahres wirkt sie in ihrer eigenen Band „Lightness“. Dort singt sie, spielt Gitarre und manchmal bedient Lisa darüber hinaus das Schlagzeug. Ein musikalisches Allroundtalent, das sich vorstellen kann, der Musik hauptberuflich nachzugehen.

„Musik und Englisch möchte ich später vielleicht studieren“, meint die Schülerin. Auf sicheren Füßen steht die Entscheidung allerdings nicht. Angst, dass die Motivation des zum Beruf gemachten Hobbies leiden könnte, hat sie schon. Auch Cora Büttner weiß noch nicht ganz genau, inwieweit die Musik ihr berufliches Tun bestimmen wird. Seit der fünften Klasse singt die Calbenserin im Schulchor des Gymnasiums. Ihre im Camp gemachten Erfahrungen will sie dort weitergeben. „Bei den Amerikanern ist ‚Blue Lake‘ wie ein Statussymbol, genießt hohes Ansehen“, erklärt Lisa Fräßdorf. Gelernt haben die Mädchen auch einiges: Dass man als Jugendlicher wunderbar auch zwei Wochen ohne Handy zurechtkommt. Die mussten während des Campbesuches nämlich abgegeben werden. Und: „Dass man nicht auf Äußerlichkeiten achtet und jeden willkommen heißt“, verrät Lisa, was sie aus dem Camp mitgenommen hat.

Für beide war der Besuch der erste. Ob es der letzte bleibt, entscheidet sich erst mit einem Brief, der Anfang September in den Familienbriefkästen landen wird. Denn beide haben sich für die Europatournee der Blue Laker als Mitwirkende beworben. Cora für den Chor. Lisa für Chor, Jazz und Band. Klappt die Teilnahme, würden die Mädchen vom 1. Juni bis zum 1. Juli 2019 zusammen mit den Amerikanern durch die europäischen Staaten tingeln.