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Niedrigwasser Alte Schifffahrtsrelikte an der Elbe gefunden

Ein Barbyer Paar hat beim gegenwärtigen Niedrigwasser der Elbe alte Schifffahrtsrelikte am Strand gefunden.

Von Thomas Linßner 03.08.2018, 01:01

Barby l Sascha Fresnedo und dessen Partnerin Ilka Becker sind sehr naturverbunden. Mit ihrem Hund machen sie oft Spaziergänge zur Elbe. „Da ist es jetzt besonders interessant, weil der niedrige Pegel Bereiche frei gibt, die normalerweise unter Wasser stehen“, sagt der 46-Jährige. Und eben da kann man so manches interessante Stück finden, das Ilka gerne zur Wohnraumzier umfunktioniert.

Was die Beiden jetzt aus der Elbe zerrten, haben sie ihrem Hund zu verdanken. Der hatte sich aus purem Übermut so richtig im Schlamm „eingesaut“ und musste gewaschen werden. „Dabei habe ich gesehen, dass die Spitze eines Ankers aus dem Wasser ragt“, sagt der gebürtige Sauerländer, der seit 2013 in Barby lebt.

Der etwa 75 Kilogramm schwere Stockanker ließ sich relativ leicht bergen und wurde im Kofferraum mit nach Hause genommen. „Am nächsten Tag sind wir dort wieder hin. Und was soll ich sagen: Da steckte in der Nähe noch so ein Ding in der Elbe“, erzählt Ilka. Der alten Weisheit gehorchend, dass man immer nur so viel sieht, wie man weiß, suchten die beiden Barbyer nun zielgerichtet. Und hatten Erfolg: In Richtung Saalemündung fanden sie einen Patentanker.

Er ist etwas leichter. Dieses Modell gehört zu den ältesten Ankertypen und wurde in alten Zeiten auch Admiralitätsanker genannt. Die Bauart besteht aus zwei Flunken. Der sogenannte Stock befindet sich im Winkel von 90 Grad am Schaftende. Dieser Stock sorgt dafür, das sich immer eine Flunke eingräbt.

Sascha Fresnedo möchte eines der drei eisernen Schwergewichte der Stadt schenken. „Ich habe schon mit Torsten gesprochen. Der würde ihn im Foyer des Rathauses aufstellen“, sagt der Berufskraftfahrer und meint damit Bürgermeister Torsten Reinharz. Zuvor würde er ihn aber noch entrosten und streichen (den Stockanker, nicht den Bürgermeister ...). Was ihm zur Ehre gereicht, denn die schweren Teile repräsentieren auch einen gewissen Schrottwert. 2012 wurden an der Breitenhagener Fährstelle zwei Klipp- und einen Schleppanker, wie sie auf Elbe-Binnenschiffen eingesetzt wurden, geklaut. Vier Jahre zuvor war an dieser Stelle ein schon mal ein Anker verschwunden. Damals ging man davon aus, dass er von einem „Liebhaber“ geklaut wurde.

Aber warum entdeckten Ilka Becker und Sascha Fresnedo einen Bereich mit so hoher „Ankerdichte“?

Heinrich Bernau, der einer alten Schiffer- und Fährdynastie entstammt, hat eine Vermutung: „Am Langbau zwischen Fähre und Saalemündung machten früher oft die Schleppkähne fest.“ Da sei die Wahrscheinlichkeit gegeben gewesen, dass zuweilen Anker abrissen. Womit die alten Schiffer übrigens in guter Gesellschaft mit heutigen Fährbetreibern sind. 2013 musste die Stadt einen neuen, tonnenschweren Hauptanker für die Barbyer Gierfähre anschaffen, nachdem sich der alte von der Kette verabschiedet hatte und trotz umfangreicher Suche eines Peilschiffs nicht gefunden wurde.

Doch damit nicht genug. In Höhe des Fährhauses schimmert derzeit ein alter Draggenanker aus dem Grund der Elbe. Anwohner Heinrich Bernau vermutet, wie er dort hin kam: „Hier lag der Barbyer Schiffer Horst Sedlak in den 1950er Jahren oft mit seinem Schleppkahn.“ Der 69-Jährige meint sich zu erinnern, wie in seiner Kindheit ein verlorener Draggenanker ein Thema war, den Horst Sedlak an dieser Stelle verloren hatte. Für „kleine Schiffer“ wie ihn war dieser Verlust nicht von Pappe, kostete doch so eine rund 100 Kilogramm schwere „Klamotte richtig Geld“. Heinrich Bernau will das Niedrigwasser nutzen, um ihn zu bergen.

Der Draggenanker hat vier abgebogene Flunken, die sich bei jeder Lage des Ankers in den Grund krallen. Weil die Zugrichtung der Kette oft so ist, dass der Anker durch horizontalen Zug ausbricht, wird diese Form heute kaum noch eingesetzt.

Aber eine schöne Zier wäre er dennoch. Auf dem Trockenen.