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Notfallversorgung Schwarzer Peter dreht seine Runden

Die Medizinische Notfallversorgung ist erneut Thema im Bernburger Kreistag. Es bleiben Fragen offen, etwa bezüglich der Zuständigkeiten.

Von Ulrich Meinhard 04.05.2018, 01:01

Bernburg l Der Schwarze Peter hat in der Sitzung des Kreistages am Mittwoch in Bernburg seine Runden gemacht. Bei der Frage nach der behördlichen Kontrolle hiesiger Kliniken schoben sich Land und Landkreis gegenseitig die Rolle des Verantwortlichen zu. Hintergrund sind die hohen Abmeldungen von medizinischen Stationen in den von Ameos und der Arbeiterwohlfahrt betriebenen Kliniken im ersten Quartal 2018 (Volksstimme berichtete).

Das Krankenhausgesetz, so die Argumentation von Landrat Markus Bauer (SPD), sehe für die von ihm geleitete Kreisverwaltung keine Handhabe vor, maßgeblich kontrollierend oder sanktionierend einzugreifen, wenn die Kliniken augenscheinlich nicht ihren Verpflichtungen nachkommen.

Der Landkreis könne sehr wohl regulieren, etwa in Fragen der Hygiene, entgegnete Kreistagsmitglied Petra Grimm-Benne (SPD), sie ist zugleich die Sozialministerin des Landes Sachsen-Anhalt. Und wenn der Personalstand nicht ausreichend sei - wie vom Ameos-Personal im Gespräch mit Journalisten mehrfach angeführt - habe der Kreis über das Arbeitsschutzgesetz die Möglichkeit, schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen.

Aber Probleme mit der Hygiene gebe es doch gar nicht, sagte die zuständige Landkreis-Dezernentin Reingard Stephan. Bei 16 Kontrollen seien lediglich zwei kleine Beanstandungen aufgefallen. „Diesbezüglich gibt es keine Kritik“, so Stephan.

Das habe sie aber ganz anders gehört, sagte Petra Grimm-Benne. Laut der ihr zu Ohren gekommenen Patientenberichte soll es teilweise dreckig sein in den Krankenhäusern.

„Solche Anzeigen sind uns nicht bekannt. So etwas muss uns, wenn es so ist, kundgetan werden“, sagte Markus Bauer. Der Hinweis der Ministerin, das Land sehe auf jeden Fall den Bedarf, das Rettungs- und das Krankenhausgesetz zu novellieren, sei doch ein klarer Hinweis darauf, dass etwas nicht stimme. Somit hätten der Kreistag und die Kreisverwaltung „etwas angeregt“, befand Bauer. Sein Vorschlag zur Verbesserung der Situation bei der Notfallversorgung: „Wir brauchen eine Software, die Rettungssanitätern sofort Informationen liefert, wo sie hinfahren können.“ Den Satz der Ressortchefin aus Magdeburg, der Salzlandkreis solle bitteschön ein „vernünftiges Beschwerdemanagement“ hinbekommen“, nahm Bauer zur Kenntnis.

CDU-Fraktionschef Gerald Bieling sagte: „Natürlich will Ameos auch Geld verdienen. Mit einem schlechten Image wird das aber schwieriger werden.“ Am Zuge sei jetzt die Kreisverwaltung mit Reingard Stephan als Leiterin der Leitstelle. „Sie sollten sich mit Ameos an einen Tisch setzen“, sagte Bieling.

Genau das geschieht jetzt auch. Landrat Markus Bauer verkündete, dass es bereits ein Telefongespräch zwischen ihm und dem Vorstandsvorsitzenden des Ameos Konzerns mit Sitz in Zürich, Axel Paeger, gegeben habe. Das Gespräch sei sehr sachlich gewesen und es solle am 16. Mai eine Fortsetzung geben.

Die Chefin der Fraktion Die Linke, Sabine Dirlich, sagte, dass der Salzlandkreis zwar vor fünf Jahren die Kliniken an Ameos verkauft habe. Den Paragraphen 1 (Die Landkreise und kreisfreien Städte haben die Krankenhausversorgung der Bevölkerung nach Maßgabe des Krankenhausplanes sicherzustellen) habe man aber nicht verkauft. Diesen gesetzlichen Auftrag gelte es auszugestalten.

Kreistagsmitglied Johann Hauser (FDP) regte sich über das Hin- und Herschieben der Zuständigkeiten auf und regte schließlich an: „Wir müssen in diesem Land dazu kommen, Probleme nicht zu verwalten, sondern zu lösen.“ Da gab ihm die Sozialministerin quasi recht: „Die Bevölkerung darf nicht den Eindruck bekommen, wir würden unsere Aufgaben nicht erfüllen.“ Sie stellte deutlich heraus: Das Abmelden von Notfallambulanzen gehe gar nicht. „Das ist unterlassene Hilfeleistung.“

Kreistagsmitglied Helmut Zander (SPD) begrüßte die offenbar jetzt sachliche Kommunikation zwischen Landkreis und Ameos. Der jüngste Brief von Axel Paeger, in dem er Landrat Markus Bauer gedroht hatte, ihn persönlich zu verklagen, sei jedenfalls nicht geeignet gewesen, Probleme zu lösen. Und ein Problem sei die schlechter werdende und bereits ungenügende medizinische Versorgung auf dem Lande. Das monierte auch Johann Hauser. So rufen Menschen mit gesundheitlichen Problemen den Notdienst, weil kein Hausarzt in der Nähe ist und Termine bei Fachärzten nur mit langen Wartezeiten zu bekommen sind. Das verstärkte Anfordern der Notärzte und Rettungssanitäter lasse die Zahl der medizinischen Hilfsfahrten nach oben schnellen, Krankenhaus-Stationen sind dann zuweilen überlastet.

Der Vorsitzende des Kreistages, Thomas Leimbach (CDU), beschloss die Debatte salomonisch-abwägend: „Wir sind froh über das, was in den Kliniken geleistet wird. Das schließt Kritik an Missständen nicht aus.“