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Obstanbau Erdbeeren aus dem „Jäger-Tunnel“

In Groß Rosenburg hat die Erdbeerernte begonnen. In sechs Folienzelten von Christoph Jäger wurden die Blüten von Hummelvölkern bestäubt.

Von Thomas Linßner 01.05.2017, 15:47

Groß Rosenburg l Bei „öffentlichen Auftritten“ kennt man den Hünen Christoph Jäger eher in Feuerwehrkluft. Der Kerl wie ein Baum und Ortswehrleiter verdient seine Brötchen am Ortsrand des Dorfes, wo er eine Landwirtschaft betreibt. An seiner Einfahrt prangt ein unübersehbares Banner mit der Aufschrift „Jägers Erdbeergarten“. Was in den Winter- oder Herbstmonaten etwas deplatziert wirkt, bekommt jetzt Konjunktur.

Betrieb der Rosenburger früher den Erdbeer-Anbau eher im Nebenerwerb, ließ er im vergangenen Jahr das Kleckern und fing an mit Klotzen. „Wir haben 2016 sechs Folienzelte aufbauen lassen“, sagt Jäger. Die Kosten: rund 40.000 Euro. Die Tunnel sind stattliche 250 Meter lang und 6,50 Meter breit. Die Folien werden von Stahlbügeln getragen, Bewässerung und Düngung übernimmt ein hauseigenes System. In je sechs Reihen reifen die Erdbeeren unter relativ optimalen klimatischen Bedingungen heran. Ende April, als die Außentemperatur vormittags bei mickrigen sechs Grad herum kümmerte, sorgte der Gewächshaus-Effekt für mollige 25 Grad im Inneren. Jedenfalls wenn die Sonne schien. „Auf alle Fälle blieben die Zelte frostfrei“, streicht Christoph Jäger mit der Hand über die Folie, von der das Kondenswasser tropft. Damit meint er die kritischen Tage um Ostern herum, als Kältegrade den Obstbauern Sorgenfalten ins Gesicht trieben. In der „Blühphase“ sollte die Temperatur nicht über 25 Grad steigen, deswegen werden die Folientunnel an der Front und Seite geöffnet.

Derweil im Freiland die Pflanzen maschinell gesetzt werden, geschah das in den Zelten per Hand. Es wurden „Dämme“ aus dem Rosenburger Boden geformt, in deren Zwischenräume schwarze Folien liegen. Der Unkrautverhinderung und des besseren Laufens wegen. Jäger stellt in arbeitsintensiven Zeiten bis zu 80 Saisonkräfte ein, die überwiegend aus Rumänien anreisen.

Apropos, einstellen. Der 49-Jährige hat sich weitere 540 Arbeitskräfte angeschafft, um das Gelingen des Projektes nicht dem Zufall zu überlassen: Hummeln. „Ich habe sechs Hummelvölker gekauft, die einen richtig guten Job machen“, lächelt er. Sie werden im Karton angeliefert und in den Zelten frei gelassen. Die munteren Insekten beginnen sofort ihren Job zu machen. „Von Hummeln bestäubte Erdbeerblüten lassen die Früchte wesentlich besser ausreifen“, weiß Jäger. Der Rosenburger wird seine „Wandertunnel“ 2018 umsetzen. Auf der benachbarten Fläche findet man eine angesäte Blumenwiese. Hier werden in diesem Jahr noch verschiedene Blumen blühen, bevor man sie als Gründünger unterpflügt. Jägers Erdbeergarten setzt auf 90 Prozent Direktvermarktung. „Ich habe keine guten Erfahrungen mit großen Handelsketten gemacht“, gesteht der 49-Jährige. Der Preisdruck von Früchten aus Spanien sei zu hoch.

Christoph Jäger betreibt noch einige Flächen, auf denen die Kunden Erdbeeren selber pflücken können. Seine zehn roten Verkaufsstände (natürlich) in Erdbeerform wird man in den nächsten Wochen an potenziellen Verkaufsorten finden. Erdbeeren sind eine Gattung der Rosengewächse. Sie spielten schon seit der Steinzeit eine Rolle in der menschlichen Ernährung, erst mit der Einführung amerikanischer Arten im 18. Jahrhundert entwickelte sich jedoch die Gartenerdbeere. Entgegen ihrem Namen zählen die süßen Früchte aus botanischer Sicht nicht zu den Beeren, sondern zu den Sammelnussfrüchten. Es gibt ungefähr zwanzig Arten, die meisten in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel sowie eine Art in Chile.