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Operettensommer Vom bewegten Leben eines Baritons

Beim Schönebecker Operettensommer spielt Heldenbariton Karsten Mewes eine Rolle, die an seinen früheren Traumberuf erinnert.

Von Klaus-Peter Voigt 20.06.2018, 23:01

Schönebeck l Den Baron Weps in „Der Vogelhändler“ gibt es beim Operettensommer auf dem Bierer Berg gleich im Doppelpack. In der „ersten Halbzeit“ steht Karsten Mewes in dieser Rolle auf der Bühne. Ihm folgt dann Rainer Zaun.

Eine solche alternierende Besetzung hat gute Gründe. Es kann sein, dass Schauspieler oder Sänger nicht alle geplanten Termine wahrnehmen können. Dann kommt die Parallelbesetzung zum Zuge. Karsten Mewes hat im Juli ein Engagement am Passionsspielhaus im Schweizer Salzach als Holländer in der Wagner-Oper „Der fliegende Holländer“ erhalten.

Dass der Heldenbariton zuvor in Schönebeck auftritt, ist unter anderem dem sozialen Netzwerk Facebook zu verdanken. Dort war er auf den Operettensommer hingewiesen worden und fand bei seinen Recherchen zudem den Namen Gerard Oskamp, des Chefdirigenten der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie. Man kennt sich seit 20 Jahren aus einer Inszenierung „La Traviata“ in Rostock.

Dort wirkte Oskamp damals als Generalmusikdirektor und erinnerte sich noch gut an den Sänger, den er nun unbedingt auf den Berg holen wollte.

„Ich musste nicht lange überlegen, als das Angebot bei mir eintraf. Zwar sind Rollen in Wagner-Opern mein Metier, doch etwas Abwechslung braucht der Mensch“, berichtet Mewes. Und er ergänzt, dass Operetten durchaus auch solch kräftige Stimmen wie seine vertragen können. Dieses Genre sei keinesfalls so einfach, wie es auf den ersten Blick scheine und brauche natürlich stets ein Quäntchen Schmiss.

In Pirna geboren, verschlug es den heute 59-Jährigen sehr früh nach Berlin, wo ihn sein musikalischer Weg schnell zum fast legendären Rundfunk-Kinderchor führte. Hans Naumilkat – übrigens ein gebürtiger Schönebecker – leitete in dieser Zeit den Klangkörper. „Besonders gern erinnere ich mich an ein Lied, das wir damals für die Schallplatte aufnahmen“, sagt Mewes. „Unsere Heimat“ sei für ihn nach wie vor ein Titel, an den er sich gern erinnert. Trotzdem wollte er lieber Förster werden.

Doch es kam anders. An der Spezialschule für Musikerziehung fragte ihn ein Gesangslehrer, ob er nicht Sänger werden wollte. Der Gedanke schien überlegenswert und die Aufnahmeprüfung für die Hochschule für Musik Hanns Eisler war kein wirkliches Hindernis.

Nach dem Studium ging es Schlag auf Schlag, dem ersten Engagement in Potsdam folgte der Ruf an die Deutschen Staatsoper Berlin. Er arbeitet seit 1994 freischaffend. Regisseure wie Harry Kupfer und August Everding gehören zu den künstlerischen Wegbegleitern.

Christoph Schlingensief holte ihn 2007 für seine „Parsifal“-Inszenierung als Klingsor nach Bayreuth. Vielseitigkeit prägt den Mann mit seiner überzeugenden Stimme, der Wagner ebenso in seinem Repertoire hat wie die großen italienischen Komponisten, Oratorien mag oder durchaus auch bei Operetten auf „Abwege“ geht.

26 Umzüge brachte das mit sich, in diesem Beruf etwas völlig Normales. Trotzdem scheint der unruhige Geist sesshaft geworden zu sein. Bereits erstaunliche zehn Jahre ankert er im Süden Deutschlands und ist Ensemblemitglied am Nationaltheater Mannheim.

Übrigens erlebt das Schönebecker Publikum auch Ehefrau Beate beim diesjährigen Operettensommer. Sie tritt in der Rolle der Lorle auf.

 Eintrittskarten für die Vorstellungen (23. Juni bis 22. Juli) gibt es direkt im Orchesterbüro oder unter Telefon (03928) 400429.