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Planungen Haben Stadträte den schwarzen Peter?

Neue Erkenntnisse um den Kornspeicher in Calbe versetzen die Befürworter in höchste Alarmbereitschaft.

Von Susann Salzmann 07.05.2018, 23:01

Calbe l War die Initiative zur Rettung des Kornspeichers umsonst? Neueste Erkenntnisse versetzen die Initiatoren in Alarmbereitschaft. Der Linken-Stadtrat Christian Behlau hat kürzlich von einer Abrissanzeige des Salzlandkreises an die Stadt Calbe erfahren. Geplant sei dieser noch im laufenden Jahr. Aus der Redaktion vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass bereits entsprechende Kosten dafür von 100.000 Euro in den Kreishaushalt eingestellt wurden.

„Es muss jetzt geklärt werden, wer den Abriss endgültig beschließen kann“, sagt Behlau. Muss lediglich der Bürgermeister dem Abbruch zustimmen oder muss das Vorhaben notwendigerweise über den Tisch der Stadtvertreter gehen? Behlau will es nun genau wissen und hat einen Antrag auf Diskussion im heutigen Fianzausschuss gestellt.

Der Calbenser möchte das nun in den Ausschüssen und im Stadtrat diskutieren lassen, da es sich seines Erachtens um eine städtebauliche Entwicklung von besonderer Bedeutung handelt.

Für ihn gibt es darüber hinaus viele Ungereimtheiten. Unter anderem sei ihm schleierhaft, dass die - nach seiner Kenntnis - bereits im November 2017 gestellte Abrissanzeige des Kreises an die Stadt bisher noch ohne Reaktion geblieben ist.

Hintergrund: Der Kornspeicher steht auf dem Gelände des Friedrich-Schiller-Gymnasiums. Träger der Bildungseinrichtung ist der Salzlandkreis. Grundstückseigentümer der Fläche ist die Stadt. Über einen Erbbaupachtvertrag wird dem Kreis für 99 Jahre bis zum Jahr 2100 das Pflicht auferlegt, die Gebäude auf den Gelände zu unterhalten als auch das Recht erteilt, dort zu bauen.

Für Behlau unverständlich: „Warum zeigt der Kreis bei der Stadt den Abriss an, wenn von der Stadt als Eigentümer noch keine Erlaubnis vorliegt?“. Ohne Okay von der Stadt auch kein Abriss.

Kann die Stadt den geforderten Abbruch allein absegnen, fragt Behlau weiter. Der Interessenvertreter bezweifelt dies. Bürgermeister Sven Hause sorgt für Klarheit. Mit einem „Nein“ beantwortet der Stadtchef die Nachfrage der Volksstimme zu diesem Thema. „Selbst, wenn ich es allein bestimmen dürfte, würde ich trotzdem alle anderen mit einbeziehen“, erklärt Hause auf Nachfrage.

In der Konsequenz heißt das nun: Es wird gegenwärtig eine Beschlussvorlage erarbeitet, die sich der Zukunft des Kornspeichers widme. Sie werde den Räten zum nächsten Ratszusammentreffen am 21. Juni zur Abstimmung vorgestellt. „Wir leben in einer Demokratie“ - mit diesem Satz begründet der Bürgermeister seine Entscheidung.

Dieser Vorschlag vonseiten der Verwaltung kommt Behlau indes ein Stück entgegen. Schließlich bekämen er und seine Mitstreiter dadurch eine Reaktion der einzelnen Räte für oder gegen den Erhalt. Für ihn sei überhaupt wichtig, dass es öffentlich diskutiert wird und die Stadträte als oberstes Gremium über die Saalestadt die Möglichkeit zur Stimmenabgabe erhalten. In den gesamten Bestrebungen, das Objekt zu erhalten, sehen der Linken-Stadtrat als auch seine Mitstreiter sich nun dennoch in gewisser Weise zurückgeworfen. So war die Kunst- und Geografielehrerin Carola Schmidt seit November vergangenen Jahres mit dem Erstellen eines vielfältigen Nutzungskonzeptes beschäftigt. Dieses sieht vor, die ehemalige Pestalozzischule in ein Gemeinschaftshaus zu verwandeln. Auf den rund 1500 Quadratmetern sollten nach Vorstellungen der Schönebeckerin unter anderem Vereinsräumlichkeiten, ein Saal, Clubräume für die Jugend sowie Ateliers und Lagermöglichkeiten geschaffen werden.

Seit einer Infoveranstaltung Mitte April wird die Idee öffentlich publiziert, zu der sich bereits mehr als eine Handvoll Unterstützer gefunden haben.

„Ich bin nach wie vor der Meinung, dieses Gebäude hat Belang“, argumentiert Behlau mit Blick auf Historie und Nutzungsvielfalt. Sollte es im Juni zum vorerst schlimmsten Fall - nämlich dem Okay der Stadträte gegen den Erhalt kommen - ist auch fraglich, ob die Abrissgenehmigung wieder ins Gegenteil verkehrt werden könnte.

Zwei Dinge geben Hoffnung, dass es zur Wende im positiven Sinn kommen könnte: Einerseits die Argumentation Hauses, in der klargestellt wird: Mit der Entscheidung des Rates wird ein Begehren des Kreises genehmigt. Ob der Salzlandkreis es letztendlich umsetze oder einer alternativen Spur folgt, könnte dieser selbst entscheiden. Zum anderen verweist Behlau auf einen Termin von Carola Schmidt mit Vertretern des Landkreises Ende Juni.

Unter Umständen ist es also noch nicht zu spät. Bis dahin bleibt die Fraktion Linke/Wählergemeinschaft Calbe, in dessen Vertretung Behlau spricht, bei ihrer Ansicht: „Zum derzeitigen Stand lehnen wir den Rückbau des Kornspeichers ab“. Auch weil unklar ist, ob eine Abrissanzeige innerhalb eines bestimmten Zeitraumes genehmigt werden muss. Hause verweist seinerseits auf Absprachen mit dem Salzlandkreis, dass es bis Ende Juni eine Entscheidung gebe. Eine Antwort gibt er auch auf die Frage, weshalb bisher noch keine Reaktion der Stadtverwaltung erfolgte: Man habe unterschätzt, dass die Entscheidung um den Kornspeicher sich derart hochspiele. „Nun aber haben wir es ganz nach oben auf die Prioritätenliste gesetzt“, betont der Bürgermeister.

Inwieweit der Kreis den Weiternutzungsplänen offen gegenüber steht, konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden. Auf eine Anfrage ging bis zum gestrigen Redaktionsschluss keine Antwort ein.