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  7. Produktion bei Cargill soll heute nach mehr als einer Woche Ausfall anlaufen

Barby lässt das Drängwasser jetzt direkt am Gewerbegebiet in die Elbe pumpen Produktion bei Cargill soll heute nach mehr als einer Woche Ausfall anlaufen

Von Thomas Höfs 11.06.2013, 03:20

Das Drängwasser wird mit dem fallenden Elbpegel zum größten Problem für die Kleinstadt Barby. Überall zeigt sich das Grundwasser jetzt in der Stadt. Mit großen Pumpen soll es zurück in die Elbe gedrückt werden.

Barby l Das Wasser schießt wie aus Poren beim Schwitzen aus dem Boden unter der Stadt Barby. "Drängwasser hatten wir schon immer. Aber noch niemals so schlimm", sagt Bürgermeister Jens Strube. Dreiviertel aller Straßen in der Stadt seien inzwischen davon betroffen, schildert er.

Am Tag zehn der Hochwasserkatastrophe hat er sich mit den Fachleuten von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk sowie mit den Verwaltungsspitzen im Rathaus getroffen, um die Lage zu besprechen. Seit zehn Tagen ist das Rathaus nun schon rund um die Uhr besetzt. Noch ist ein Ende nicht abzusehen.

Dennoch ist die gute Nachricht, dass der Pegel vom Sonntag zum Montag um rund 40 Zentimeter gefallen ist. Tendenz weiter sinkend. Von Entspannung allerdings noch keine Spur.

Noch während der Sitzung des Katastrophenstabes erreicht den Bürgermeister die Meldung, dass die Bebelstraße jetzt ohne Strom auskommen muss. Der Wasserstand auf der Straße sei einfach zu hoch. Nach dem letzten Hochwasser habe die Stadt die Hausbesitzer aufgefordert, ihre Stromverteiler in die oberen Stockwerke zu verlegen, sagt der Bürgermeister. Viele seien der Aufforderung nachgekommen, aber nicht alle. Da in der stromlosen Straße auch eine Tankstelle liegt, muss die Energiezufuhr gesichert werden, damit die Zapfsäulen noch funktionieren. Das Technische Hilfswerk soll mit einem Generator die Versorgung der Zapfsäulen absichern, legt der Stab fest.

Nur noch mit sehr hoch gebauten Fahrzeugen sind die meisten Straßen in der Kleinstadt zu befahren. Während in der Stadt die Leute dem Naturschauspiel zusehen, laufen vor den Toren der Stadt im Gewerbegebiet Monplaisir Arbeiten, um das Wasser aus der Stadt zu bekommen. Düsterer Sumpf heißt das Gebiet, wo sich das Wasser staut und dann über einen Graben in Richtung Glinde abfließt.

In Glinde hatte die Stadt eine bayrische Einsatzgruppe der Feuerwehr mit sehr leistungsstarken Pumpen eingesetzt. Hier hatte sich vor allem der Bürgermeister eingesetzt. Allerdings gab es Probleme bei der technischen Umsetzung. Die Einsatzleitung entschied sich daher, die Pumpen jetzt direkt bei Barby einzusetzen. "Wir pumpen das Wasser jetzt hier in die Elbe. Dann läuft es nicht mehr bis nach Glinde", schilderte Jens Strube. Sein Glinder Amtskollege Norbert Langoff sah sich zusammen mit ihm die Aktion an. Rund 40 Kubikmeter Wasser pro Minute sollten hier über eine kilometerlange Strecke in die Elbe gepumpt werden.

Als gute Lösung bezeichneten beide Bürgermeister die Aktion bei ihrer Besichtigung. Das Abpumpen der Wassermassen führe auch dazu, dass Barby ebenfalls entlastet werde, erhofft sich Strube. Damit der Wasserstand im düsteren Sumpf sinke, sei es aber wichtig, dass die Zuläufe nicht die Pumpenleistung übersteigen, unterstreicht der Bürgermeister. Am Mittag verbreitet sich die Nachricht, dass das Wasser in Glinde in Richtung Barby langsam abfließe.

Im größten Barbyer Unternehmen Cargill liefen gestern die Vorbereitungen für ein Anlaufen der Produktion. Seit vergangenen Montag hat das Werk die Produktion gestoppt, sagte Lund Jobs, Herstellungsleiter des Standortes. Der Ausfall koste das Unternehmen täglich einen sechsstelligen Betrag, meinte er weiter. Cargill selbst hatte sich auf den Ernstfall vorbereitet. "Wir haben alle elektrischen Anlagen erhöht", schildert Lund Jobs.

Damit die Produktion auch wirklich anlaufen kann, muss die riesige Schlauchleitung, die die Feuerwehr zwischen düsterem Sumpf und Elbe verlegt hat, unter der Straße verschwinden. Professionell bauen Mitarbeiter einen Durchlass unter der Straße.

Mit dem Produktionsbeginn rollen vor allem täglich rund 160 Lastkraftwagen durch das Werktor. Denn 1500 Tonnen Weizen werden hier täglich benötigt. Die Produkte müssen anschließend wieder abtransportiert werden, was die Lkw-Flotte weiter anschwellen lässt. Betroffen von der Flut seien aber auch andere Unternehmen, die Cargill beliefere, erklärt der Herstellungsleiter weiter. Auch weiterverarbeitende Firmen hätten Produktionsausfälle zu verkraften. Dennoch müsse die Produktion am Standort Barby nun wieder anlaufen.

Täglich um 17 Uhr lädt der Bürgermeister zur öffentlichen Lagesitzung in das Rathaus. Vor allem Unternehmer kommen zu dem Termin, um sich direkt die Informationen zu holen. Auch wenn die Pegel sinken, werde es noch einige Tage dauern, bis das Leben in der Stadt sich wieder normalisiere, ist Strube überzeugt.

Im Kontakt stehe er ebenso mit der Technischen Einsatzleitung in Zuchau und den evakuierten Einwohnern. Wann die Menschen wieder in ihre Häuser kommen, sei noch nicht zu sagen, schätzt er ein. Ob es in dieser Woche noch etwas werde, daran zweifelt der Stadtchef. Die Menschen bräuchten jetzt sehr viel Geduld und Ausdauer, ist der Stadtchef überzeugt.