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Recyclingfirma Investor stellt sich den Fragen

Eine Chemie-Recyclinganlage soll nach Schönebeck kommen. Das sorgt unter den Stadträten für Diskussionen.

Von Franziska Ellrich 19.11.2016, 00:01

Schönebeck l Lösungsmittel und Kunststoffe will die Firma EPA demnächst in Schönebeck recyceln. Doch in den Ausschüssen des Schönebecker Stadtrates sind nicht alle Kommunalpolitiker glücklich über die geplante Investition. Denn zum Unternehmen des Geschäftsführers Dr. Wolfgang Koczott gibt es eine Vorgeschichte: Ein Schwesterunternehmen machte 2014 mit einer verheerenden Explosion Schlagzeilen.

Hochbrennbare Stoffe wurden in dem Werk in Niedersachsen verarbeitet. Eine Explosion zerstörte damals die gesamte Anlage, beschädigte nahegelegene Wohnhäuser und kostete einem Mitarbeiter das Leben. Heute leitet Geschäftsführer Koczott das Unternehmen EPA. Die Abkürzung steht für Entwicklung, Projektierung, Applikation. Seit Jahren betreibt die EPA in Göttingen eine Destillationsanlage für Lösemittel. Jetzt soll offensichtlich ein zweiter Standort her. Vor wenigen Monaten sollte der noch in Thüringen entstehen. Die Lokalpresse titelt im Februar: „‚Giftbude‘ mache Vermarktung von Flächen schwer“ oder „Schleiz will umstrittene Chemie-Recyclingfirma“. Auf das Kaufangebot der Thüringer Gemeinde ist der Unternehmer offensichtlich noch nicht eingegangen. Über einen Bekannten sei Koczott auf ein Grundstück in Schönebeck aufmerksam geworden. Dabei handelt es sich um einen Teil des Geländes des ehemaligen Sprengstoffwerks.

Geht es nach dem Antrag des Geschäftsführers Wolfgang Koczott, würden dort demnächst 12 bis 16 Mitarbeiter im dreischichtigen Betrieb verunreinigte, organische Flüssigkeiten über ein Destillationsverfahren so aufbereiten, dass die enthaltenen Lösungsmittel zurückgewonnen werden. In einem zweiten Teil der Anlage soll Lack von Kunststoff entfernt – und damit wiederverwendbar gemacht werden. Dabei gehe es vor allem um fehllackierte Kunststoffteile aus der Autobranche, erklärt der Unternehmer auf Volksstimme-Nachfrage. Koczott stellt auch klar: Eine Feuerungsanlage wie an dem niedersächsischen Produktionsstandort ist nicht geplant.

In der aktuellen Sitzung des Bauausschusses wurde der von Koczott anvisierte Standort abgelehnt, es soll einen alternativen Vorschlag für die EPA geben. Im Wirtschaftsausschuss am Dienstagabend spricht Stadtrat Manfred Pöschke (FDP/Rettet die Altstadt) von einem Unternehmen mit „Gefahrenpotenzial“. Pöschke: „Die Stadträte sollten sich bewusst sein, wer sich hier ansiedelt.“ Die Recherchen des Schönebeckers hätten ergeben, dass Wolfgang Koczott schon öfter insolvent gewesen sei, Betriebe immer wieder mit einem anderen Namen geründet habe. Das verneint der Investor auf Volksstimme-Nachfrage: „Zu keiner Zeit musste in einer von mir geleiteten Firma Insolvenz angemeldet werden“, so Koczott.

Stadtrat Holger Goldschmidt (FDP/Rettet die Altstadt) kritisiert in einem Schreiben an die Volksstimme die Schönebecker Stadtverwaltung in puncto Recyclingfirma EPA: „Recherchiert denn die Stadtverwaltung überhaupt nicht im Vorfeld?“

Detlef Lorbeer von der kommunalen Wirtschaftsförderung betont, dass es zur Explosion im Zusammenhang mit einer Verbrennungsanlage gekommen sei. Solch eine Anlage sei in Schönebeck aber gar nicht vorgesehen. Er spricht sich dafür aus, dem Investor die Chance zu geben, sich dazu zu äußern.

Diese Chance will der Unternehmer wahrnehmen. Für Montagabend ist ein Gespräch mit ihm angesetzt. Koczott wird an der öffentlichen Sitzung des Hauptausschusses teilnehmen. Anschließend soll es noch eine nicht-öffentliche Infoveranstaltung geben, zu der die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses geladen sind.