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Reitverein Unterstützung für Sportler

Der Reit- und Fahrverein Gnadau-Döben bei Schönebeck hat eine neue Reitlehrerin. Loreen Sambill (27) trainiert die jungen Reitsportler.

Von Thomas Linßner 20.01.2017, 14:51

Gnadau l Es ist kalt in der Reithalle. Die zehnjährigen Isabelle Kristek und Lilly Kassuhn haben sich warm angezogen. Neben der obligatorischen Schutz-ausrüstung wie Helm, Stiefel und Sicherheitsweste tragen die Mädchen Handschuhe. Man sieht, wie ihr Atem kondensiert. Die Atemluft ist warm und feucht, die Außentemperatur hingegen eiskalt. Kalte Luft kann viel weniger Feuchtigkeit aufnehmen als warme. Lammfromm gehen die beiden Vereinspferde Kalle und Esprit im Kreis. Die Mädchen haben sie gut im Griff. Trainerin ist Loreen Sambill, die, wie sie sagt, aus einer Reiterfamilie stammt. Der Reitverein hat sie 30 Stunden pro Woche angestellt, damit sie Nachwuchsreiterinnen wie Isabelle und Lilly betreut.

Vereinsvorsitzender Wolfgang Schoenebaum hat sich den Schal vor Mund und Nase geschlagen. Auf einen Handschlag zum Gruß verzichtet er. „Ich bin ganz schön erkältet“, winkt der 62-Jährige ab. An der Tür zum Innenraum der Halle stehen bereits drei Mädchen mit ihren Müttern, die warten, bis sie Isabelle und Lilly ablösen dürfen. „Heute geht das noch“, sagt Wolfgang Schoenebaum, „aber wenn hier richtig Betrieb ist, müssen wir unsere Pauschalkräfte aktivieren.“ Damit meint er Reitlehrer, die bei Bedarf den Verein unter die Arme greifen.

Laut Schoenebaum hat der Verein derzeit rund 180 Mitglieder, 110 sind davon Kinder und Jugendliche. Beobachtet man an dem kalten Trainingstag die Anwesenden, wird schnell klar: Pferdesport ist weiblich.

„Mädchen ist das Thema Beziehung wichtig“, sagt der Vereinschef. „Sie suchen einen starken Freund, dem sie vertrauen können, und da ist das Pferd ein idealer Partner.“ Man könne sich ohne Worte verständigen, werde so angenommen, wie man sei, und könne sich an das große Tier im wahrsten Sinne des Wortes anlehnen und sich von ihm tragen lassen.

Der 62-Jährige wuchs wie Reitlehrerin Loreen selbst als Kind mit Pferden auf. Großvater Gustav züchtete in Döben schwere Kaltblüter, Wolfgangs Vater, der auch Gustav heißt, „veredelte“ sie zu schwerem Warmblut. „Wir waren ständig mit den Pferden im Gange“, erinnert sich Schoenebaum. Von Döben aus ritten die Jungen zum Seehof zum Baden. X-mal sei er vom Pferd gefallen, doch immer gingen die Stürze glimpflich ab. Und dass, obwohl die Widerristhöhe bei edlen Rössern schon mal bei 1,70 Meter liegen kann.

Der Döbener, der seine Brötchen als Installateur verdient, hat die Zügel im direkten wie übertragenen Sinne im Griff. Es gibt kaum ein Ringreiten der Region, wo er nicht mitmischt. Der typischen Reporterfrage, wie viele Siege er in den Jahrzehnten schon errang, weicht er aus. Die Antwort sehe so „nach Angeben“ aus. Ein Vereinsfreund meint, dass „Wolfgang bei 50 aufgehört hat zu zählen“.

Im geheizten Oberstübchen der Reithalle befindet sich das Vereinsbüro. Vier Überwachungskameras übertragen das Geschehen von einer Etage tiefer auf den Bildschirm. „Die brauchen wir, der Versicherung wegen“, erklärt Wolfgang Schoenebaum. So könne im „Ernstfall“ nachgewiesen werden, ob Reiter oder Ross an eventuellen Unfällen schuld sind. „Passiert zwar selten, aber wir müssen uns in der heutigen Zeit absichern.“

Besonders die Nachwuchsarbeit liegt dem Verein am Herzen. Damit seinen ehrenamtlichen Vereinsleuten nicht das Engagement abhanden kommt, setzt Wolfgang Schoenebaum schon mal den „moralischen Hebel“ an: „Überlegt mal: Als ihr Kinder wart, haben euch die Alten in den Sattel geholfen. Nun tut es bitteschön auch für die nächste Generation!“ Denn wenn hier erstmal eine Lücke gerissen werde, sei es vorbei.

Die Vereinspferde sind sehr ausgeglichen. Sie müssen die individuellen Unterschiedlichkeiten der Nachwuchsreiter ertragen. „Das geht schon an die Substanz, ob ein privates Pferd eine Stunde am Tag oder ein Vereinspferd drei bis vier Stunden geritten werden“, sagt der Vereinschef. Nach ein paar Jahren werden sie in der Regel von Vereinsmitgliedern gekauft und können dann ruhiger treten. Nur bei Wallach Deskaros kam das Schicksal zuvor. Nach Krankheit und wochenlanger tierärztlicher Behandlung musste er eingeschläfert werden.

Wer sich für den Reitsport interessiert, ist stets gern gesehen. Die Trainingszeiten sind montags bis freitags von 13 bis 18.30 Uhr und sonnabends von 9 bis 13 Uhr.