1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Lektion 21: Das Imuset-Dach

EIL

Rekordpraktikanten Lektion 21: Das Imuset-Dach

Eine Notsanierung wird am Dach des Industriemuseums Schönebeck ausgeführt. Ein Lernstück für die Rekordpraktikanten.

Von Ulrich Meinhard 06.10.2017, 17:53

Schönebeck l Hoch auf das Dach ging es am 4. und 5. Oktober für Charlotte Stanke und Marvin Möller. Nicht auf irgendein Dach - ansonsten wären die zwei Norddeutschen wohl kaum nach Schönebeck gekommen. Die beiden kletterten auf die Überdachung der alten Maschinenhalle des Energieversorgers EMS, die seit einigen Jahren vom Schönebecker Verein Industriemuseum (Imuset) betrieben wird - freilich als Museum. Das Problem: Das Dach ist undicht. Es ist ein besonderes Dach, keines aus Gebälk und Dachziegeln; eine geschwungene Holzkonstruktion ist vielmehr abgedichtet mit Bahnen aus Blech. Hier gibt es etwas zu lernen - und genau deshalb sind Charlotte und Marvin nach Schönebeck gekommen.

Die jungen Leute sind sogenannte Rekordpraktikanten. Kurz gesagt, sie sind alle zwei Tage in einem anderen Handwerk, einem anderen Gewerk, touren so durch ganz Deutschland. Ihr außergewöhnliches Praktikum begann am 1. August und wird am 22. Dezember auslaufen. Die Idee dazu kam von einer Agentur aus Berlin, die wiederum die Handwerkskammern mit ins Boot holte. Charlotte und Marvin haben sich um dieses in den sozialen Medien ausgeschriebene Praktikum beworben und sind schließlich unter 100 Bewerbern aus der gesamten Bundesrepublik ausgewählt worden. Sie müssen sich während ihres halben Jahres auf Wanderschaft nicht darum kümmern, wo sie morgen arbeiten oder schlafen werden, das wird von anderen vorbereitet. Die beiden Abiturienten sollen sich ganz auf die Handwerksberufe konzentrieren, in die sie eintauchen. Und auch das ist ein Anliegen dieses Rekordpraktikums: Werbung machen für das Handwerk, Klischees ausräumen. „Wir sind durchaus auch Botschafter für das Handwerk“, sagt Marvin.

Bisher haben er und Charlotte in 21 handwerkliche Berufe hineingespürt, haben sich die Aufgaben erklären lassen und selbst mit Hand angelegt.

Schönebeck als Station 21 hielt für die 20-Jährige aus Flensburg und den 19-Jährigen aus Hamburg das Handwerk Dachklempnerei parat. Ein seltenes Handwerk, wie beide erfuhren. Der Unterschied zum Dachdecker: Ein Dachklempner arbeitet sehr viel mehr mit Metall. Unter seine Fittiche hat Charlotte und Marvin am Donnerstag und Freitag Norbert Augner genommen, der Chef der Dachbaukunst Quedlinburg GmbH. Er beurteilt das Projekt Rekordpraktikanten sehr positiv. „Wir sind froh über jede Maßnahme, die das Handwerk weitertreibt“, sagt er. Und haben sich Charlotte und Marvin denn inzwischen für einen Handwerksberuf entschieden? Beide verneinen. Aber: „Mein Favorit ist Ofenbauer“, lässt Marvin durchblicken. Andererseits stehen ja noch 23 Praktikumsstellen aus. Weiter geht es bei einem Raumausstatter in Leipzig.

Charlottes Sicht auf Handwerker hat sich verändert, sie sagt beeindruckt: „Die haben unglaublich viel auf dem Kasten.“ Aber ist es nicht auch sehr schwere Arbeit? „Für jemanden, der vorher nur im Bett gelegen und Netflix geguckt hat, wahrscheinlich schon.“

Weitere Infos: www.handwerk.de/rekordpraktikanten