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Saale Wächst Gras über den Kanal?

Dass der Saalekanal zwischen Calbe und Barby in den nächsten 14 Jahren gebaut werden wird, ist nahezu ausgeschlossen.

Von Olaf Koch 14.08.2016, 16:43

Calbe/Barby l Erst ganz weit hinten ist die Information zu finden. Auf Seite 182 des aktuellen „Bundesverkehrswegeplanes 2030“ leuchtet eine bunte Grafik, die eine Deutschlandkarte darstellt – mit ihren Flüssen und den entsprechenden Wichtigkeiten. Es gibt die Kategorie A in roter Farbe (ganz wichtig), die Kategorie B in Gelb (wichtig) und die Kategorie C in Grün (nicht so wichtig). Wer die Saale auf der Karte sucht, wird sie Blau gezeichnet finden. Die Legende der Grafik sagt dazu aus: Wasserstraße außerhalb des Kernnetzes.

„Nein, die Saale ist damit keine Bundeswasserstraße mehr“, erklärt in einem Pressegespräch Jutta Röseler, Sprecherin des Elbe-Saale-Aktionsbündnis und der Bürgerinitiative ProElbe. Das kleine Flüsschen Saale ist damit von den Berliner Straßen- und Wasserstraßenplanern in etwa so abgehängt, wie die Halbinsel Kamtschatka von Moskau. Niemand will sich dafür wirklich interessieren.

Dennoch steht der Bau des Saalekanals bei Tornitz noch in der Auflistung des Bundesverkehrswegeplanes, der bis 2030 somit festgeschrieben ist. Eingeordnet ist er als „weiterer Bedarf“ hinter Hunderten anderer Projekte, die entweder fest disponiert sind oder einen vordringlichen Bedarf haben.

Auch die Kosten, die vom Bund für diesen Kanal zwischen Calbe und Barby inzwischen veranschlagt werden, können sich sehen lassen. Nach aktuellen Schätzungen beläuft sich das Vorhaben nun auf satte 133,8 Millionen Euro. Noch vor zehn Jahren war der Kanal dagegen für einen zweistelligen Schnäppchenpreis zu haben. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Allein mit der Verdopplung der Bausumme, obwohl noch nicht ein Spatenstich gesetzt ist, lässt die Wirtschaftlichkeitsrechnung des Kanals weiter in einen tiefen Strudel geraten.

Nach Darstellung des Bundesverkehrswegeplanes rechnen die Experten mit weniger als 600 000 Tonnen Güter, die pro Jahr auf der Saale transportiert werden könnten. Zum Vergleich: Für Rhein, Main und Mosel werden jeweils mehr als sechs Millionen Tonnen pro Jahr veranschlagt – also mehr als das Zehnfache. „Die Katalogisierung von Wasserstraßenrelationen spiegelt in einer groben Clusterung die prognostizierten Verkehrsmengen auf den Wasserstraßenrelationen wider. Grundsätzlich liegen dabei die Erkenntnisse aus der Verkehrsprognose 2030 zugrunde“, ist in der Erläuterung aus dem Bundesverkehrswegeplan, der erst vor zwei Woche veröffentlicht wurde, zu entnehmen.

So huscht dieser Tage ein zufriedenes Lächeln über das Gesicht von Jutta Röseler. Denn der aktuelle Plan schreibt fest, in welchen Prioritäten der Bund bestimmte Projekte fördert. „Maßnahmen, die im vordringlichen Bedarf stehen, haben die Chance, dass sie auch mal umgesetzt werden können“, so die Sprecherin des Elbe-Saale-Aktionsbündnisses. Da der Saalekanal aber außerhalb des Bundeswasserstraßen-Netzes angesiedelt ist, wird wohl in den nächsten 14 Jahren bis 2030 und danach Gras über den Kanal wachsen.

Dass er aber noch nicht ganz zu Grabe getragen wird, sieht Jutta Röseler in einer anderen Tatsache begründet: „Dieser unsägliche Kanal wird noch immer im Bundesverkehrswegeplan aufgeführt, weil er ein Wunsch der Landesregierung von Sachsen-Anhalt ist.“ Die Umweltaktivistin weiß aber aus vielen Gesprächen mit Politikern, von Verbänden und Vertretern der Wirtschaft, dass kaum noch jemand den Kanal möchte. „Er hat zudem vom Bund von allen Projekten die ökologisch und ökonomisch schlechteste Bewertung bekommen“, so Röseler.

Wenn die Saale nun als Nebenwasserstraße klassifiziert wurde, stellen sich die nächsten Fragen: Wie wird damit in Zukunft umgegangen? Nochmals 14 Jahre lang warten, ob womöglich dann die Saale zu einer Wasserstraße der Kategorie C aufsteigt? „Nein, es gibt schon entsprechende Vorstellungen“, macht Jutta Röseler deutlich. Im aktuellen Bundeskoalitionsvertrag von CDU und SPD haben sich beide Regierungsparteien auf das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland verständigt“, um damit die Renaturierung von Fließgewässern und Auen zu fördern. Die im Eigentum des Bundes stehenden Wasserstraßen durchziehen wie ein blaues Band ganz Deutschland. Vor allem die Nebenwasserstraßen die heute für den Gütertransport praktisch ohne Bedeutung sind, sollen zukünftig gleichermaßen ökologisch entwickelt und für Freizeit und Erholung aufgewertet werden. „Es zeichnet sich ab, dass das für die Saale laufen kann“, sagt Jutta Röseler.

Damit rückt ein politisches Ziel der Mitstreiter des Elbe-Saale-Aktionsbündnisses in greifbare Nähe Die Aktivisten haben aber nicht nur die letzten 20 Kilometer der Saale im Fokus, sondern auch die Elbe, die wegen des dauerhaft niedrigen Wasserstandes kaum noch regelmäßig beschiffbar ist. Im nächsten Jahr soll das Elbe-Saale-Camp das 25. Mal stattfinden – vielleicht mit einem krönenden Abschluss.