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Schwimmen Absage an Kombibad-Ultimatum

Die SPD hat eine Lösung für die Schönebecker Bäder bis Mitte August gefordert. Doch das hält der Oberbürgermeister für utopisch.

Von Jan Iven 25.06.2020, 01:01

Schönebeck l Keine fünf Monate vor der Oberbürgermeisterwahl sind die Stadträte beim Thema Kombibad so zerstritten wie nie zuvor. Nachdem die Finanzierung des Bauvorhabens durch die Stadtwerke vorerst gescheitert ist, gehen die Vorstellungen der Kommunalpolitiker immer weiter auseinander. Wie soll es mit dem geplanten Ersatzbau für Schwimmhalle und Freibad weiter gehen? Einfach weiter machen, zurück auf Anfang oder erst einmal komplett aussetzen? Das Ganze ähnelt inzwischen einem Mensch-Ärger-Dich-nicht-Spiel, wobei sich viele der Spieler mittlerweile ziemlich ärgern.

Hinzu kommt die Frage, ob sich einige der Stadträte mit ihrer Kritik nicht doch auch für die Wahl im Oktober warm laufen. Außer dem Amtsinhaber Bert Knoblauch (CDU) hat bisher zwar noch kein weiterer Kandidat sein Interesse bekundet. In Zeiten von Corona sind Parteisitzungen und Wahlkämpfe auch nur schwer zu bestreiten. Einzig und ausgerechnet die Linken haben bereits ihren Favoriten benannt: den Amtsinhaber von der CDU. Ein erstaunlicher Vorgang, der umgekehrt aufgrund eines Unvereinbarkeitsbeschlusses nicht denkbar wäre. Weniger überraschend ist, dass auch die CDU ihren Oberbürgermeister bei der Wahl wieder unterstützt und den gemeinsam eingeschlagenen Kurs beim Kombibad weiter fortsetzt, wenn auch als einzige Fraktion.

Der Oberbürgermeister will demnach die Vorbereitungen für das Kombibad in optimistischer Hoffnung auf einen zukünftigen Fördermittelsegen trotz geplatzter Finanzierung möglichst geräuschlos fortsetzen. Schließlich gebe es entsprechende Stadtratsbeschlüsse und immer wieder neue Fördertöpfe. Man arbeite dran. Kein Grund, deswegen Wahlkampf zu machen.

Doch ein nicht kleiner Teil des Stadtrates reagiert darauf ziemlich irritiert und will das dem Oberbürgermeister nicht mehr durchgehen lassen. Vor allem die SPD hat der Verwaltung ein kaum getarntes Ultimatum in Form eines Antrages für den Stadtrat gestellt, in dem sie einen Lösungsvorschlag mit Alternativen samt Kostenberechnungen fordert, darunter für das Kombibad, die Sanierung der beiden alten Bäder und einer neuen Halle am Solequell. Und das Ganze bitte schön bis Mitte August. Was die Stadt also bisher in mehreren Jahren nicht hingekriegt hat, soll sie nun innerhalb von acht Wochen schaffen.

Dieser – vorsichtig ausgedrückt – ziemlich straffe Zeitplan macht es wiederum dem Oberbürgermeister fast schon zu einfach, diese Forderungen der SPD bei der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses als unerfüllbar abzulehnen. Überhaupt würden sämtliche Varianten samt Zahlen bereits auf dem Tisch liegen, seien längst ausgiebig diskutiert worden und würden sich auch durch weitere Gutachten nicht ändern. Der Oberbürgermeister will nun nach eigenen Angaben Zeit und Geld sparen und warnt vor immer neuen Gutachten für bis zu sechsstellige Beträge, die wenig Neues zu Tage fördern würden. Mal davon abgesehen, dass die Sanierung der alten Bäder letztendlich auch nicht wirklich günstiger wäre als ein Neubau, so Bert Knoblauch. Die zwölf Millionen Euro Baukosten Netto sind für den Oberbürgermeister schon lange gesetzt, für manche Stadträte aber offenbar eine Neuigkeit.

Bleibt die Frage, auf wessen Tisch die Zahlen eigentlich liegen und warum so manche Kommunalpolitiker sie offenbar nicht kennen? Als die Volksstimme zuletzt im Mai nach konkreten Kosten für Investition und Betrieb des Kombibades im Rathaus nachfragte, lehnte die Stadtverwaltung eine Beantwortung ab. Begründung: Man habe schon zahlreiche Fragen dazu beantwortet und wolle „dem laufenden Informationsfluss im Stadtrat“ nicht vorgreifen. Das sagt zwar nichts über das Kombibad aus, aber einiges über die Stadtverwaltung. Anstatt immer wieder zu betonen, dass alle Zahlen und Kosten längst bekannt seien, könnte die Stadt diese Ergebnisse für alle bisher bekannten Varianten auch einfach noch einmal im Zusammenhang präsentieren.

Geht es nach dem Lieblingskritiker des Oberbürgermeisters, dem parteilosen Stadtrat Mark Kowolik, steht bisher noch überhaupt nichts fest. Stattdessen hätten von vornherein alle Varianten auf den Prüfstand gehört. Aktuellster Kritikpunkt: Immer noch sei völlig unklar, ob das angestrebte Steuersparmodell der Stadtwerke mit EU-Recht vereinbar sei. Damit wird eine unsichere Finanzierung noch unsicherer.

Die Linken wünschen sich eigentlich auch einen Neustart, wollen dem SPD-Antrag aber mehrheitlich wohl doch nicht zustimmen, da sie in dem vorgeschlagenen Standort Solequell laut Fraktionsvorsitzender Sabine Dirlich eine „Totgeburt“ sehen. Damit bliebe nur noch die Sanierung von Volksschwimmhalle und Freibad.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Olaf Ziem auf der anderen Seite will erst mal „den Kopf frei kriegen“ und das Thema Kombibad komplett von der Tagesordnung streichen. Zumindest so lange, bis die Stadt einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann, was bekanntlich noch eine Weile dauern dürfte. Bis dahin sollten die beiden alten Bäder saniert werden, vor allem, um das Schulschwimmen sicherzustellen.

Bei so vielen Meinungsverschiedenheiten will SPD-Stadtrat René Wölfer den Antrag seiner Fraktion dann doch noch retten und deklariert ihn im Hauptausschuss zur „Spielwiese“ um, auf der sich natürlich alle Interessierten mit ihren Vorschlägen einbringen könnten, um endlich aus der aktuellen „Sackgasse“ herauszukommen. Ob der Antrag nun beim Stadtrat in der nächsten Woche nur weiter diskutiert oder doch gleich abgestimmt werden soll, wollen die Sozialdemokraten noch entscheiden.

Einig sind sich die Stadträte immerhin, dass etwa passieren muss, bevor die marode Schwimmhalle zusammenbricht. Eine gemeinsame Lösung soll her. Auch wenn bisher noch keiner so richtig weiß, wie die aussehen soll.