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Sicherheit Jugendwehren im Salzlandkreis haben Zulauf

Die Kinder- und Jugendfeuerwehren im Salzlandkreis haben im Vorjahr mehr als 53 zusätzliche Mitglieder gewonnen.

Von Jan Iven 28.02.2020, 16:00

Schönebeck l Dunkle Gestalten huschen durch das unbeleuchtete Gerätehaus der Stadtteilwehr Schönebeck an der Tischlerstraße. Ein Lachen, ein Kichern. Jemand ist im Dunkeln gegen ein Feuerwehrauto gelaufen. „Ich hab dich“, ruft der 15-jährige Lukas und klopft einem jungen Kameraden auf die Schulter. Diesen Montagabend steht ausnahmsweise „Spiel und Spaß“ auf dem Dienstplan der Schönebecker Jugendfeuerwehr. Meistens geht es im Dienst ähnlich wie bei den aktiven Einsatzkräften um Themen wie Gerätekunde, Erste Hilfe oder den Löschangriff. Doch an diesem Abend spielen die Nachwuchskräfte einfach mal Verstecken.

„Ich bevorzuge den Begriff Personensuche“, sagt Schüler Lukas. Das hört sich mehr nach den Aufgaben einer Feuerwehr an. Tatsächlich kann aus einem lustigen Versteckspiel im Einsatz bald die ernste Suche nach einer vermisste Person in einem brennenden Haus werden.

Lukas ist seit drei Jahren bei der Jugendwehr. Eine Nachbarin hat ihn einmal mitgenommen. Seitdem ist er dabei. „Mir gefällt der Zusammenhalt bei der Jugendwehr und das alle ordentlich miteinander umgehen“, sagt er. Was sich nach einer Standardantwort anhört, ist für den Jugendlichen tatsächlich alles andere als selbstverständlich. In der Schule fällt er mit seinen langen Haaren auf. Offenbar hat er es mit seinen Mitschülern nicht immer einfach. Bei der Feuerwehr interessiert es hingegen niemanden, welche Frisur er trägt oder auf welche Schule er geht. „Alle arbeiten zusammen“, sagt Jugendwart Alexander Lange.

Deswegen will Lukas ab dem kommenden Jahr auch unbedingt von der Jugendwehr zu den aktiven Einsatzkräften wechseln. „Ich werde den Grundlehrgang in den Ferien machen, weil ich das sonst in der Schulzeit nicht schaffe.“ Doch danach steht seinem ersten richtigen Einsatz nichts mehr im Weg.

Das freut nicht zuletzt Jugendwart Alexander Lange. „Wir konnte im vergangenen Jahr zwei Jugendliche bei den aktiven Kameraden übernehmen und schaffen das wohl auch in diesem Jahr wieder“, sagt der 29-jährige Schönebecker. Alexander Lange fing selbst im Alter von zehn Jahren bei der Jugendwehr an. Als Aktiver war er frühzeitig Betreuer bei der Jugendwehr, bis er vor kurzem die Aufgabe des Jugendwartes an der Tischlerstraße übernommen hat. „Man sieht, wie die Jugendlichen reifen, bis sie dann später selbst ins Feuer reingehen“, sagt Alexander Lange

Die Jugendlichen lernen bei der Jugendwehr die Grundlagen der Feuerwehr und des Brandschutzes. Aber es soll auch Spaß machen, inklusive Zeltlager, Wettkämpfe und Ausflug in den Freizeitpark. „Wir müssen die jungen Kameraden jahrelang bei der Stange halten, bevor sie mit 18 das erste Mal in den Einsatz dürfen“, sagt Jugendwart Lange. „Außerdem sollen sie bei uns die Kameradschaft erleben, die sie später im Einsatz brauchen.“

Allein die Nachwuchstruppe der Stadtteilwehr Schönebeck von der Tischlerstraße hat derzeit 21 Mitglieder, davon elf Mädchen. Zumindest in der Jugendwehr ist das Geschlechterverhältnis schon längst ausgeglichen. „Wir sind zufrieden. Sehr viel mehr Jugendliche könnten wir gar nicht betreuen. Es geht eigentlich nur, weil nicht immer alle gleichzeitig da sind“, sagt Alexander Lange.

„Das Interesse bei Kindern und Jugendlichen an der Feuerwehr ist immer noch ungebrochen hoch. Wenn die Kinder unsere Fahrzeuge mit eingeschaltetem Martinshorn bei Veranstaltungen erleben, wollen sie immer mitfahren“, sagt Alexander Lange. Manchmal interessieren sich sogar junge Schönebecker aus anderen Ortsteilen für die Jugendwehr von der Tischlerstraße. Dann werden sie an die Jugendwehren der anderen Schönebecker Wehren vermittelt. Das freut wiederum den Stadtjugendwart René Zander, der für alle sechs Schönebecker Jugendwehren von der Tischlerstraße, Bad Salzelmen, Felgeleben, Pretzien/Plötzky, Ranies und Elbenau die Verantwortung hat. „Die Nachwuchsarbeit läuft in Schönebeck gerade richtig gut“, sagt René Zander. Eine richtige Erklärung hat der Schönebecker dafür nicht. „Die Betreuer machen gute Arbeit“, sagt der Stadtjugendwart zufrieden. Zusammen haben alle Nachwuchswehren in Schönebeck knapp 100 Mitglieder.

Damit bestätigen die Schönebecker insgesamt den positiven Trend im Salzlandkreis. Wie Kreisjugendwartin Ros-witha Salm zuletzt bei der Jahresdienstberatung der Einsatzkräfte in Bernburg berichtete, hat der Feuerwehrnachwuchs im Salzlandkreis 2019 wieder zugelegt. Demnach ist die Zahl der Mitglieder in den 56 Kinderfeuerwehren und 70 Jugendfeuerwehren in der Region insgesamt von 1500 auf 1553 gestiegen, darunter 566 Mädchen. Und dass, obwohl im selben Zeitraum sogar 40 Mitglieder der Jugendfeuerwehren zu den aktiven Einsatzabteilungen übergewechselt sind und es eine Kinderfeuerwehr und drei Jugendwehren weniger gibt.

Wie wichtig die Nachwuchsabteilungen für die Feuerwehren sind, zeigt sich schon, dass die meisten aktiven Schönebecker Feuerwehrleute früher selbst bei der Jugendwehr waren. „Die jungen Leute sind unsere Feuerwehrleute von morgen“, sagt Stadtjugendwart René Zander. Selbst wenn man grob rechnet, dass von zehn Nachwuchskräften letztendlich nur einer dauerhaft bei den Aktiven bleibt. Umgekehrt bedeutet das Fehlen einer Jugendwehr aber auch oftmals das Ende eines Standortes. Zumindest früher oder später, man leider in Plötzky und Frohse feststellen musste.

Doch bei all den positiven Entwicklungen fehlt in Schönebeck eins noch: Während zwei Drittel aller Jugendwehren im Salzlandkreis auch um eine Kinderfeuerwehr ergänzt werden, gibt es in ganz Schönebeck noch keine solche Einrichtung für Kinder ab sechs Jahre. Und so können die Jugendlichen erst ab zehn Jahre in die Feuerwehr eintreten. „Wir wissen aber, dass die Kinder in dem Alter dann aber schon in andere Vereine eingetreten sind. Daher wäre es wichtig, wenn wir die Kinder so früh wie möglich ansprechen können“, sagt Stadtjugendwart Zan- der. Das Problem: Für eine Kinderfeuerwehr müssen ganz besondere Voraussetzungen erfüllt werden. Neben ausreichendem Personal muss sich auch eine pädagogisch geschulte Fachkraft um die Kleinen kümmern. Auch bauliche Bestimmungen müssen erfüllt werden, darunter ein zweites Handgeländer an Treppen und angepasste sanitäre Anlagen für die Kinder. Mehr als erste Überlegungen, irgendwann vielleicht eine Kinderfeuerwehr zu eröffnen, gibt es daher in Schönebeck noch nicht. Letztendlich ist die Feuerwehr bei ihrer Nachwuchsarbeit immer auch auf Unterstützer angewiesen. „Dafür haben wird einen eigenen Förderverein gegründet, damit wir Spendenquittungen ausstellen können“, sagt Stadtjugendwart René Zander. Erster Erfolg: Die Stadtteilwehr Schönebeck konnte einen Anhänger anschaffen, mit dem unter anderem die Ausrüstung der Jugendwehr transportiert werden kann.