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Sicherheitscheck Prüfung der Elbauenbrücke

An den Tragseilen der Schönebecker Elbauenbrücke wird eine Schwingungsanalyse durchgeführt.

Von Paul Schulz 01.10.2019, 20:30

Schönebeck. „Tobi, hau drauf!“, ruft Prüfingenieur Philipp Wutzler seinem Kollegen Tobias Müller zu. Dieser holt mit dem großen Schonhammer aus und lässt ihn sogleich auf eines der 36 Spannseile der Schönebecker Elbauenbrücke niedersausen. Wutzler beobachtet daraufhin die Messwerte auf dem Bildschirm seines Laptops. Diagramme entstehen, die verstrichenen Sekunden werden in roten Zahlen angezeigt.

Die beiden Männer der Materialforschung und Prüfungsanstalt Leipzig GmbH führen an der Schrägseilkonstruktion der Brücke eine sogenannte Schwingungsanalyse durch. Aus diesem Grund ist die Brücke gestern auch immer wieder kurzzeitig gesperrt worden. „Der rollende Verkehr würde die Messungen verfälschen“, sagt Wutzler.

In regelmäßigen Abständen wird diese Routineüberprüfung durchgeführt. Zuletzt wurde im Oktober 2017 eine Schwingungsanalyse durchgeführt. „Dabei wird die Spannkraft der einzelnen Seile kontrolliert. Schließlich ist das Bauwerk der Witterung ausgesetzt und arbeitet dementsprechend. Es muss sichergestellt werden, dass die Spannkraft der Seile gegeben ist“, erklärt der Prüfingenieur.

Immer wieder müssen die beiden Männer genau den Zeitpunkt abpassen, an dem sie ihre Messungen durchführen können. Ihr Zeitfenster: anderthalb Minuten. Solange stehen die Ampeln vor der Brücke nämlich auf rot. Direkt danach rollen die Autos und Lastwagen wieder über die einspurig gesperrte Brücke. Wenn das letzte Fahrzeug von der Brücke gefahren ist haben Wutzler und Müller wieder 90 Sekunden, bevor die Grünphase für die Fahrzeuge auf der anderen Elb-Seite beginnt.

Wie die Überprüfung funktioniert erklärt Wutzler so: „Mit dem Hammerschlag versetzen wir die Seile in Schwingung – so ähnlich wie eine angespielte Gitarrensaite. An den Tragseilen haben wir Beschleunigungssensoren befestigt, die die Schwingung beziehungsweise die Frequenz registrieren und an den Laptop senden.“

Besonders wichtig ist bei der Überprüfung, dass die Bedingungen möglichst die gleichen sind, wie bei vorherigen Kontrollen. So soll sichergestellt werden, dass die Werte miteinander vergleichbar sind. „Soweit ich weiß, fand die letzte Kontrolle auch im Oktober statt, und auch damals war es bedeckt und leicht vernieselt“, sagt Philipp Wutzler.

Auf die Frage, warum der Hammer mit einem Kabel verbunden ist, antwortet der Prüfingenieuer: „Das ist ein Impulshammer. Der misst, mit welcher Kraft zugeschlagen wurde. Das müssen wir bei den Berechnungen später mit einbeziehen.“

Das Anschlagen der Seile und die daraufhin aufgezeichneten Messwerte sind nämlich erst der Anfang: die Datenerhebung. Auf Basis der Messdaten folgen noch Berechnungen, die für jedes der Tragseile individuell durchgeführt werden müssen – allein schon deshalb, weil die Seile unterschiedlich lang sind. Anschließend werden die Daten und Berechnungen mit den Ergebnissen von früheren Messungen verglichen. So lassen sich letztlich Rückschlüsse auf den aktuellen Zustand der Brücke ziehen.

Die Überprüfung von Brücken ist in Deutschland übrigens mit der DIN 1076 geregelt. So ist darin zum Beispiel vorgeschrieben, dass alle sechs Jahre eine Hauptprüfung durchgeführt werden muss. „Dabei wird die Brücke hinsichtlich ihrer Standsicherheit, ihrer Verkehrssicherheit und ihrer Dauerhaftigkeit untersucht“, erklärt Stefan Hörold, Chef der Landesstraßenbaubehörde West, in deren Zuständigkeit auch die Schönebecker Elbauenbrücke liegt. Somit soll gewährleistet werden, dass eventuelle Schäden frühzeitig erfasst werden.

Hinzu kommen weitere turnusmäßige Kontrollen wie eine jährliche Sichtprüfung oder eine „Einfache Prüfung“, alle drei Jahre nach der Hauptprüfung. Die Schwingungsanalyse, wie sie Philipp Wutzler und Tobias Müller durchführen, ist also nur ein Puzzlestück innerhalb eines umfangreichen Kontrollsystems.