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Sparmaßnahme Doch Geld für Kultur in Schönebeck?

Schönebeck muss sparen und plante Kulturzuschüsse zu streichen. Nun gibt es doch Hoffnung, dass genau das nicht passiert.

Von Emily Engels 16.05.2018, 01:01

Schönebeck l Wird die Kultur in Schönebeck auf Null gefahren? Dieser Eindruck mag sich einstellen bei den jüngsten Verlautbarungen aus den Reihen der Stadtverwaltung. Die steht unter einem von oben, von der Kommunalaufsicht, verordneten Sparzwang. Vieles werde nicht mehr unterstützt werden können, hieß es, wie etwa das Soziokulturelle Zentrum Treff, die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie oder die Übungsleiter in den Sportvereinen.

Nein, die Kultur werde nicht auf Null gefahren. Das versichert Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) im Gespräch mit der Volksstimme. Die gute Nachricht: „In unserem Steueramt ist noch einmal nachgerechnet worden. Unsere Einnahmen werden - wahrscheinlich - doch etwas höher liegen, als zunächst vorausberechnet“, sagt Knoblauch. Das sei keineswegs ungewöhnlich und auch kein Rechenfehler im Amt: Ein städtischer Haushalt sei vielmehr immer eine Art fortdauernder Prozess mit Einnahmen und Ausgaben, die sich ständig ändern können.

Momentan geht die Stadt von einem Mehr an Erträgen über 100.000 Euro aus, als zuerst angenommen. Kämmerin Petra Pöschke: „Wir haben alle Erträge noch einmal auf den Prüfstand gestellt.“ Die aktuellen Zahlen seien jetzt auch Bestandteil der Beschlussvorlage für den Haushalt, über den der Stadtrat im Juni befinden wird.

In Zahlen: Die Bezuschussung des Bereiches Sport durch die Stadt lag bisher bei 122.000 Euro im Jahr, die Bezuschussung der Kultur bei 94.800 Euro. Bei der Sportförderung (dazu zählen Betriebskostenzuschüsse und Aufwandsentschädigungen für Übungsleiter) soll die Summe, so der Vorschlag der Stadt, in 2018 und 2019 auf 90.000 Euro absinken, ab 2020 und dann für die Folgejahre aber wieder auf 122.000 Euro angehoben werden.

Bei der Bezuschussung der Kultur (Vereine, Chöre, Soziokulturelles Zentrum Treff) soll die Summe in 2018 und 2019 weiterhin bei 94.800 Euro liegen (und nicht, wie ursprünglich angedacht, bei Null) und ab 2020 und die Folgejahre 81.100 Euro betragen.

Für was wird das reichen? „Das müssen wir sehen. Wir müssen einfach mit dem Weniger umgehen“, stellt Bert Knoblauch allgemein fest. Auf jeden Fall werde man miteinander reden. Er findet hervorhebenswert: „Wir sind jedenfalls nicht auf Null. Es wird geringfügig weniger.“

Was er heute schon mit Sicherheit sagen kann: Der Zuschuss von 5100 Euro im Jahr für das „Haus der Vereine“ in Frohse wird ab 2020 entfallen. Was mit dem Haus, der alten Grundschule von Frohse, dann geschieht, ist offen. Vermietung, Verpachtung, Verkauf - alles sei möglich. Jedoch zwei öffentliche Häuser will die Stadt in Frohse dann nicht mehr unterhalten. Knoblauchs Vorschlag: Das Feuerwehrdepot am Reuterplatz könne sowohl von den Alterskameraden als auch von Vereinen genutzt werden, die bislang im „Haus der Vereine“ ihr Domizil haben. Denn die Feuerwehr Frohse soll mit der Feuerwehr Tischlerstraße fusionieren - auch das steht fest.

Unter welchem Druck die Verwaltung steht, wird in den Sätzen von Petra Pöschke deutlich: „Wir müssen weiterhin an der Haushaltskonsolidierung arbeiten. Die Vorgabe der Kommunalaufsicht ist es, bis 2027 unseren Fehlbetrag auszugleichen.“ Festgeschrieben ist der Haushaltsausgleich in einer Kommune übrigens im Landesrecht Sachsen-Anhalt. Das heißt, die Kommunalaufsicht in Bernburg kann gar nicht anders, als den Ausgleich der Fehlbeträge strikt einzufordern. Das Gesetz sieht dafür immerhin einen gewissen Zeitraum vor, im Schönebecker Fall bis 2027.

Die Kämmerin betont, dass Haushaltszahlen immer auch Planzahlen sind - also immer im Fluss und von vielen Dingen abhängig. „Es kann in ein paar Jahren auch wieder deutlich nach oben gehen“, versucht sich Knoblauch in Optimismus, muss aber der Vollständigkeit halber hinzufügen: „Oder nach unten.“

„Treff“-Geschäftsführer Helmut Huppertz reagiert noch immer mit einer Portion Skepsis auf die eher doch gute Nachricht für den „Treff“. „Meine Mitarbeiter trauen dem Frieden noch nicht“, sagt er auf Anfrage der Volksstimme. Auch er könne das Ganze erst dann glauben, wenn es im Stadtrat beschlossene Sache sei. Verwunderlich ist das kaum. Denn für ihn und seine drei Angestellten stand vergangene Woche noch so gut wie alles auf dem Spiel.

Ursprünglich hatten „Treff“-Leiter Christian Meinel und Mitarbeiterin Victoria Gehricke bereits eine große Protestaktion für den Tag des Finanzausschusses am 29. Mai geplant.

Huppertz hatte die Art und Weise, wie er am Tag des vergangenen Finanzausschusses von den geplanten Kürzungen erfahren hatte, so gestört. „Ich war an dem Tag in Berlin, um ein Video-Porträt über eine Künstlerin zu machen, die bald bei uns ausstellen wird“, beschreibt er. Dann habe er einen Anruf aus dem Finanzausschuss bekommen. Es sei geplant, für den „Treff“ die Zuschüsse zu streichen. „Es gab keine Vorgespräche mit uns. Hätte ich den Anruf nicht bekommen, hätten meine Mitarbeiter und ich es vermutlich aus der Zeitung erfahren“, ist er sich sicher und fügt hinzu: „Darüber war ich stocksauer.“

Und für Helmut Huppertz, der selbst Stadtrat (CDU) ist, sei der Kampf gegen die Kürzungen der freiwilligen Leistungen noch lange nicht vorbei. Auch, wenn seine Einrichtung jetzt zunächst gerettet ist. „Man kann Schönebeck die Kultur nicht wegnehmen“, sagt er.

Er findet, dass viele Einrichtungen in Schönebeck – unter anderem auch die Jugendclubs - gar nicht unter „freiwillige Aufgaben“ fallen dürften. Huppertz: „Oft wird erwartet, dass Bürger sich ehrenamtlich in der Stadt einbringen. Gleichzeitig werden die freiwilligen Leistungen der Stadt gestrichen. Da passt doch etwas nicht.“

Deshalb ist für Huppertz klar, dass er sich als Stadtrat künftig gegen jegliche Streichungen wehrt. Er sagt: „Ich werde hier nirgendwo mehr für eine Streichung stimmen. Im Gegenteil. Die freiwilligen Aufgaben müssten eigentlich zu festen werden.“