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Stadtbuslinie Leere Sitze und langer Atem

Die Kreisverkehrsgesellschaft Salzland will auf Kundenwünsche bei der Stadtbuslinien 130 in Schönebeck reagieren.

Von Olaf Koch 10.09.2016, 01:01

Schönebeck l Der Anfang ist ganz schön holprig. Als die Kreisverkehrsgesellschaft Salzland mbH (KVG) Ende Juli das neue Konzept der beiden Stadtbuslinien 130A und 130B im Einstundentakt werktags und im Zweistundentakt sonn- und feiertags vorstellte, war die Resonanz bei der Bevölkerung vielversprechend. Doch nun, fünf Wochen nach der Einführung, macht sich eine erste Ernüchterung breit.

„Ja, das alles ist noch steigerungsfähig“, sagt der Geschäftsführer der KVG gestern der Volksstimme. „Noch steigerungsfähig“ ist die diplomatische Umschreibung dafür, dass die Busse der Linien 130 kaum bis gar nicht ausgelastet sind. Diese Beobachtung macht die KVG nicht nur selbst, sondern das kann jeder Schönebecker selbst nachprüfen.

Daten der ersten Fahrgastzählung vom Monat August bleiben bei der KVG vorerst unter Verschluss. „Daraus lassen sich noch keine Schlüsse ziehen“, so Jens-Matthias Fleck wohlwissend um diese Entscheidung.

Doch woran liegt es, dass die extra für Schönebeck angeschafften zwei Kleinbusse mit vielen leeren Sitzen ihre Runden durch die Elbestadt drehen? „Wir haben von den Schönebeckern eine Vielzahl von Rückläufen zu den neuen Stadtbuslinien bekommen“, berichtete der Geschäftsführer. Diese werden ausgewertet, aufgearbeitet und unter Umständen auch umgesetzt. Außerdem will die KVG im Herbst eine Kundenbefragung in der Stadt starten.

Ziemlich viel Arbeit machte sich im vergangenen Monat Sebastian Schröder. Der Schönebecker Bürger, der regelmäßig Bus und Bahn nutzt, hat im Grunde die Hausaufgaben für die KVG gemacht und in einem umfangreichen Schreiben insgesamt elf Kritikpunkte aufgelistet. „Aufgrund der schwierigen Struktur der Stadt ist die Schaffung eines attraktiven ÖPNV-Angebotes ergänzend zur bestehenden Erschließung durch die S-Bahn schließlich keine leichte Aufgabe“, gesteht Sebastian Schröder ein.

Doch seine Liste der Nachbesserungen ist lang: veralteter Liniennetzplan im Internet, fehlende Aushänge an den Haltestellen, veraltete und ungültige Fahrpläne, falsche Zuordnung an Haltestellen, unvollständige Haltestellenfahrpläne, widersprüchliche Bezeichnung der Haltestellen, gleiche Bezeichnung für unterschiedliche Haltestellen, fehlende Angaben zur Linienführung, Auslassen von Haltestellen und hoher Ringverkehr-Anteil ... Asche auf das Haupt der KVG-Bus-Experten: „Herr Schröder hat leider recht. Vieles von dem, was er angesprochen hat, haben wir inzwischen korrigiert“, so Jens-Matthias Fleck.

Auch die Kritik des Allgemeinen Behindertenverbandes Sachsen-Anhalt (Volksstimme berichtete gestern), die dessen Geschäftsführer Frank Schiwek als Hinweis und Hilfsangebot betrachtet sehen möchte, hat die KVG bereits auf dem Tisch.

Am Donnerstagabend hat sich zudem der Stadtrat mit den Stadtbuslinien beschäftigt. Neben der vagen Vermutung, dass die derzeitige Auslastung der Busse die KVG wohl bald zur Kapitulation zwingt, wurde die Beschlussvorlage zur Finanzierung von zusätzlichen Warteflächen an den Haltepunkten mehrheitlich nach Antrag von Torsten Pillat (CDU) in den Fachausschuss zurückverwiesen. Moniert wurde von den Stadträten erneut die behindertenunfreundlichen Fahrpläne und Haltestellen (Manfred Pöschke, FDP/Rettet die Altstadt) und der Wegfall von Parkplätzen vor der Kita in der Prager Straße (Mark Kowolik, parteilos).

Stadtrat Werner Grundmann (SPD) wollte sein Unbehagen wegen der Haltestelle an der Gnadauer Straße äußern. Doch Stunden zuvor wurde diese auf Wunsch vieler Felgeleber an die Schulstraße verlegt, nachdem ein Kind angefahren wurde, das hinter dem Bus die Straße überquerte.

In den vergangenen Tagen setzte die KVG anstatt des Busses einen VW-Kleinbus eines Schönebecker Taxiunternehmers ein. Ist das schon der Anfang vom Ende der Stadtbuslinien? „Ein klares nein“, so der KVG-Geschäftsführer, der gestern den Taxi-Ersatz mit dem hohen Krankenstand der Busfahrer begründete.

Und wie lange will die KVG die mangelnde Resonanz der Linien durchhalten? Konkret sagte Jens-Matthias Fleck keinen Zeitraum. Aber Schönebecks Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU). Er nannte vorgestern den „langen Atem“ von mindestens fünf Jahren.