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Stadtrat Zwischen Freude und Enttäuschung

Schönebeck hat einen neuen Stadtrat gewählt.

Von Heike Liensdorf 28.05.2019, 01:01

Schönebeck l Die CDU trifft es hart. Sie hat fast 600 Stimmen weniger als 2014 eingefahren und muss vier Sitze im Stadtrat abgeben.

So sehr sich Torsten Pillat ganz persönlich über sein Ergebnis freue (1866 Stimmen* – zweitbestes Ergebnis hat Markus Baudisch mit 827 Stimmen), so enttäuschend sei es für die CDU-Fraktion (8078 Stimmen / 22,32 Prozent; 2014: 31,95 %). „Trotzdem sind wir die stärkste Fraktion im Stadtrat“, zeigt er sich optimistisch. Wohlwissend, dass der Abstand zur SPD mit 151 Stimmen sehr knapp ist und beide jeweils neun Sitze für sich in Anspruch nehmen können. Die Christdemokraten hätten alles gegeben und wollen sich auch weiterhin mit ganzer Kraft für die Stadt einbringen. Mit der AfD werde man sich sachlich auseinandersetzen. „Wir werden sehen, ob sie ihr Wahlversprechen halten und etwas für Schönebeck machen“, so Torsten Pillat.

„Große Freude“ hingegen bei der SPD. Die Fraktion konnte 7927 Stimmen (21,90 %; 2014: 23,71%) auf sich vereinen – 2014 waren es 6422. Oben an Frank Schiwek (1933 Stimmen – zweitbestes Ergebnis hat Petra Grimm-Benne mit 1318, dann Werner Grundmann mit 735 Stimmen). Der Ausgang der Wahl zeige ihm, dass Bürgernähe und Engagement sich auszahlen würden. „Die Leute unterscheiden doch die Politik vor Ort und die Politik in Berlin, mit der wir nicht immer konform gehen.“ Zwar gehe die SPD statt mit zehn nun mit neun Sitzen in den Stadtrat, doch da Mark Kowolik damals recht zeitig aus der Fraktion ausgetreten sei, habe man eh nur neun Sitze bekleidet. Somit ändere sich nichts. Obwohl: „Positiv zu denken gibt uns, dass uns von der CDU nur noch wenige Stimmen trennen“, so Frank Schiwek. „Für die CDU ist es ein Absturz, für uns ein Halten.“ Gespannt sei er auf die AfD und „was sie tun werden, um ihre großspurigen Versprechungen einzuhalten“. Und die anderen Neuen im Stadtrat? „Auf die Zusammenarbeit mit der Tierschutzallianz freue ich mich.“

Von null auf sieben Sitze hat es die AfD geschafft. Da sie aber nur fünf Kandidaten gestellt hat, kann sie nur fünf Sitze besetzen. Somit wird der Stadtrat nicht 40, sondern 38 Räte plus Oberbürgermeister haben. Zum Ergebnis seiner Partei (6375 Stimmen / 17,62 %) und zu seinem persönlichen Abschneiden kann Olaf Ziem (2774 Stimmen – zweitbestes Ergebnis hat Michael Kuthe mit 1142 Stimmen) nur sagen: „Wahnsinn.“ Für ihn steht fest: „Die Altparteien merken immer noch nicht, dass sie nicht mehr das Sprachrohr des Volkes sind. Nur darum ist die AfD so stark geworden.“ Letzendlich seien die „Altparteien“ die Gründungsmitglieder der AfD, so Olaf Ziem: „Wenn sie nicht so schlechte Politik gemacht hätten, wäre keiner auf die Idee gekommen, eine neue Partei zu gründen. Das ist nun die Quittung.“

Dass die Karten neu gemischt werden würden, war Sabine Dirlich klar. Aber das es die Linke so sehr treffen würde ... 5895 Stimmen (16,29 %; 2014: 23,38 %) konnten gesammelt werden – 2014 waren es 6332 Stimmen. Sabine Dirlich holt 2742 Stimmen (zweitbestes Ergebnis hat Anne Schönemann mit 570 Stimmen). „Ich bin schon sehr enttäuscht, wir haben drei Sitze verloren. Das ist ein herber Verlust für uns“, gibt sie unumwunden zu. Aus den einst neun sind nun sechs Sitze geworden. Auch die CDU habe abgeben müssen. Hingegen habe die SPD ein gutes Ergebnis einfahren können. „Sie haben es mit ihren Kandidaten offensichtlich richtig gemacht.“ Möglicherweise seien die Linken im Stadtrat nicht präsent genug gewesen oder hätten Themen nicht vehement genug aufgegriffen.

Bei ihren drei Sitzen im Stadtrat ist die FDP geblieben (2763 Stimmen / 7,63 %; 2014: 8,30 %). „Sicherlich, ich hätte mir mehr Stimmen für die FDP gewünscht, wir sind aber absolut mit dem Ergebnis zufrieden. Wir brauchen uns nicht zu verstecken“, so Holger Goldschmidt (1082 Stimmen – zweitbestes Ergebnis hat Thomas Mogge mit 493 Stimmen). Man wolle am Mittwoch beraten, wie man sich aufstelle. Vielleicht gebe es ja einen Partner, mit dem die FDP zusammengehe könne. „Wir sitzen ja in der Nähe der Grünen ...“ Klar ist für ihn: „Wir wollen ein bisschen Wucht in den Stadtrat reinbringen und nicht rumwuseln.“

Auch die Grünen (2455 Stimmen / 6,78 %; 2014: 3,98 %) wollen schauen, ob es mit anderen Parteien möglicherweise Schnittstellen gebe, sagt Thoralf Winkler (1465 Stimmen – zweitbestes Ergebnis Ralf Arndt mit 614 Stimmen). Sie haben aus ihren einst zwei nun drei Sitze gemacht. Er freue sich sehr über das Ergebnis. Darin sehe er den allgemeinen Trend, dass Fragen des Natur- und Umweltschutzes auch auf kommunaler Ebene stärker anerkannt werden. Aber auch eine Bestätigung der vergangenen fünf Jahre. „Oft sind es nur Kleinigkeiten, aber notwendige Dinge.“

2014 ist Mark Kowolik für die SPD ins Rennen gegangen, dann aber ausgetreten. Der bis dato fraktionslose Stadtrat ist als Einzelbewerber angetreten und hat sich 1192 Stimmen (3,29 %) gesichert. „Dass es so viele werden, hätte ich nicht gedacht“, räumt er ein. Er sei erschrocken über das Ergebnis der AfD, die Kandidaten seien nirgends präsent gewesen. Für ihn steht fest: „Das ist die Quittung, dass der Stadtrat sich in den letzten Jahren hat vorführen lassen.“ Die Verwaltung sei oft mit etwas beauftragt worden, aber im Stadtrat sei nicht wieder nachgefragt worden. Zum Beispiel das Erstellen eines Zeitplanes für die Umsetzung des Kombibades. Für mich ist das eine reine Protestwahl“, so Mark Kowolik.

Die Tierschutzallianz (1504 Stimmen / 4,19 %) zieht erstmals in den Stadtrat ein – mit zwei Sitzen. Simona Below (506 Stimmen) ist gestern nicht erreichbar gewesen.

„Es sind doch einige neue Gesichter dabei. Das wird spannend werden“, sagt Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) mit Blick auf den neu gewählten Stadtrat. „Ich möchte Anliegen und Sachverhalte parteiübergreifend klären und mit allen Stadträten zusammenarbeiten.“

Konstituierende Sitzung wird am 4. Juli sein.

 

* vorläufiges Ergebnis