Stadtwerke Ein Hauch von Urwald

Ein Meer aus Pflanzen gedeiht im Atrium des Stadtwerkehauses Schönebeck. Die Volksstimme traf den Gärtner, der hinter dieser Oase steht.

Von Olaf Koch 22.07.2016, 16:45

Schönebeck l Die Daumen von Mario Lochmann sehen ganz normal aus. Sie sind gezeichnet von der Arbeit mit Erde, Grünpflanzen, Dünger und Gießkanne. Nur im übertragenen Sinne leuchten sie grün, verdammt grün sogar. Seit mehr als 16 Jahren pflegt Innenraumbegrüner die vier exotischen Gummibäume im Atrium des Stadtwerkehauses Schönebeck. Nicht nur mit Erfolg, sondern auch mit Leidenschaft.

Alle vier Wochen macht sich der 50-jährige Gärtnermeister auf eine 200 Kilometer lange Strecke. Mario Lochmann kommt aus Ronneburg bei Gera. Der Auftrag von den Stadtwerken Schönebeck ist ein Tageswerk. „Ich muss mich nicht nur um die vier Bäume kümmern, sondern um alle Grünpflanzen im Hause“, berichtet der Gärtner. Von den Mitarbeitern wird der Inhaber eines Geschäftes begrüßt wie ein Stadtwerker. Irgendwie gehört er schon dazu.

Schon beim Bau des Stadtwerkehauses hatte sich der Architekt für den Einbau von vier exotischem Bäumen entschlossen. Denn die Bodenplatte hat entsprechend der Bäume Aussparungen bekommen, so dass der Wurzelbereich in die gute Erde der Region eingewachsen ist.

Exportiert sind die Gummibäume aus Südostasien. Ein niederländischer Händler hat sich darauf spezialisiert. „Die Firma holt mit Schiffen diese exotischen Bäume aus dem asiatischen Raum und passt sie in riesigen Gewächshäusern in den Niederlanden den klimatischen Verhältnissen und dem nicht so starken Sonnenlicht in Mitteleuropa an“, erzählt Mario Lochmann. So geschah das auch mit den vier Schönebecker Bäumen Anfang des Jahres 2000. Als sie an die Elbe in das Atrium des Stadtwerkehauses geliefert wurden, wog ein Gummibaum rund 1,5 Tonnen.

Doch das Pflanzen reichte bei weitem nicht aus. Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem macht die vier Tropenbäume sozusagen autark. „Das Messsystem ist so programmiert, dass bei einer bestimmten Trockenheit ein Signal an das unterirdische Gießsystem erfolgt. Jeder Baum ist mit Messfühlern daran angeschlossen“, so der Experte, von denen es in der Region mit so viel Erfahrung über exotische Bäume für den Innenbereich nicht viele gibt. Innenraumbäume sind eben ein Nischenprodukte.

Auch bestimmte Ruhezeiten und die automatische Düngung sind im System programmiert. Weil das Licht im Atrium hauptsächlich von oben und von den beiden offenen Seitenflächen kommt, wachsen die Bäume in diese Richtung. Aus diesem Grund müssen sie einmal im Jahr extrem geschnitten werden. „Das ist wirklich erforderlich“, erzählt Mario Lochmann. „Wenn ich das nicht mache, sind die Kronen der Bäume zu stark mit Blättern ausgewachsen. Das würde dann wie ein Lichtschrim auf den untern Bereich wirken: Da würde kein Licht mehr hinfallen.“ Deshalb müssen die Kronen regelmäßig gelichtet werden. Das passiert im Februar oder März, damit die Bäume in den Sommer- und Herbstmonaten, wenn es viel Licht gibt, ordentlich wachsen können.

Im Herbst, so berichtet es Mario Lochmann, lassen die Bäume schon mal einige Blätter fallen. Dies ist nicht besorgniserregend, sondern gehört zum Wachszyklus der Tropenbäume dazu. In diesen Monaten rüttelt er zu Pflege schon mal an den Bäumen und fegt die herabgefallenen Blätter zusammen wie andere Gärtner auch.

Nur einmal in den vergangenen 16 Jahren musste sich Mario Lochmann ernsthaft Sorgen machen. „Das war damals 2013, als das Elbe-Hochwasser war. In dieser Zeit ist die gesamte Bewässerungstechnik ausgefallen, und die Bäumen haben sehr gelitten.“ Ziemlich satt sind zu dieser Zeit die Blätter gefallen, lange musste gebangt werden. Aber mit seinem „grünen Daumen“ konnte Mario Lochmann den kleinen tropischen Urwald retten.