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Sturmschäden Bleibt Gemeinde auf Kosten sitzen?

In Eggersdorf hat die Naturgewalt zugeschlagen, große Schäden angerichtet. Derzeit bleibt die Kommune auf den Kosten sitzen.

Von Dan Tebel 08.06.2018, 01:01

Biere/Eggersdorf l Insgesamt 127 Pappeln sind in der vergangenen Woche in der Feldlage Eggersdorf auf einer Strecke von rund 2,5 Kilometern einem sogenannten Fallwind  zum Opfer gefallen. Wie Streichhölzer hat es die 60 bis 70 Jahre alten und im optisch guten Zustand befindlichen Bäume auf die umliegenden Wege und Ackerflächen umgelegt. Weil die am Rötegraben befindlichen Gehölze komplett entwurzelt wurden, ist auch die Grabenböschung völlig zerstört und muss erneuert werden.

Bördelands Bürgermeister Bernd Nimmich vermutet einen Schaden im sechsstelligen Bereich – auf dem aktuell die Kommune sitzen bleibt. Die Gemeinde ist Grundstückseigentümer der Grabenflurstücke, auf denen sich der Schaden zugetragen hat. Die Grenzen der Grabenflurstücke sind nach einem Flurneuordnungsverfahren vor mehreren Jahren eindeutig festgelegt und bestimmt worden. Diese Gewässer 2. Ordnung sind für die Gemeinden wichtig, da sie Oberflächenwasser aus den Ortschaften aufnehmen. Pflege und Unterhaltung dieser Gewässer übernimmt der Unterhaltungsverband Elbaue im Auftrag der Gemeinde.

Der Unwetterschaden hat aber eine immense Größenordnung. Bernd Nimmich spricht von vier wesentlichen Kostenfaktoren, um die Schäden zu beseitigen. Zunächst müsse das Holz zur weiteren Verwendung aufbereitet, die Gräben geräumt werden. Nicht zu vergessen: Es handelt sich um eine Vielzahl gestandener, schwerer und unhandlicher Bäume, also „keine Aufgabe für unsere eigene Bauhoftechnik“. Nach Nimmichs Recherchen gäbe es wenige Fachfirmen in Sachsen-Anhalt, die mit so einer Aufgabe betraut werden könnten. „Danach müssen wir das Material aufbereiten und zerschreddern“, erklärt er weiter. Darüber hinaus müssen die schweren Wurzeln verladen und entsorgt werden – teilweise auch noch aus den Gräben heraus. „Das geht auch nur mit schwerer Technik, dazu haben wir gar nicht die Mittel“, stellt der Bürgermeister weiter fest. Als wäre das noch nicht alles, müssten laut Nimmich aber auch die zerstörten Böschungen wieder hergestellt werden. „Das ist alles einfach nicht zu leisten von der Kommune“, stellt er fest.

Gleich nach dem Vorfall habe er sich an die übergeordneten Behörden gewandt und um Unterstützung gebeten. Weiterhin gab es Gespräche mit betroffenen Landwirten und erste Kontakte zu Firmen für die Schadensbeseitigung. „Wir müssen uns ja bemühen, das Problem zu beheben“, erklärt er. Mit dem zuständigen Unterhaltungsverband Elbaue und der unteren Naturschutzbehörde des Kreises habe es vor Ort Besichtigungen gegeben. Viel kam dabei nicht herum – damit sollte die Odyssee beginnen.

Der Unterhaltungsverband hat auf Nachfrage der Volksstimme bis jetzt keine Rückmeldung zum Thema gegeben. Auf Volksstimme-Anfrage beim Kreis wird eindeutig auf die Sachlage verwiesen: „Für die erforderliche Schadensbeseitigung liegt die Verantwortung nicht beim Landkreis“, betont Sprecherin Marianne Bothe. Außerdem verweist sie darauf, dass dem Bördeland-Bürgermeister bereits geraten wurde, sich für eine mögliche Kostenerstattung an den Kommunalen Schadensausgleich (KSA) zu wenden.

Das tat Bernd Nimmich umgehend – ohne Erfolg. Die Versicherung ist für kommunale Schäden zuständig – aber „eine Haftpflichtversicherung versichert immer nur einen Schaden, den jemand (Kommune) einem anderen fahrlässig zugefügt hat, für den er also in der Haftung steht. Einen Elementarschaden/höhere Gewalt und deren Folgen zu beseitigen, das ist kein Haftpflichtfall“, erklärt Klaus Kocks von der KSA auf Nachfrage der Volksstimme. Heißt im Klartext: kein Geld für den entstandenen Schaden.

Allerdings gilt das auch für die Landwirte, da der Schaden auf ihren Flächen nicht durch die Kommune verursacht wurde. Hier ist auch noch alles offen. „Die Landwirte werden sicherlich auch Rechtsansprüche gegenüber der Gemeinde geltend machen“, befürchtet Nimmich, da auch hier der KSA nicht zuständig ist. Auf Volksstimme-Nachfrage beim zuständigen Bauernverband gab es bisher keine Antwort.

Der Bürgermeister fühlt sich mit der Problematik allein gelassen. Es gäbe keine Ansprechpartner, moniert Nimmich. „Jeder versucht, das Problem von sich weg zu schieben.“ Mittlerweile habe auch er sich Rechtsbeistand zum bestehenden Problem eingeholt. „Wir haben viele solcher Flurstücke mit altem Baumbestand im Bördeland und wir sind nicht in der Lage, den Pflegeaufwand finanziell und materiell rundum leisten zu können“, erklärt Nimmich und äußert Bedenken, dass dies jederzeit andernorts passieren könne. „Das Problem muss auch langfristig gelöst werden“, fordert er und fragt sich, ob nicht seitens des Landes ein Hilfsfonds für Kommunen bei Unwetterschäden zur Verfügung stehe. Das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft will auf eine Anfrage der Volksstimme noch antworten.