Tasse Kaffee Lebensfreude und Kraft

Pfarrerin und Marathon-Frau: Seit 2001 ist Annett Lazay Vorsteherin des Burghofes Schönebeck.

Von Ulrich Meinhard 04.09.2016, 04:43

Schönebeck l Da ist so eine Strahlkraft, die sofort auffällt. Wer Annett Lazay trifft, ihr gegenüber steht, mit ihr redet, spürt eine große innere Kraft. Eine Lebensfreude vielleicht? „Oh ja, ich habe große Freude. Gerade in der jetzigen Lebensphase“, versichert die 55-Jährige. Ab 50 aufwärts, das ist ihre Erfahrung, laufe alles entspannter ab.

Sie wisse halt viel besser als noch vor 20 oder 30 Jahren, wo sie im Leben steht. „Außerdem muss ich nicht mehr zwingend neue Herausforderungen annehmen. Ich kann sie mir aussuchen. Meistens jedenfalls“, lächelt die Mutter von drei erwachsenen Kindern. Ihr berufliches Credo bringt die Vorsteherin des Diakonievereins Heimverbund Burghof auf diese Formel: „Der Burghof mag mich und ich mag den Burghof.“

Das Licht der Welt erblickte Annett Lazay 1961 im sächsischen Radeberg. Eine Stadt, deren Name sich mit einer Biermarke verbindet. Doch mit diesem Getränk muss man ihr nicht kommen. Der intensive Geruch des Maischens und Gärens hat sich dem Mädchen so intensiv eingebrannt, dass er auch noch heute jeden Appetit auf den Gerstensaft verhagelt. Trotz eines Studienplatzes für Stomatologie in Berlin schwenkte Annett Lazay 1980 um. Die Vorstellung, ein ganzes Arbeitsleben lang in einem Dentallabor unter DDR-Mangelbedingungen zu stehen, erschien ihr höchst unangenehm. Statt jahrzehntelang Zahnersatz zu modellieren, entschied sie sich für ein Theologiestudium in Greifswald. Das war der richtige, der passende Schritt.

Das Studium half, die Beziehung, ihre Beziehung zum Schöpfer der Welt zu intensivieren, zu formen, zu ordnen. Gott lebt? Die Pfarrerin belächelt die Frage und holt zur Antwort ein bisschen aus. „Ich bin keine fromme Frau im herkömmlichen Sinn, aber ich weiß, dass es Gott gibt und ich weiß, dass er die Menschen liebt. Auch mich.“ Eine Gottesvorstellung sei nur in einer Beziehung zu Gott zu denken. Denn genau das sei der Punkt: Gott und Mensch leben von und in Beziehung. Ein Gott ohne Beziehung zu Mensch und Landschaft und Tieren sei für sie nicht denkbar. Gott braucht ein Gegenüber – das findet er im Menschen. Und umgekehrt gelte Gleiches, wenn der Mensch es denn möchte.

Ziel ihres Theologiestudiums war der Pfarrdienst, sagt Annett Lazay. Vikariat und ihre erste Pfarrstelle trat sie 1985 in der Altmark an, kam 1991 nach Staßfurt, dann nach Löderburg, schließlich nach Schönebeck. Zur Diakonie kam die 55-Jährige – wie sie es einschätzt – nicht durch Zufall, sondern als Geschenk des Himmels.

Sie war mehrere Jahre ehrenamtlich im Vorstand des Diakonievereins tätig, als die Stelle der Vorsteherin im Burghof frei wurde. Sie bewarb sich und wurde genommen, das war 2001. In den ersten acht Jahren nahm sie neben ihren Leitungsaufgaben auch den pastoralen Dienst wahr. Inzwischen zeichnet Gemeindepfarrer Götz Beyer für die seelsorgerischen Aufgaben verantwortlich. „Ich bin aber nach wie vor auch Pfarrerin. Und das mit Leib und Seele“, betont Annett Lazay.

Wichtig sind ihr Familie und Freundeskreis. Was sie nicht mag, sind faule Menschen. Es ist noch gar nicht so lange her, da stand Annett Lazay im Starterfeld für Marathonläufe. „Ich habe dafür trainiert und wollte unter vier Stunden bleiben. Das habe ich geschafft“, sagt sie zufrieden. Das sei ein umwerfend tolles Gefühl gewesen.