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Tradition Kutschen-Ringreiten für gute Laune

Trotz großer Hitze zählten die Gnadauer Reitertage 150 Starts mit Teilnehmern aus 25 Vereinen.

Von Thomas Linßner 06.08.2018, 18:52

Gnadau l Obwohl die Verantwortlichen des Pferdesportes längst nicht solche Nachwuchssorgen haben - wie viele andere Sportvereine - müssen sie sich ständig etwas einfallen lassen, um die Teilnehmer von Wettkämpfen bei Laune zu halten. Denn hier spricht die Statistik eine eindeutige Sprache. Verzeichneten die Veranstalter vor fünf Jahren mit rund 250 Starts bei den Gnadauer Reiter- und Fahrertagen eine Rekordbeteiligung, waren es am Wochenende hundert Starts weniger. Eine zwar immer noch eine stattliche Anzahl, die aber einen Trend aufzeigt. Was im konkreten Fall aber nicht zuletzt der Sommerhitze geschuldet war, die Ross und Reiter einiges abverlangte.

So organisierten die Gnadauer in den Vorjahren einen Spaß-Wettkampf für das Abendprogramm, der sich Jump & Drive nannte. Dabei mussten die Damen und Herren, die kurz zuvor noch ganz seriös mit ihren Pferden unterwegs waren, auf Auto oder Fahrrad umsteigen, um einen Parcours zu absolvieren.

In diesem Jahr hat kein Geringerer als Vereinschef Wolfgang Schoenebaum eine schöpferische Auszeit an der Ostsee genommen, um eine neue Sportart zu kreieren. Dabei kam das „Kutschen-Ringreiten“ heraus. Und glaubt man den Gnadauer Veranstaltern, sei dieses Unikum einzigartig. Wobei Schoenebaum weg von Fahrrad und Auto wieder zu den reitsportlichen Wurzeln gefunden hat. Das „Kutschen-Ringreiten“ macht seinem Namen Ehre: An einem Ringreitgalgen hängen drei Ringe. Derweil die beiden äußeren von nachfolgenden Reitern aufgespießt werden mussten, war der mittlere für den Kutschen-Beifahrer reserviert. Letzterer musste sich bei rasanter Fahrt mit einer Hand festhalten, mit der anderen nach dem Ring zielen. Und das bei ziemlichen Karacho. Damit die Teilnehmer nicht zu langsam fuhren oder ritten, hatte Vereinschef und Spieleerfinder Schoenebaum nach einer Proberunde die maximale Parcoursgeschwindigkeit festgelegt: 25 Sekunden. Als „Schikane“ standen an der Kurve zwei Kunststoffkegel, deren Berührung fünf Strafsekunden kostete.

Hätte er vermutlich nicht machen müssen, da die sechs Teams so motiviert waren, dass sie mit einem Affenzahn unter dem Ringreitgalgen durch fegten. Was sehr zur Freude der Zuschauer geschah, die mehrfach Szenenapplaus zollten. Auch den Gesichtern der Akteure konnte man trotz Gegenlichts den Spaß ablesen.

Moderiert wurden die Reitertage 2018 (natürlich wieder) von Volker Brosius. Der leidenschaftliche Kunstradsport-, Rassegeflügel- und Pferdefan, der seine eigenen Rösser wettkampffrei privat bewegt, kommt mittlerweile auf acht Veranstaltungen pro Jahr, bei denen er fachgerecht und niemals langweilig den Ton angibt. Der aus Kleinmühlingen stammende Brosius ist mittlerweile ein Markenzeichen für qualitätsgerechte Pferdesport-Moderation. „Ich war als Kind schon begeistert, wenn die Ringreiter bei uns unter den Linden entlang ritten“, erinnert sich der 59-Jährige. Das geschah wie auch in der Pömmelter Dorfstraße auf unbefestigtem Boden, der „herrlich staubte“.

Amüsiert berichtet Volker Brosius von typischem DDR-Improvisationstalent, wenn es um die Kennzeichnung der Rösser ging. „Die Startnummern, die früher den Pferden am Kopf befestigt wurden, haben wir schön groß auf Bierdeckel geschrieben.“

Wobei diese Gabe auch heute noch ein wenig den älteren Organisatoren in den Knochen steckt. So bestehen in Gnadau die unterschiedlich großen Ringreiter-Ringe aus ... geriffeltem Monierstahl, wie er zur Bewehrung von Beton verwendet wird.