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Verkehr Kleines Problem, große Auswirkung

Wenn Behinderten-Parkplätze ungerechtfertigt blockiert sind, wird’s für Betroffene schwer

Von Andre Schneider 01.02.2021, 23:01

Schönebeck l Volksstimme-Leser Deniss Seymeler kennt das Problem nur zu gut. Er ist selbst eingeschränkt und auf gut ausgebaute Parkplätze angewiesen. Diese sind aber häufig zugeparkt. „Es ist im Grunde genommen nur eine Kleinigkeit, aber für uns Menschen mit Handicap ein großes Problem“, beschreibt es Seymeler.

Der Schönebecker fragt sich, warum die Mitarbeiter des Ordnungsamtes nicht handeln und notorische Falschparker abschleppen lässt. Die gesetzliche Grundlage dafür sei gegeben. Er habe bereits mehrfach Beschwerde bei den Mitarbeitern vor Ort sowie bei Fachbereichsleiter René Nickel eingereicht – zuletzt über den Vorsitzenden des Allgemeinen Behinderten-Verbandes Sachsen-Anhalt (Abisa), Frank Schiwek.

„Die Verkehrsüberwachung durch Einsatzkräfte des Sicherheits- und Ordnungsamtes und durch Einsatzkräfte der Polizei findet bedarfsgerecht statt“, teilte Ordnungsamtsleiter René Nickel auf Volksstimme-Anfrage mit. Die Ahndung von Verstößen, die laut Ordnungsamt auf dem ganzen Stadtgebiet passieren würden, läge laut Nickel im „pflichtgemäßen Ermessen der Sicherheitsbehörden“. Sie müsse „geeignet, erforderlich, angemessen sein und dem Grunde nach verhältnismäßig“.

Was bedeutet das konkret? Nach eigener Aussage macht das Ordnungsamt durchaus vom Abschleppen mit einem externen Unternehmen Gebrauch. Doch nicht in jedem Falle sei das erforderlich. Denn in der Praxis seien die meisten Verstöße nur von kurzer Dauer. Das ist wohl der Klassiker: eine kurze Besorgung, mal eben zur Bank oder zum Bäcker. Dieses kurze Stelldichein wird dann aber teurer – ein Bußgeld wird fällig. „In der Regel wirken die verhängten Verwarn- und Bußgelder so, dass eine Disziplinierung des einzelnen Verkehrsteilnehmers verbunden mit einer gesteigerten Selbstdisziplin erreicht wird und zukünftige Verstöße dadurch verhindert werden“, so Nickel.

Ist das Problem also doch nicht so groß, wie zunächst angenommen? „Generell werden im Rahmen unserer Beratungstätigkeit derzeit keine Beschwerden hinsichtlich der Parkproblematik in der Stadt an uns herangetragen“, berichtet Frank Schiwek vom Allgemeinen Behindertenverband Sachsen-Anhalt (Abisa) mit Sitz in Schönebeck. „Aus Selbstbeobachtungen kommt es öfter vor allem vor großen Einkaufsmärkten zu unberechtigten Nutzungen von Behindertenparkplätzen.“ Hier sei vor einer Ahndung des Falschparkens aber im Einzelfall zu klären, ob es sich um einen öffentlichen Parkplatz handelt oder ob der Parkplatz eine private Fläche ist. Grundsätzlich gilt nämlich, dass nur der Eigentümer Falschparken ahnden – sprich eine Abschleppung veranlassen – kann.

Dabei dürfte für jeden Autofahrer ersichtlich sein, wo ein Parkplatz für Menschen mit Einschränkungen angelegt ist. Gemäß der so genannten Garagenverordnung gelten ganz spezielle Maße für einen Stellplatz für Menschen mit Einschränkungen. Darüber klärte Hochbau-Ingenieur Thomas Schüler im Gespräch mit der Volksstimme auf. Grundsätzlich seien, so Schüler, solche Flächen ordnungsgemäß zu kennzeichnen und sie sollten sich in der Nähe barrierefreier Zugänge von Gebäuden befinden. Sie müssen mindestens 350 Zentimeter breit und mindestens 500 lang sein. Wird zusätzlich ein Stellplatz für einen Kleinbus vorgesehen, muss dieser mindestens 350 Zentimeter breit und mindestens 750 lang sein sowie eine nutzbare Mindesthöhe von 250 Zentimeter aufweisen.

„Außerdem sollte der Belag natürlich beroll- und befahrbar sein“, weiß der Experte. Flache Elemente, die zudem möglichst rutschfest sind, seien ebenfalls vorteilhaft. Natürlich sollten die Stellplätze auch gut erreichbar sein.

Doch es gibt, so Schiwek, noch ein anderes Problem mit den speziellen Parkplätzen. „Generell sehen wir als Behindertenverband den Kreis der Nutzer als zu eng gefasst.“ Schiewek und seinen Mitstreitern seien eine Reihe von Erkrankten bekannt, die auf Nutzung eines speziellen Parkplatzes angewiesen seien. Sie fallen allerdings beim Integrationsamt durchs Raster und bekommen keinen entsprechenden Parkausweis. Als Beispiel nennt er Nutzer von Rollatoren, „die zum Ein- und Aussteigen die Türen ihrer Fahrzeuge komplett öffnen müssen“. Bei normalen Parkplätzen ist das schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit