Covid19 Extra-Schicht im Labor

Im Zentrallabor in Bernburg werden derzeit Extra-Schichten geschoben. Die Experten vor Ort erwarten noch einen arbeitsintensiven April.

31.03.2020, 23:01

Bernburg l „Die Mitarbeiter sind durch die aktuelle Lage zwar ein wenig unter Druck, aber die Stimmung unter den Kollegen ist gut“, sagt Dr. Mark Wasner. Der technische Leiter der Mikrobiologie im Testlabor Bernburg hat wegen Corona Extra-Schichten eingerichtet.

Das Zentrallabor ist zuständig für die Ameos-Kliniken Bernburg, Schönebeck, Halberstadt und Haldensleben und befindet sich am Krankenhaus in der Kustrenaer Straße in Bernburg. Hier werden alle Blut-, Gewebe- und Abstrichproben untersucht, die nicht per Schnelltest in den einzelnen Kliniken vor Ort machbar sind. Das Zentrallabor wurde vor einem Jahr neu eröffnet und entspricht den modernsten Ansprüchen. Um die 1000 Blutproben allein treffen hier täglich aus den vier Kliniken ein.

Wegen Covid-19 sind mit aktuell 2,5 Mitarbeitern pro Schicht mehr als sonst im Einsatz. „Das Labor ist von 6 bis 22 Uhr besetzt“, erklärt Dr. Mark Wasner. „Wir haben aber noch Reserven, falls es noch extremer wird.“ Der große lichte Raum hat mehrere Arbeitsplätze mit Mikroskopen, Maschinen und Computern.

An der Wand steht ziemlich unscheinbar ein Tisch mit etlichen Druckverschlussbeuteln, die je mit einem anderen Datum beschriftet sind und etliche Abstrichproben enthalten. Pro Tag testet das Team von Dr. Wasner 300 bis 450 Abstriche auf Covid-19. Diese werden nicht nur stündlich aus dem Testzentrum in Bernburg abgeholt, sondern kommen auch aus Haldensleben, Alfeld und Halberstadt.

Schritt Nummer 1 für den Covid-19-Test ist ein Computerarbeitsplatz. Eine Laborantin scannt den Barcode jeder einzelnen Probe am Computer ein und hat die Patienteninformationen gleich auf dem Bildschirm. Danach geht es für die Proben in einen kleinen Raum. Hier werden alle Arten von Abstrichen untersucht, auch Influenza und Co. „Wir haben wirklich auch jede Menge Influenza-Erkrankte zur Zeit“, sagt Dr. Wasner.

Eine Mitarbeiterin huscht zwischen den verschiedenen Arbeitsplätzen hin und her, schaut auf den Laptop und kontrolliert einen Apparat, der aussieht wie eine große Brutmaschine für Eier.

Im Schritt Nummer 2 muss man erstmal die Spreu vom Weizen trennen. „Aus der Flüssigkeit vom Abstrichtupfer müssen wir jetzt sauberes Material herausbekommen“, erklärt Dr. Wasner. Genauer filtert die Laborantin aus dem Abstrich die Nukleinsäure heraus, die die genetische Information enthält und schließlich auch den Corona-Virus in der Erbinformation nachweisen kann. Diese „Nukleinsäure-Extraktion“ können die Mitarbeiter sowohl per Hand, als auch von einem Automaten durchführen lassen.

Per Hand sind die Laboranten tatsächlich schneller: An einer Sicherheitswerkbank mit Schutzwand und Luftabsaugung holen sie das Testmaterial mit einer Pipette aus dem Röhrchen. Ein Mitarbeiter schafft per Hand bis zu 48 dieser Vorgänge in einer Dreiviertelstunde.

Zur Gefährlichkeit dieser Aktion sagt der Laborleiter: „Es ist wahrscheinlicher, sich beim Mittagessen bei einem Kollegen anzustecken, als an diesen Proben. Von ihnen geht gar kein Risiko aus.“

Der Extraktionsautomat, der denselben Vorgang vollautomatisch erledigt und der aussieht wie ein großer Brutkasten, schafft bis zu 72 Proben in drei Stunden. Er fährt mit diversen Apparaturen über ein Kästchen, in dem die Proben stecken, und zieht die gewünschten Nukleinsäuren mit den Geninformationen per Magnet heraus.

Bei Schritt Nummer 3 kommt dann die Maschine zum Einsatz, die das Corona-Virus an sich erkennt. Die Maschine ist kleiner und hat etwas von einem Waffeleisen. Das Instrument für die sogenannte „quantitative Echtzeit-PCR“ (oder „real-time quantitative PCR) hat Einfassungen für bis zu 96 Proben.

Mit Hilfe des Wechsels von Wärme und Kälte simuliert der Apparat die Reproduktion von DNA in Form einer Kettenreaktion über mehrere Zyklen. Weil Fluoreszenzstoff beigemischt wird, wird die Entwicklung der fraglichen Virus-DNA innerhalb eines „Laufes“ sichtbar. Dr. Wasner erklärt: „Im Apparat ist eine kleine Kamera angebracht, die sich jede einzelne Probe von oben anschaut. Während der Reaktion werden bestimmte Farbstoffe freigesetzt.“

Am Laptop neben dem Apparat kann der Molekularbiologe einzelne Proben oder Reihen von Proben auswählen und beobachten. Mit der Zeit schlagen einzelne farbige Linien immer deutlicher aus und belegen so Covid-19. Dr. Wasner schaut sich jeden Lauf persönlich an, ist dazu seit 14 Tagen jeden Wochentag 16 Stunden im Dienst.

„Nach diesem Schritt erfolgt noch die Negativkontrolle beziehungsweise die Positivkontrolle“, erklärt Dr. Wasner. Jedes Testergebnis wird also noch einmal validiert.

Alles in allen braucht eine Probe fünf Stunden Laborarbeit, mit Vorbereitung, Test und Nachbereitung. In den ersten zwei Wochen (17. bis 27. März) wurden in dem Bernburger Labor 2200 Abstriche aus den Testzentren Bernburg, Haldensleben, Alfeld und Halberstadt auf Covid-19 getestet, darunter waren 22 positiv.

Nach dem Test werden alle Proben aufgehoben. Die Positivproben werden benutzt, um die Funktionstüchtigkeit des eigenen Testsystems zu überprüfen, also mit neuen Positivproben verglichen. Die Negativproben werden nur für eine kurze Zeit aufbewahrt, falls es Rückfragen gibt.

Die Befunde werden schließlich von Ameos per E-Mail oder Post an die Getesteten gesendet. „Aktuell wird auch daran gearbeitet, dass das Ergebnis per App übertragen werden kann“, so Dr. Wasner.

Der Laborleiter ist der Auffassung, dass der große Schwung an positiven Corona-Fällen erst noch kommt. „Es hat in Sachsen-Anhalt in den großen Städten begonnen und schwappt nun langsam auf den ländlichen Raum über.“ Das bestätigen auch die Erkenntnisse des Landesamtes für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt: Magdeburg mit dem Landkreis Börde und Halle hatten zuerst die meisten Fälle pro Einwohner. Im Salzlandkreis trifft Corona wie in anderen ländlichen Gegenden später ein.

„Die Anzahl der positiv Getesteten wird weiter in die Höhe gehen“, meint der Experte. „Auch hier im Salzlandkreis werden die Zahlen noch steigen.“ Das Testlabor in Bernburg sei gut vorbereitet. Abstrichtupfer und Co. sind vorhanden, auch andere Krankheiten wie Influenza werden trotz Corona weiter bearbeitet. „Wir können schließlich trotz Krise nicht alles andere stehen und liegen lassen“, meint der Fachmann. Aktuell sei man für 10 000 weitere Tests im Labor ausgestattet.

„Es wird ein heißer April“, vermutet Dr. Wasner, was die Arbeit im Labor betrifft. „Und das wird sich bis in den Mai hinein ziehen.“ Dennoch müsse man immer bedenken, wie wenig Fälle und Tote Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern aufweise.

Im Sommer werde die Anzahl der Infizierten wegen der warmen Temperaturen, die das Virus nicht verträgt, und wegen Maßnahmen wie Kontaktverbot und Quarantäne abflachen. „Dann kommt die zweite Welle im Herbst“, vermutet Dr. Wasner zum weiteren Verlauf.

Der Laborleiter geht wie andere Experten davon aus, dass das Virus dann wieder aufflammen wird. „Je mehr Menschen sich jetzt infizieren, desto weniger werden es im Herbst und umgekehrt.“