Jobmesse Digitale Berufsfindung

Anrufe und E-Mails, statt Händeschütteln vor Ort. Das ist das Motto des digitalen Studien- und Berufsorientierungstages in Staßfurt in 2020.

Von Enrico Joo 29.09.2020, 08:48

Staßfurt l Wer sich an die eigene Schulzeit zurückerinnert, weiß ganz genau, wie schwierig diese Fragen zu beantworten sind. Was möchte ich einmal werden? Was macht mir Spaß? In welcher Branche kann ich mich beruflich am besten verwirklichen?

Kleine Jungs wollten früher immer Polizist, Pilot oder Feuerwehrmann werden. Bei Mädchen stehen Ärztin, Tierärztin oder Lehrerin ganz oben. Jungs wollen also anpacken in einem Job, der Abenteuer verspricht. Mädchen helfen und Gutes tun. So jedenfalls das Klischee. Je älter die Kinder werden, desto öfter werden Berufswünsche überarbeitet. Im Idealfall kommt das Kind aus der Schule und hat einen klaren Plan, wohin die berufliche Reise gehen soll.

Wer diesen Plan (verständlicherweise) nicht hat, kann sich in Staßfurt seit Jahren beim Studien- und Berufsorientierungstag (SBOT) umschauen. Über 1000 Schüler, über ein Dutzend Schulen und mehrere Dutzend Unternehmen kamen daher immer im September zusammen. Unternehmen fanden frisches Personal, Jugendliche konnten sich direkt informieren. Nicht nur Schulen aus Staßfurt, sondern auch aus Aschersleben, Güsten, Egeln oder Schneidlingen nahmen daran teil. „Es strahlte über Staßfurt hinaus, kam gut an und war gut etabliert“, sagt Christian Schüler, Leiter der Wirtschaftsförderung. Auf der anderen Seite waren es bis zu 60 Aussteller, die sich präsentieren wollten. Nicht nur Firmen, sondern auch Universitäten und Hochschulen. „Es fußt auf dem Netzwerkgedanken und ist immer mehr gewachsen“, so Schüler.

Als das Jahr 2020 begann, war auch alles noch normal planbar. „Wir haben Anfang des Jahres die Information an die Schulen und Unternehmen herausgeschickt, dass wir in diesem Jahr den zehnten Studien- und Berufsorientierungstag durchführen wollen“, erzählt Schüler. Ein Jubiläum stand also sogar an. Wie immer war eine Präsenzmesse geplant. Diesmal am 15. September 2020. Der Termin stand schon. „Doch dann kam Corona. Zwischen März und Anfang Juni haben wir nicht gewusst, was wir machen. Aber irgendwann mussten wir entscheiden“, so Schüler. „Wir wussten, dass wir eine Präsenzmesse unter den geltenden Regeln, wie zum Beispiel den Mindestabstand, nicht verantworten konnten.“ Schnell war also klar: Eine Messe vor Ort mit Ständen, an denen sich Menschen begegnen und austauschen, kann es in der Form nicht geben.

Welche Alternativen gibt es? Natürlich musste darüber nachgedacht werden, die Messe rein digital durchzuführen, optimiert für Smartphones. „Wir haben schnell eine Firma aus Magdeburg gefunden, die Online-Messen bereits in der Informatik umgesetzt hat“, erzählt Schüler. Dieses System wurde in Staßfurt weiter entwickelt. „Vor Beginn der Sommerferien haben wir darüber informiert, dass es in diesem Jahr eine Online-Messe geben wird“, so Schüler. Im Juli also. „Wir haben erst herumtelefoniert, dann gab es ein Briefing. Wir hatten relativ schnell viele positive Rückmeldungen“, sagt Stefan Beyer von der Wirtschaftsförderung. Sowohl von den Unternehmen als auch den Schulen.

Der Vorteil: Das System ist flexibel. Die Messe wird nun nicht nur an einem einzigen Tag, sondern verteilt auf einen ganzen Monat stattfinden. Der zehnte SBOT, der in 2020 ein SBOT+ ist, wird den ganzen Oktober durchgeführt. Am 1., 7. und 14. Oktober finden sogenannte Präsenztage statt. An diesen Tagen stehen die angemeldeten Unternehmen bereit und warten auf Rückmeldungen der Schüler. Pro Tag sind fünf Schulen dran, die in fünf Stunden in Kontakt mit den Unternehmen treten. Jede Schule hat also eine Stunde Zeit. Die Jugendlichen können sich dabei per Web-Anwendung informieren und dann direkt Kontakt aufnehmen. Im Unterricht wird der SBOT+ direkt in den Unterricht integriert. Theoretisch ist es sogar möglich, dass die Berufssuchenden außerhalb des Unterrichts Kontakt zu den Unternehmen suchen. Der digitale neue Anstrich bietet also sogar neue Möglichkeiten, die eine normale Messe nicht bietet.

Das Erfolgskriterium sind die Endgeräte. 98 Prozent der Schüler haben ein Smartphone. Mit diesem können die Schüler am Präsenztag am SBOT+ teilnehmen. Aber auch mit einem Tablet von der Schule oder im Computer-Kabinett ist die Teilnahme möglich.

Wie funktioniert der SBOT+ und wie kommt er bei den Schulen an? Das erfahren Sie im zweiten Teil unserer Serie.