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Jugendclub Keine Lobby für die Jugendarbeit?

Ab dem neuen Jahr gelten in den Jugendclubs in Glöthe und Neundorf verkürzte Öffnungszeiten, weil Maßnahmen auslaufen.

26.12.2018, 23:01

Glöthe/Neundorf l Drinnen brennt noch Licht. In der Turnhalle am Jugendclub in Glöthe herrscht am dunklen Wintertag fleißiges Gewusel. Patrick, Leon, Theo und Marcel tun, was sie am liebsten machen. Sie spielen Fußball. Der eine trägt ein Shirt vom 1. FC Magdeburg, der zweite eines vom lokalen Landesklasse-Team TSV Grün-Weiß Kleinmühlingen/Zens. Einen Raum weiter auf der gemütlichen Couch sitzt Lucienne. Sie „chillt“ auf neudeutsch, ist mit dem Handy beschäftigt. Das Angebot in Glöthe ist vielfältig und wird gut genutzt. An guten Tagen sind es 15 bis 20 Jugendliche, die in den Jugendclub strömen.

Doch ab dem 7. Januar, wenn die städtischen Jugendclubs wieder öffnen, brechen neue Zeiten an. Statt fünfmal wird die Einrichtung nur noch zweimal in der Woche geöffnet haben. Jeweils Montag und Mittwoch von 14 Uhr bis 18 Uhr. Auch für den Kinder- und Jugendclub Neundorf gibt es verkürzte Öffnungszeiten. Statt fünfmal wird dieser dreimal die Woche öffnen (Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 14 bis 18 Uhr).

Warum die Stadt zu dieser Maßnahme greift? Zwei sogenannte SOTA-Maßnahmen – also über das Jobcenter geförderte Arbeitskräfte – fallen an beiden Standorten zum Jahresende weg und wurden vorerst ersatzlos gestrichen. Dass die beiden Jugendclubs nicht ganz schließen, liegt in Glöthe am Engagement der Landjugendpflegerin Kerstin Vollmer, die zwei Tage in der Woche die Betreuung übernimmt. In Neundorf geht es weiter, weil Sabine Stieling, die bisher über das Jobcenter angestellt war, als Ehrenamtliche weiter macht. „Ich bin so glücklich, dass ich sie habe“, sagt Vollmer. Der größte Schaden konnte so abgewendet werden.

Trotzdem fällt das Echo freilich überall negativ aus. In Glöthe war die Verkürzung sofort Gespräch unter den Jugendlichen. Sie sind nicht begeistert. „Das ist schade, dass es nur noch zweimal offen ist“, sagt der 17-jährige Leon Herzberg. „Es gibt keinen anderen Treffpunkt. Dann bleibt man eben zu Hause.“ Deutlicher wird der 16-jährige Marcel Hackethal: „Das ist Mist“, sagt er. Theo Lüddecke (17) wirft ein: „Aber lieber zweimal als gar nicht.“ Die Jugendlichen nutzen den Jugendclub, um ihre Freunde zu treffen. „Das ist eine Art erweitertes Kinderzimmer“, so Vollmer. „Diese Konstante ist unheimlich wichtig. Das sind teilweise Außenseiter in der Gesellschaft, die einen geschützten Raum brauchen.“ Und dabei kommen die Teens nicht nur aus Glöthe, sondern auch aus Calbe, Atzendorf, Großmühlingen und Förderstedt.

Wie es weiter geht? „Wir sind in Gesprächen mit dem Jobcenter. Da ist aber noch nichts spruchreif“, erklärt Stadtjugendpflegerin Jessica Krengel-Lienau. Übergangsweise muss es so funktionieren. Dabei ist der Wille auch in der Stadtverwaltung vorhanden, an breiten Öffnungszeiten und einem dichten Netz an Jugendclubs festzuhalten. „Die Ressourcen fehlen. Uns sind finanziell die Hände gebunden“, sagt Ina Siebert, Fachdienstleiterin Schule, Jugend und Kultur. Ideal wäre es natürlich, wenn mehr Festangestellte eingestellt werden würden. Doch das Geld ist nicht da. „Uns fehlt da auch ein bisschen die Lobby in der Jugendarbeit“, sagt Siebert. Mehr Druck aus den Gremien und den Ortschaftsräten könne vielleicht auch im Stadtrat zu einem Umdenken führen.

Doch trotz der negativen Neuigkeiten läuft die Jugendarbeit reibungslos. „Es sind keine gravierenden Aufgaben liegen geblieben. Wir haben unsere tägliche Arbeit geschafft“, sagt Krengel-Lienau. „Aus den wenigen Kapazitäten haben wir noch das Beste gemacht.“ Aber auch die Stadtjugendpflegerin war metaphorisch gesehen ständig mit der Gießkanne unterwegs, um kleine Brände zu löschen. „Das Problem ist, dass wir an vielen Punkten auf Maßnahmen angewiesen sind“, erklärt Ina Siebert.

Trotzdem braucht es Visionen. Ein großes Ziel für 2019 ist die Fortschreibung des Kinder- und Jugendentwicklungsplan für 2020. Strukturen und Voraussetzungen müssen geschaffen werden. Gerne würde auch Jessica Krengel-Lienau weiter planen. „Aber langfristige Projekte sind nicht möglich.“