Juniorwahl Gymnasium kann‘s!

Am Staßfurter Gymnasium haben 437 Schüler gewählt. Ein Wahlteam hat die Juniorwahl wochenlang vorbereitet.

21.09.2017, 16:52

Staßfurt l In der Aula des Staßfurter Gymnasiums geht es am 21. September zu wie in einem Wahllokal. Schon am Eingang der Schule lädt „Hans“ zur Wahl. „Hans“ ist das Maskottchen, das sich der aus Schülern bestehende Wahlvorstand hier ausgedacht hat. Mit dem Spruch „Hans kann‘s“ wird dafür geworben, an der Juniorwahl teilzunehmen, eine Aktion zur politischen Bildung der künftigen Wähler. Denn was Hans kann, können andere schon lange.

Fakt ist schon: Auch das Gymnasium kann‘s! Die Wahlbeteiligung liegt bei 83,5 Prozent. 437 von 523 Schülern haben an der Juniorwahl teilgenommen. Das Stimmverhalten habe auch keine Überraschungen gezeigt, kann der Wahlvorstand schon verraten. Das genaue Ereignisses können die Schüler noch nicht mitteilen, denn es handelt sich um eine bundesweite Aktion, die alle Ergebnisse erst am Wahlsonntag ab 18 Uhr auf ww.juniorwahl.de veröffentlicht sehen will.

In der Aula sind am Donnerstag verschiedene Wahlurnen und Wahlkabinen aufgebaut. Schüler haben Zettel mit Namen vor sich, machen Häkchen und warten auf neue „Wähler“. Und eine kleine Gruppe singt zur Gitarre einen „Wahlsong“.

Hintergrund ist wie an 125 weiteren Schulen in Sachsen-Anhalt die Juniorwahl als bundesweite Aufklärungskampagne. Mit dem Bundestagspräsidenten und der Bundeszentrale für politische Bildung wird an über 4000 Schulen in ganz Deutschland „probegewählt.“ Organisator ist der Verein Kumulus, im Land Sachsen-Anhalt wird sie ausgerichtet vom Bildungsministerium und der Landeszentrale für politische Bildung.

Florian Krebs und seine acht Mitstreiter haben einen Wahlteam gebildet, sie führen die Wahl mit Anleitung ihres Lehrers für Sozialkunde durch. „Wir haben ein Maskottchen für die Wahl entworfen“, sagt Florian Krebs die Figur des „Hans“. Das Maskottchen „Hans“, das seit Tagen für die Juniorwahl am Gymnasiums wirbt, gibt es nicht nur auf Plakaten und Flyern, sondern vor allen in sozialen Netzwerken. Auf Twitter, Instagram und Co. haben die Schüler für die Juniorwahl aufmerksam gemacht und mehrere hundert Abonnenten gehabt, die ihnen auf diesen Kanälen gefolgt sind. Dafür war eine eigene Mediengruppe zuständig.

Janica Hess wiederum hat einen eigenen Wahlsong komponiert, den sie mit ihren Mitschülern live in der Wahl-Aula singt: „Nimm Deine Stimme in die Hand. Setze Deine Kreuze mit Verstand. Nur so kannst du mitbestimmen und unsere Welt in Ordnung bringen...“

Nicht nur die komplette Wahlvorbereitung, auch die Aufklärung über die Ziele der Parteien waren Schwerpunkt der Aktion zur Juniorwahl. So gibt es nicht nur Plakate mit Aufschriften wie „Hans kann‘s“ oder „Hans geht wählen und jeder Lauch kann‘s auch“. Der Wahlvorstand hat auch die Parteiprogramme zerlegt. „Wir haben geschaut, wie sich die Parteien zu den Themen, die uns interessieren, verhalten, zum Beispiel Umwelt oder Digitalisierung“, erklärt Florian Krebs.

Jetzt haben die neun Schüler vom Wahlteam den ganzen Vormittag durchorganisiert: Die Klassen 8 bis 12 haben sich bei ihnen zum Wählen angemeldet. Aus den Klassenlisten haben sie ein richtiges Wählerverzeichnis angelegt. So kann nicht nur das politische Stimmungsbild am Gymnasium ermittelt werden, sondern auch der Prozentsatz der Wähler und Nicht-Wähler, Stichwort Wahlbeteiligung. Weil hier die Lehrer mit im Boot waren, hat man auch sicher auch diese hohe Wahlbeteiligung von über 80 Prozent erreicht.

„Wir haben aber auch darauf hingewiesen, dass keiner wählen muss“, betont Sozialkundelehrer Matthias Mann. Zuvor war das Wahlteam sogar in jeder Klasse zu Besuch, hat über Wahlprogramm der Parteien und die Juniorwahl an sich informiert. Jeder Schüler bekam eine Wahlbenachrichtigung.

„Dieses Mal haben wir die Juniorwahl viel intensiver vorbereitet, wir haben die Schüler im Unterricht aufgeklärt“, sagt Matthias Mann. Er denkt, dass sich das auf das Wahlergebnis auswirken wird und dass es keine bösen Überraschungen mehr geben wird, wie 2011 als das Staßfurter Gymnasium mit vielen NPD-Stimmen bei einer fiktiven Landtagswahl auf sich aufmerksam machte.

Die Schule hat umfangreiche und täuschend echte Wahlmaterialien bekommen - auch die Stimmzettel und die Wahlkabinen sind realititätsgetreu. „Das Unterrichtsmaterial ist ausgezeichnet“, sagt Matthias Mann. Für den Lehrer passt die Bundestagswahl perfekt in den Unterrichtsplan. In Sozialkunde ist politische Partizipation nämlich Thema in den sechs 9. Klassen.

Seit vier Wochen ist das Wahlteam an der Juniorwahl dran, traf sich auch privat jede Woche, malte Flyer und drehte sogar Videos. Die Schüler haben ihre Mitschüler interviewt, ob sie wählen und wen. Und auch zuhause bei den Schülern war Politik plötzlich Thema.

„Das ist auch ein interessanter Aspekt an der Juniorwahl“, beginnt Matthias Mann. „Es geht nicht nur darum, für die Schüler eine Wahl zu simulieren, sondern auch darum, dass die Schüler das Thema Wahlen mit nach Hause nehmen. Wir leben hier in einer sehr apolitischen Gegend. Unser Schüler besprechen nun die Juniorwahl zuhause mit ihren Eltern und Verwandten. Studien haben gezeigt, dass dies einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung hat und so sogar Nicht-Wähler aktiviert werden.“

Die Schüler, die noch nicht wählen dürfen, können also sogar Vorbild für Eltern und Co. werden. Und vorbildlich sind die Schüler aus dem Wahlteam sowieso. „Ich würde wählen gehen, weil man die Zukunft so mitgestalten kann“, sagt Dennis Reich. Florian Krebs findet: „Nicht in jedem Land kann man wählen, deswegen sollte man dieses Recht hier umso mehr nutzen.“