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Katastrophenschutz Helfer krempeln Sanitätsdienst um

Die junge Gruppe vom Staßfurter DRK-Katastrophenschutz wählt eine neue Führungsspitze, renoviert ihr Domizil und geht online in die Offensive.

19.06.2019, 23:01

Staßfurt l Er tanzt sich durch die singende Menge beim Salzlandfest in Staßfurt. Im Schlepptau den Notfallrucksack und zwei Sanitätshelfer. „Hey“ und „Hallo“ ruft er den Partygästen im Vorbeigehen ganz lässig zu, die am Wochenende zum Glück keine Hilfe der Sanitäter brauchen.

So tanzend und beschwingt geht „der Neue“ an seine freiwillige Aufgabe – erste Hilfe bei Großveranstaltungen leisten – heran. Christian Ernst nimmt den Sanitätsdienst mit einer gewissen humorvollen Distanz. Anders würde es auch gar nicht gehen, denn auch im Alltag hat der hauptberufliche Rettungsassistent tagtäglich mit Schwerkranken und Verletzten zu tun.

Der 29-jährige Kölner, der der Liebe wegen heute in Glöthe lebt und mit seiner Frau Heike ein Kind hat, ist seit Dezember 2018 und für vier Jahre neuer Kreisbereitschaftsleiter für die Gruppe der freiwilligen Sanitäter (offiziell „Sanitätszug“), die ihren Sitz in Staßfurt haben. Der Katastrophenschutz gehört zwar zum Deutschen Roten Kreuz Staßfurt-Aschersleben, wird aber komplett ehrenamtlich abgeleistet. Die Truppe springt in ihrer Freizeit ein, wenn Veranstaltungen mit Ersthelfern abgesichert werden müssen oder Großunfälle und Umweltkatastrophen viele Sanitäter auf einmal benötigen.

Welche Motivation steckt bei Christian Ernst hinter dem freiwilligen Einsatz, neben seinem Beruf? „Der Umgang mit Menschen ist das, was mir Spaß macht. Wir arbeiten im öffentlichen Raum und dadurch ziehe ich viel Selbstbewusstsein für mich heraus. Die Anerkennung, die wir bekommen, ist groß.“

„Ich übernehme gern Verantwortung“, erklärt der junge Mann, warum er sich zur Wahl zum Katastrophenschutz-Chef gestellt hat. „Und ich möchte einiges verändern“, denn wie in jeder ehrenamtlichen Organisation ist in den letzten Jahren einiges liegen geblieben.

Momentan ist das Domizil in der Von-der-Heydt-Straße 7a in Staßfurt eine Kombination aus Containern. Das Gebäude soll sich noch in diesem Jahr verändern. „Altersbedingt hat die Fahrzeughalle ein paar Schwachstellen, die durch Fachfirmen wieder instandgesetzt werden“, sagt Christian Ernst. Danach renovieren die ehrenamtlichen Mitglieder in Eigenleistung das Objekt. „Wir wollen noch einen großen Schriftzug mit unserem Namen anbringen“, erklärt Christian Ernst.

„Wir werden unsere Einsatzausstattung auf den aktuellen Stand bringen“, meint der neue Staßfurter. Medizinisches Material und Einsatzbekleidung werden von dem Kreisverband des DRK finanziert, Bund und Salzlandkreis stellen die Rettungsfahrzeuge bereit. Alle neuen Mitglieder brauchen T-Shirts, rote Jacken und Co. Ein neues Pavillonzelt für Großeinsätze hat die Gruppe vom Autohaus Helbig gesponsert bekommen. Und wie es immer so ist, muss ein Berg an Büroarbeit abgearbeitet werden – Anträge, Aufträge, Dienstpläne, Einsatzplanung.

Auch die Führungsstrukturen sollen sich ändern: Trotz allem Spaß an der Sache, müssen Übungen und Dienste regelmäßig durchgezogen werden. Mit einer gewissen Disziplin komme man einfach besser voran, meint Christian Ernst.

Für seine erste Bilanz seit Dezember kann der neue Bereitschaftsleiter schon gute Nachrichten bringen. Von 20 ist die Truppe auf 25 Mitglieder angewachsen. „Wir haben Kollegen aus dem hauptberuflichen Rettungsdienst einfach auf die ehrenamtliche Arbeit angesprochen“, erklärt er.

Übrigens hat der Katastrophenschutz Staßfurt-Aschersleben im Dezember 2018 auch den Ortsverein Schönebeck aufgenommen, der sich aus dem ehemaligen insolventen Kreisverband Schönebeck gegründet hat. Die Schönebecker Katastrophenschützer machen aber dennoch auch in ihrer Stadt weiter, in enger Zusammenarbeit mit den Staßfurtern.

Einige, die im Katastrophenfall als freiwillige Helfer ausrücken, sind auch beruflich im Rettungsdienst tätig. Aber genauso – und davon wünschen sich die jungen Leute noch mehr – will man auch Frauen und Männer aus anderen Bereichen dabei haben. Denn die Mischung macht‘s!

Hier ist Florian Krebs ganz eifrig bei der Sache. Auf Facebook („DRK Sanitätsdienst Staßfurt-Aschersleben“; „JRK Stassfurt-Aschersleben“) und Instagram will der junge Sanitäter Menschen ansprechen und „uns professionell präsentieren“, sagt er. Die Medienarbeit der Gruppe ist vielen anderen der Region weit voraus. Auch hier fehlt es nicht an Spaß, wenn die Sanitäter mit Gruppenbildern von ihren Einsätzen berichten. Für jeden Dienstabend, immer freitags alle 14 Tage ab 18 Uhr, stellt Florian Krebs ins Netz, was auf der Agenda steht.

„Wichtig ist uns auch immer die Unterscheidung, dass wir eben nicht der Rettungsdienst sind“, sagt Florian Krebs und verweist auf die unterschiedliche Einsatzkleidung. „Deswegen sind wir auch gern öffentlich präsent und werben für das, was wir machen.“ Bei der 1075-Jahr-Feier Hecklingens im September wollen sich die Sanitäter wieder mit einem Stand präsentieren. Denn auch für den Sanitätsdienst sei es schwierig, Freiwillige zu bekommen. Kaum einer wisse, was hinter den Helfern mit der Fahne „First Aid“ (Erste Hilfe) stecke.

Auch ein Grund – das verschweigen die jungen Männer nicht – für die Mitarbeit im Sanitätsdienst: Man kann kostenlos an allen Festivals und Festen teilnehmen. Um die 20 Großveranstaltungen erlebt die Truppe pro Jahr live mit. „Der Landesverband fragt ab, wer bei welchen Festivals als Helfer dabei sein möchte“, erklärt Florian Krebs. Ferropolis in Gräfenhainichen, das Holifest in Magdeburg und vieles mehr steht zur Auswahl. Für alle Mitglieder gibt es auch durch ihren Ausweis freien Eintritt ins Strandsolbad Staßfurt und den Albertinesee Üllnitz. „Dass der Stadtrat das so beschlossen hat, ist auch eine Anerkennung für uns“, so Florian Krebs.

„Eigentlich kann jeder bei uns mitmachen, denn nach Erste Hilfe-Kursen, die wir selbst durchführen, und der Funkeinweisung kann man als Sanitätshelfer schon mitfahren“, sagt Christian Ernst. „Wer bei unseren Dienstabenden dabei ist, ist auf dem aktuellen Stand der Dinge“. Da geht es um die Grundzüge der Ersten Hilfe, um Spezialthemen wie Hilfe nach Drogenkonsum oder Saisonbedingtes wie Hitzeunfälle.

Die ganz große Ausbildung zum Sanitäter über sechs Wochen, die mit dem Kreisverband Bernburg und Schönebeck einmal im Jahr organisiert wird, ist nicht Pflicht, sondern nur die Kür. Wie bei der Feuerwehr auch, bekommt der Arbeitgeber des Helfers eine Entschädigung für den Lohnausfall, wenn der Einsatz in die Arbeitszeit fällt.

Christian Ernst ist Nachfolger von Christian Lorenz, der den Posten in Staßfurt nur vorübergehend übernommen hatte. Mit in der jungen Führung des Staßfurter Sanitätszugs sind Stellvertreter Marco Bartels und die Kreisleitung des Jugendrotkreuzes mit Heike Ernst, Robin Bartels und Hugo Held.

Der Katastrophenschutz ist ganz hoch angebunden beim Salzlandkreis. Der Anbieter, der wie der DRK Kreisverband Staßfurt-Aschersleben den Rettungsdienst übernimmt, muss auch den Katastrophenschutz bereitstellen und Freiwillige dafür finden.