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Kulturtage Wenn ein Blick in Stein bis heute wirkt

Bei den 22. Kulturtagen Hohenerxleben widmet sich das Ensemble Theatrum in einem eigenen Stück Uta von Naumburg. Freitag ist Premiere.

17.05.2018, 15:28

Hohenerxleben l Utas Blick lässt eigene Gedanken spielen: Friederike von Krosigk erinnert sich noch genau. Bei einem Zwischenstopp auf dem Kasseler Bahnhof im Herbst 2017 sieht die Künstlerin aus Hohen- erxleben plötzlich das riesige Plakat. Tourismuswerbung für Sachsen-Anhalt. Das Konterfei Uta von Ballenstedts, als Stifterfigur im Naumburger Dom verewigt, lockt, die Schönheiten der Saale-Unstrut-Region zu entdecken. Friederike von Krosigk stellt sich sofort die Frage: „Wie kommt es, dass diese Figur zum Identifikationspunkt für eine Region, ja für das gesamte Land wird?“

Die Suche nach der Antwort lässt die künstlerische Leiterin des Ensembles Theatrum nicht mehr los. Allem, was sie jemals über Uta gehört hat, gründet sie im Gedächtnis nach, beginnt, sich zu informieren. Uta, da ist sich Friederike von Krosigk sicher, kann zum Dreh- und Angelpunkt eines eigenen neuen Stückes werden. Zur Protagonistin einer Hommage an Sachsen-Anhalt. Die Idee war geboren. Weil die Premieren des Theatrums immer zu Pfingsten und zu den Kulturtagen sind, musste sie auch schnell mit Leben erfüllt werden. Doch: Wie stellt man das an?

Die Überlieferungen zum Leben der Adligen aus Ballenstedt sind dürftig. Ihre Darstellung im Reigen der zwölf Stifterfiguren entstand, als Uta bereits 200 Jahre tot war. Die Forschung streitet, ob der ebenfalls unbekannte Meister eher eine Allegorie als die Realität abbilden wollte. Im Nachfolgegeschlecht der Askanier, im Hause Anhalt, ranken sich Mythen um Uta. Erinnerungen werden von der Familie im generationsübergreifenden Erzählen bewahrt, keiner dieser Gedanken dringt nach außen, berichtet Friederike von Krosigk von eigenen Rechercheansätzen. Die Literatur bietet Ansatzpunkte. Hier hat man Uta nicht immer gut getan, die herhalten musste als Überikone in politischen Ideologien, immer in verschiedene thematische Zwangskorsette gesteckt.

Wie also nähert man sich Uta? Und: Was will das Stück? „Uns war von vornherein klar, dass wir kein Historienspiel veranstalten wollen.“ Vielmehr sei es darum gegangen, dem Moment der „Begegnung“ am Bahnsteig auf der Bühne Lebendigkeit einzuhauchen. „Wir wollen hinter das Geheimnis der Steinfigur kommen? Was macht die Faszination der Darstellung von Weltrang bis heute aus? Wie kommt das Leben in den Stein, in die wachen Augen, in den ernsten Blick, den Faltenwurf? Bringt uns das alles auch zur Person Uta? Und wo liegen die Ansatzpunkte dafür, dass sie diese Identifikationswirkung für das Land zu entwickeln vermag?“

Regisseur Hubertus von Krosigk findet eine Antwort auf diese Fragen. Er hat die Idee, den Schreibsalon am Schloss um Texte zu bitten. Hier treffen sich regelmäßig einmal in der Woche zehn Hobbyautoren und verfassen unter professioneller Anleitung Texte. Ganz unterschiedliche Uta-Geschichten sind jetzt aufgezeichnet. Erinnerungen an eigene Dombesuche. Fiktive Erzählungen. Gedanken, die sich um Kunst drehen. Sie fließen in das neue Stück des Theatrums ein: Ebenso wie Literarisches, in Quellen Belegtes oder Erkenntnisse aus der Kunst. Die Hohenerxlebener haben sich auch mit einem Steinmetzmeister unterhalten, der ihnen die Gestaltung der Stifterfigur im Naumburger Dom gedeutet hat. Zudem fließen Gedichte und Lieder aus der Zeit Utas und der Entstehungszeit der Skulptur ein. Ein großes Kaleidoskop von Uta-Ansichten. „Der Ansatz des Stückes ist, den Spiegel, den Uta bietet, darzustellen. Das, was die Figur heute auslöst, das macht den Inhalt aus.“

Hubertus von Krosigk sagt, Herangehensweise und Vorlage seien eine besondere Herausforderung. Das Ensemble erarbeite und erdeute sich nicht einen großen Stoff wie noch vor zwei Jahren mit Goethes „Iphigenie“. Die Textgrundlage sei eine völlig andere, auch im Vergleich zur 2017er Premiere mit „Claudia Procula - Frau des Pilatus“ und seinen Bibelpassagen. „Diese Herausforderung ist aber eine schöne: Man ist neu zurückgeworfen auf den Text, der jetzt vor einem lägen. Darauf muss man sich einlassen und schließlich auch verlassen. Der Text wird zum Bild“, sagt der Regisseur.

Das Stück lebt aber nicht nur vom gesprochenen Wort, sondern auch von der Musik. Florian Claus aus Halle hat die Musik geschaffen. Neue Musik. In ihr sind aber deutliche Anklänge an die Gregorianischen Gesänge und die Liedkunst der Troubadoure zu erkennen. Nikoline F. Kruse malte die Bühnenbilder. „Uta ist für uns als Ensemble ein stückweit Rückblick auf die eigenen Anfänge hier und ein Aufbruch in die Stimmung dieser Anfangsjahre“, sagt Friederike von Krosigk. Ganz uneitel ist sie, wenn sie deutet, dass die jüngere Geschichte des Schlosses auch Parallelen zur Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts, der Region aufweist, deren Teil man geworden sei. Im Wechselspiel von reicher Kultur und Geschichte, von Potenzial, aber auch von Brüchen und Widersprüchen. „Das Stück ist ein Geschenk an diese Region, an das Land.“ Und an die Menschen, so Friederike von Krosigk, von denen viele Wegbegleiter geworden seien.

 

Premiere von „Uta, rätselhafte Uta von Naumburg" ist am Freitag, 18. Juni. Beginn ist um 19 Uhr im „Weißen Saal“. Weitere Veranstaltungen: Pfingstsonntag, 20.Mai, 16 Uhr: Aufführung "Der geheime Garten"; Pfingstmontag, 21. Mai, 10.30 Uhr: Buchpremiere und Lesung "Jenny und Karl Marx - Liebe als Kapital".
Infos zu allen Veranstaltungen unter Telefon (03925) 98 90 20 unter im Internet.