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Lebensmittel Neuer Markt auf alter Mülldeponie

Der Neubau eines Supermarkts in der Löderburger Straße, Ecke Salzstraße bringt einige Probleme mit sich.

21.11.2019, 04:00

Staßfurt l Der Staßfurter Stadtrat soll heute Abend weitere Schritte absegnen, damit die Entwürfe zum neuen Netto in der Löderburger Straße in Staßfurt genehmigt werden können. Aktuell ist noch kein Baustart bekannt. Das Unternehmen Netto äußert sich nicht auf Presseanfragen hin.

Wegen der aktuellen Nähe des Netto in der Nordstraße zu Edeka und Aldi in Staßfurt-Nord, errechnet sich der Konzern am neuen Standort ein konkurrenzloses Einzugsgebiet zwischen Lindenweg und Atzendorfer Straße, zwischen Löderburger Bahn und Bode. Weitergefasst kommt komplett Staßfurt oberhalb des Flusses als „Kundschaft“ in Frage.

Auch die Staßfurter Stadtverwaltung sieht eine Verbesserung der Nahversorgungssituation für die Wohngebiete nördlich und südlich der Löderburger Straße mit dem neuen Standort. Dazu gibt es Einzelhandels- und Zentrenkonzepte und Konzepte zu Nahversorgung und Potential-standorten.

Allerdings ist das Bauvorhaben von Netto mit einigen Problemen verbunden, wie die Gutachten zeigen. So haben die Voruntersuchungen ergeben, dass der Baugrund kein einfacher wird. Die Fläche für den neuen Standort in der Löderburger Straße, Ecke Salzstraße liegt auf der ehemaligen Betriebsdeponie des Sodawerkes und dem Schachtgelände „Achenbach“. Letzteres ist „Bergschadensgebiet“. Im ehemaligen Salzbergwerk wurden Kali- und Steinsalze gewonnen. „Das Gelände ist von Altbergbau und Bergsenkungen berührt und beeinträchtigt“, erklärt das beauftragte Planungsbüro Gloria Sparfeld aus Halle im Entwurf.

Teile des Geländes, unter anderem nordwestlich des Feldweges, gehören zur „Altlastverdachtsfläche“. Dort schlummern also Stoffe, die gefährlich werden können. Darauf weist die untere Bodenschutzbehörde des Salzlandkreises hin. Auf die Deponie wurden von 1870 bis 1988 rund 260 000 Kubikmeter Soda- und Kaliverarbeitungsrückstände, Bauschutt, hausmüllähnliche Gewerbeabfälle und Fäkalien aus Sammelgruben abgekippt und abgelagert.

Das Planungsbüro, das den Bebauungsplan für Netto entwirft, kommt zwar zum Schluss, dass „die Bodenstrukturen aufgrund der jahrelangen Vornutzung bereits erheblich gestört“ seien. Aber der Bau des Marktes werde den Bodenhaushalt nicht stören.

Weil die Bodenschichten aber schlecht tragfähig sind, kann laut aktuellem Baugrundgutachten dort nur mit speziellen Bodenplatten, Fundamenten und Stützen gebaut werden, damit der neue Supermarkt im Zweifelsfall nicht abrutscht.

Wegen des Geräuschpegels vor dem Supermarkt hatte die Immissionsschutzbehörde zugunsten der Anwohner zwar empfohlen, dass die Einfahrt Richtung Salzstraße verschoben wird. Dem will der Bauherr aber nicht folgen und die jetzige Einfahrt nutzen.

Dass sich der neue Lebensmittelmarkt nahe der Firma Ohplus befindet, die im Athenslebener Weg sitzt und durch Chemikalien-Einsatz als Störfallbetrieb gilt, ist laut Experteneinschätzung durch die Entfernung von etwa 350 Metern unbedenklich.

Probleme beim neuen Supermarkt sehen die Experten in Sachen Natur. „Die Biotopentwicklungsfunktion des Bodens wird beeinträchtigt“, so Garten- und Landschaftsarchitekt Sven Reuter in seinem Umweltbericht zum Vorhaben. Das ist aber nicht erheblich, da inmitten der Stadt sowieso kein wertvolles Biotop entstehen könne. Aber: „Durch die grundsätzliche Eignung der betroffenen Flächen als Habitat für streng geschützte Zauneidechsen ist die Gefährdung dieser Art durch das Vorhaben nicht auszuschließen.“ Weil die Zauneidechse so streng geschützt ist, wäre auch eine theoretische Störung von einzelnen Tieren erheblich.

All diese Bedenken verhindern den Neubau des Netto aber nicht. Sie führen nur dazu, dass der Bauherr verschiedene Auflage erfüllen muss, wenn er in die Grün- und Brachflächen vor Ort eingreift, oft werden Ersatzpflanzungen verlangt.

Was wird aus dem jetzigen Gebäude des Netto in der Nordstraße? Es darf nicht abgerissen werden. „Das Objekt hat Bestandsschutz“, erklärte Henry Vorkauf von der Stadtverwaltung. „Es ist noch unklar, was damit passieren soll.“ Man tendiere dazu, es als Industriehalle zu vermarkten und nicht mehr für den Einzelhandel. Gespräche mit dem Eigentümer werden geführt.