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Negativzinsen Entlastung für kommunale Haushalte?

Welchen Nutzen können Kommunen aus negativen Leitzinsen ziehen? „Salzland-Kurier“ fragte Bürgermeister zwischen Egeln und Calbe.

21.02.2020, 05:55

Staßfurt/Calbe l Bürgermeister Sven Hause (parteilos) freute sich vor einiger Zeit schon über ein gutes Geschäft, nachdem die Stadt Calbe die Umschuldung eines Kredits ausgeschrieben hatte.

Unter den Angeboten war auch eins mit negativen Zinsen. Hause erklärt: „Die Stadt Calbe hat für das Jahr 2020 eine genehmigte Höchstgrenze für Liquiditätskredite in Höhe von bis zu 7,6 Millionen Euro zur Absicherung der Verwaltungsarbeit. Aufgrund der aktuellen Situation an den Finanzmärkten haben wir uns für eine zweigeteilte Variante bei der Geldbeschaffung entschieden. Erstens: In Höhe von 5,5 Millionen haben wir einen Festbetragskassenkredit mit einer einjährigen Laufzeit aufgenommen. Hier liegt der Sollzinssatz quasi bei 0 Prozent (0,001 % p.a.). Die oftmals in der Öffentlichkeit diskutierte Formulierung der Negativzinsen resultiert aus einer mit Abschluss des Vertrages vereinbarten Bonuszahlung.“ Die genaue Höhe der Bonuszahlung dürfe er nicht nennen, aber sie liege im mittleren vierstelligen Bereich.

Darüber hinaus habe die Stadt Calbe für die „Differenz“ zur Höchstgrenze der zugelassenen Liquiditätskredite für das Jahr 2020 über eine zweite vertragliche Regelung mit einem anderen Kreditinstitut abgesichert, verrät Sven Hause weiter und drittens: „Unsere langfristigen Verbindlichkeiten belaufen sich derzeit auf 6.018.358,73 Euro und haben Laufzeiten zwischen 10 bis 30 Jahre zu dafür marktüblichen Zinssätzen.“

„Die Niedrigzinsen helfen in jedem Fall“, ist der Bürgermeister der Saale-Stadt überzeugt, „Egal ob 0 Prozent oder nur geringfügig darüber. Hier konnten alle Kommunen in den letzten Jahren eine deutliche Entlastung erfahren, wenn sie entsprechend reagiert haben.“

Stefan König, Vorstandsmitglied der Salzlandsparkasse, erklärt, wie das mit den Negativzinsen überhaupt funktioniert: „Die Europäische Zentralbank hat inzwischen die Zinsen nicht nur abgeschafft, sondern sogar bestimmte Leitzinssätze negativ festgesetzt. Dies hat Einfluss auf die Renditen von Geldanlagen ebenso wie die Verzinsung von Krediten.

Nach wie vor würden Kreditzinsen anhand verschiedener Parameter kalkuliert und zwischen Kreditinstitut und Kunde vereinbart. „Dazu zählen neben dem ,Leitzins‘, der das grundsätzliche Zinsniveau abbildet, unter anderem die Dauer der Zinsfestschreibung und das vermeintliche Risiko (Bonität des Kreditnehmers, beziehungsweise Sicherstellung), dazu die Kosten und der Gewinn des Kreditgebers.“

Theoretisch könnte ein Kreditnehmer bei entsprechender Bonität und Sicherstellung bei sehr kurzer Zinsfestschreibung einen Kredit zu negativen Zinsen aufnehmen, so König. „Damit müsste ein Kreditnehmer zum Beispiel bei einem Zinssatz von -0,10 % p. a. bei einem Kredit über 10 Millionen Euro für eine Laufzeit von drei Monaten noch 9.997.500 Euro zurückzahlen.“ Also 2500 Euro weniger als die Kreditsumme.

Stefan König weiter: „Inwiefern eine Umschuldung von bestehenden Krediten möglich ist (hierzu sind bestehende Verträge im Einzelfall zu prüfen) und ob eine so kurze Refinanzierung betriebswirtschaftlich sinnvoll ist (Zinsänderungsrisiko), kann nur individuell geklärt werden. Hinzu kommen bei kommunalen Kreditnehmern eventuell aufsichtliche Beschränkungen.“

Ihre Privatkunden schütze die Salzlandsparkasse selbst bislang vor negativen Zinsen auf Guthaben und Spareinlagen. „Gleichermaßen vergeben wir keine Kredite zu negativen Zinssätzen“, so Stefan König abschließend.

Der Staßfurter Oberbürgermeister Sven Wagner (SPD) teilte auf Anfrage zum Thema nur mit: „Umschuldungen werden bei Ablauf der Zinsbindung vorgenommen. Hier erfolgt eine Ausschreibung. Angebote mit ,Negativzinsen‘ haben wir nicht erhalten.“

Wie sie mit möglichen Kreditumschuldungen umgehen, wollte die Volksstimme auch von den Verbandsgemeinden Egelner Mulde und Saale-Wipper wissen. Verbandsgemeinde-Bürgermeister Jan Ochmann (CDU) in Güsten dazu kurz: „,Gewinn‘ ist damit nicht zu machen. Es reduziert sich aber die zukünftige Zinslast.“

Für die Egelner Mulde machte Kämmerer Ferdinand Hartl folgenden Standpunkt zur Nutzung der Negativzinspolitik deutlich: „Das nutzen wir nicht, weil wir keine Kredite haben, die dafür in Frage kommen.“ Die Egelner Mulde arbeite fast nur mit Krediten, die über das Teilentschuldungsprogramm Stark II umgeschuldet wurden. „Sonst haben wir keine Kedite, wo sich Umschuldungen lohnen würden.“

Umschuldungen mit Hilfe von Negativzinskrediten haben sich auch für die Einheitsgemeinde Bördeland noch nicht ergeben. Bürgermeister Bernd Nimmich (SPD) bezeichnet das „Stark-II-Programm des Landes eine gute Sache, woran wir uns beteiligt haben“. Und das aktiv, um Kredite umzuschulden. „Dadurch sind wir schneller fertig geworden. Leider ist das Programm abgelaufen.“

Der Calbenser Bürgermeister Sven Hause hat letztendlich noch eine wichtige Anmerkung: Derartige Konditionen, mit denen die Stadt Calbe arbeitet, würden durch die Kreditinstitute in der Regel nur für kurze Laufzeiten gewährt. „Wir behalten daher stets den Finanzmarkt im Auge.“

Und bevor vielleicht jemand denkt, die Saale-Stadt könnte durch die Nutzung der gegenwärtigen Zinsmöglichkeiten reich werden, bemerkt Sven Hause noch: „Dafür sind die Baupreise entsprechend durch die Decke geschossen…“