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Riesenbärenkalu Gefährlicher Riese aus dem Kaukasus

Der Riesenbärenklau wächst wieder. Die Pflanze, die bei Berührung zu schweren Verletzungen führt, breitet sich im Staßfurter Raum aus.

Von Nora Stuhr 30.06.2019, 09:00

Hecklingen/Groß Börnecke l Über üble Verbrennungen wurde berichtet. „Ein Kollege aus Calbe, der Jäger ist, hat mir mal erzählt, dass er mit der Pflanze in Berührung kam“, erinnert sich Steffen Pullwitt. Wird der Landwirt aus Hecklingen auf den Riesenbärenklau angesprochen, kann er „zum Glück“, wie er sagt, selbst von keinen schlechten Erfahrungen berichten. „Wir hier sind nicht betroffen“, meint er und kommt noch einmal auf den befreundeten Jäger zu sprechen. „Die Verbrennungen sahen übel aus, weil sie eben auch sehr schlecht abheilen.“

Hört man sich in anderen Orten der Stadt Hecklingen um, sind ebenfalls keine eigenen Erlebnisse zu dem Thema in Erfahrung zu bringen. Landwirt Ingbert Schultz kann dazu „gar nichts“ sagen, weil er vom Riesenbärenklau, auch bekannt als Herkulesstaude, in der Nähe seiner Felder ebenfalls keine Kenntnis hat. Trotzdem, das Thema interessiert. Denn in anderen Orten im Salzlandkreis ist das Gewächs mit den markanten weißen Blüten ein Problem.

Meterhohe „Keulen“ waren in den vergangenen Sommermonaten vor allem rund um Bernburg verbreitet, und hier vor allem in Strenzfeld und Dröbel, auch bei Neugattersleben und Löbnitz wurden schon Fundorte registriert, ebenso in Neundorf und auch bei Güsten an der Wipperbrücke in der Nähe zu Amesdorf. Fundmeldungen für Egeln stammen aus dem Jahr 2017. Hier soll er am Ackerrand gestanden haben. Für Staßfurt und die Stadt Hecklingen wird der Riesenbärenklau dagegen noch nicht zum Problem. „Auf dem Gebiet der Stadt Hecklingen sind dem Salzlandkreis zur Zeit keine Vorkommen des Riesenbärenklaus bekannt beziehungsweise gemeldet“, heißt es dazu aus der Pressestelle der Landkreisverwaltung in Bernburg.

Über die Verbreitung können sich interessierte Bürger auch im Internet unter www.korina.info auf der Homepage der Koordinationsstelle invasive Neophyten in Schutzgebieten Sachsen-Anhalts beim Unabhängigen Institut für Umweltfragen informieren.

Fest steht: Der Riesenbärenklau ist weiter auf dem Vormarsch, wenn nichts unternommen wird. „Diese hochinvasive Art verbleibt nicht auf ihren Ausgangsflächen, sondern breitet sich entlang von Fließgewässern, an Verkehrswegen, auf Halden, in Hecken und Parkanlagen, auf Kahlschlägen und sogar auf bewirtschafteten Äckern und Wiesen selbständig aus. Es ist daher auch im Salzlandkreis eine Ausdehnung der Flächen entlang der Bode und Selke sowie an anderen Fließgewässern und auch entlang von Radwegen festzustellen, die mit Riesenbären bestanden sind“, informiert der Salzlandkreis.

Aber warum ist die Pflanze eigentlich so gefährlich? Matthias Haase, Vorsitzender vom Landschaftspflegeverband „Grüne Umwelt“ aus Schwaneberg bei Magdeburg kann Auskunft geben. Der Verband informierte kürzlich über das Thema während einer Veranstaltung der Agrargenossenschaft Schneidlingen in Groß Börnecke als ein Hoffest gefeiert wurde.

„Der Riesenbärenklau wurde ursprünglich im 19. Jahrhundert als botanische Rarität in unseren Breiten eingeführt, etwa in botanischen Gärten und Parkanlagen. Er stammt eigentlich aus der Kaukasusregion.“ So sei er zum Teil „ausgebrochen“ habe sich „verwildert“, also verbreitet, zum einen auf dem natürlichen Wege, andererseits – wie erwähnt – weil ihn einige Leute bewusst angepflanzt haben.

Tückisch an dem Gewächs ist, dass in ihm Bestandteile sind, erklärt Haase, die den Eigenschutz der Haut zurücksetzen. Das heißt, kommt man mit der Pflanze in Berührung , tut das nicht sofort weh. Erst wenn die entsprechenden Hautstellen der normalen UV-Strahlung ausgesetzt sind, seien schwere Verbrennungen die Folge. Teilweise könne es außerdem zu extremen allergischen Reaktionen kommen.

Für dieses Jahr sind besondere Vorkommnisse, beziehungsweise Unfälle aufgrund des Kontaktes von Bürgern mit dem Riesenbärenklau bisher nicht gemeldet, teilt der Pressesprecher des Salzlandkreises Marko Jeschor mit. Er verweist weiterhin darauf, dass für die Bekämpfung des Riesenbärenklaus grundsätzlich jeder Eigentümer selbst zuständig ist.

Die Pflanzen werden in der Regel mechanisch bekämpft, indem man sie abschneidet und die Wurzel absticht. Schutzkleidung ist unbedingt erforderlich. „Aufgrund des Umfanges der Bestände, insbesondere im Raum Bernburg werden zum Teil auch nur die Blütendolden noch vor der Samenbildung abgeschnitten, mit dem Grüngut entsorgt beziehungsweise zur Verbrennung gegeben. Diese Arbeiten müssen regelmäßig wiederholt werden, da die Pflanzen genug Reserven besitzen um erneut Blüten zu bilden.“

Auch neu gekeimte Pflanzen – wenn eine Aussamung erfolgt ist – müssen regelmäßig in den Folgejahren bekämpft werden.

Die Ausführung der Arbeiten seien bisher unter anderem über Maßnahmen des Job-Centers in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde im Salzlandkreis ausgeführt worden, so Jeschor.

Er teilt weiter mit, dass in Abschnitten von Gräben im Bereich Frose, aber auch an der Bode im Raum Neugattersleben, Bekämpfungsmaßnahme durch den Unterhaltungsverband „Selke obere Bode“ beziehungsweise durch den Landesbetrieb für Hochwasserschutz, Flussbereich Halberstadt, durchgeführt wurden.

Aufgrund mehrfach vorgebrachter Konflikte mit den sich ausbreitenden Vorkommen des Riesenbärenklaus entlang der A14 und entlang von Landesstraßen habe die Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt um Unterstützung gebeten.

„Da sich diese invasive Pflanze auch entlang von Radwegen, auf an die Straßen und Wege angrenzende Grundstücke sowie entlang der Bode und Saale im Salzlandkreis ausbreitet, sind neben den Baulastträgern der Straßen auch die Gemeinden, Gewässerunterhaltungspflichtige und unter Umständen auch Privatpersonen betroffen.“ Eine Bekämpfung könne daher nur dann nachhaltig sein, wenn sie als abgestimmte Aktion aller Betroffener durchgeführt werde, heißt es.

Bleibt zu fragen, warum vor allem der Raum rund um Bernburg betroffen ist. Dazu kann Matthias Haase erklären, dass am Standort Strenzfeld früher mit dem Gewächs geforscht und geprüft wurde, ob es sich nicht als sogenanntes Raufutter für Tiere eignet, weil es viel Biomasse produziert. Jedoch kam es zu der Verwendung dann nie, wegen der gefährlichen Inhaltsstoffe.

In Bernburg habe man damals ideale Anbauflächen vorgefunden, eben auf dem alten Militärgelände der Junkers-Werke. Hier und auch in der Bode-niederung habe sich die Pflanze danach Schritt für Schritt weiter vermehrt.